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AKTION/282: Weniger Wintervögel in Hamburg - Ergebnisse der Wintervogelzählung 2017 (NABU HH)


NABU Landesverband Hamburg - 1. Februar 2017

NABU: Weniger Wintervögel in Hamburg

Teilnahmerekord bei "Stunde der Wintervögel" in Hamburg / Sperlinge nehmen besorgniserregend ab


Viele Menschen treibt in diesem Winter die Frage um: Wo sind die Vögel geblieben? Auffallend wenig Meisen, Finken und andere Vögel ließen sich in den vergangenen Monaten an Futterstellen sowie in Gärten und Parks blicken. Dass diese Beobachtung flächendeckend zutrifft, bestätigte jetzt Deutschlands größte wissenschaftliche Mitmach-Aktion, die "Stunde der Wintervögel". In Hamburg zählten mehr als 1.500 Vogelfreunde Anfang Januar eine Stunde lang Vögel in ihrem Garten - ein absoluter Rekordwert. 29.290 Vögel wurden von den Teilnehmern an den NABU gemeldet. Deutschlandweit machten 118.000 Menschen mit.

"Die Sorge um ausbleibende Vögel hat viele Menschen beschäftigt. Und in der Tat: So wenige Vögel wie in diesem Winter hatten wir schon lange nicht mehr", sagt Marco Sommerfeld, Vogelschutzexperte des NABU Hamburg. Insgesamt beobachteten die Teilnehmer durchschnittlich 17 Prozent weniger Tiere als in den Jahren zuvor.

Vor allem bei den häufigen Wintervögeln und Futterhausbesuchern, darunter allen Meisenarten, aber auch bei Kleiber und Kernbeißer wurden die bisher niedrigsten Zahlen seit Beginn der Aktion im Jahr 2011 verzeichnet. Pro Garten ließen sich im bundesweiten Schnitt nur rund 34 Vögel und acht verschiedene Arten sehen - sonst liegt der Schnitt bei rund 41 aus neun Arten.

"Einige Arten hatten dieses Jahr offenbar kaum Wanderlust - was zu den teils deutlichen Rückgängen geführt hat. Das gilt vor allem für jene, die im Winter häufig Besuch von ihren Artgenossen aus dem kälteren Norden und Osten bekommen. Dazu zählen auch die meisten Meisenarten", so der Vogelexperte des NABU-Bundesverbandes, Lars Lachmann. Auffällig ist, dass die Rückgänge bei Meisen und Co. im Norden und Osten Deutschlands, und damit auch in Hamburg, etwas geringer ausfallen. Richtung Südwesten hingegen nehmen sie zu. Manche Wintervögel haben wohl aufgrund des - bis zum Beginn des Zählwochenendes - noch extrem milden Winters auf halber Zugstrecke Halt gemacht.

Neben der geringen Zuglust könnten auch weitere Faktoren Einfluss auf die Ergebnisse gehabt haben. Nicht ausgeschlossen ist, dass Meisen und andere Waldvögel im Frühjahr einen schlechten Bruterfolg hatten. Ob diese Vermutung zutrifft, wird die im Mai stattfindende Schwesteraktion "Stunde der Gartenvögel" zeigen. Dann sind Deutschlands Vogelfreunde wieder aufgerufen, eine Stunde lang die Vögel zu zählen. Hier stehen Deutschlands Brutvögel im Fokus.

Besorgniserregend ist die anhaltenden Talfahrt der Sperlinge in Hamburg. Im Vergleich zum Vorjahr wurden 30% weniger Haussperlinge und 24% weniger Feldsperlinge in Hamburger Gärten gesichtet. "Der Rückgang der Spatzen ist alarmierend", bestätigt Marco Sommerfeld. "Diese Arten sind eigentlich typische Stadtkinder. Doch durch Sanierungen und die zunehmende Bebauung verlieren sie immer mehr Brutstätten und Lebensräume wie Hecken und unbebaute, innerstädtische Brachflächen. Für die Sperlingen muss deshalb dringend etwas getan werden!" Damit Haus- und Feldsperling auch weiterhin einen Lebensraum bei uns finden, empfiehlt der NABU Hamburg geeignete Nistkästen aufzuhängen. Außerdem benötigen die Vögel naturnahe Gärten, in denen sie genügend Insekten finden, Sträucher und Hecken als Sammelplatz und offene Sandflächen zum Sandbaden.

Die schlechten Ergebnisse für Haus- und Feldsperling wirken sich auch auf die Rangliste der häufigsten Vogelarten in Hamburg aus. Die Plätze 1 bis 3 bleiben unverändert zum Vorjahr. Die Amsel ist und bleibt der Spitzenreiter in der Hansestadt, gefolgt von Kohl- und Blaumeise. Die Ringeltaube verdrängt den Haussperling vom 4. auf den 5. Platz. Der Feldsperling, im letzten Jahr noch auf Rang 5, rutscht ab auf Platz 8. Er wurde überholt von Elster und Gimpel (Platz 6 und 7). Die Hamburger Top Ten werden vervollständigt durch den Buchfink auf Rang 9 und dem Rotkehlchen auf Platz 10.

Aufgrund der Zähl-Ergebnisse hatte sich in der Öffentlichkeit zuletzt eine rege Diskussion um die Gründe für die außergewöhnlich geringe Zahl an Wintervögeln entfacht. Nicht selten vermuteten Beobachter die Ursache bei Katzen, Rabenvögeln oder Greifvögeln. "Diese Thesen können nicht stimmen, da keiner dieser potenziellen Fressfeinde im Vergleich zu den Vorjahren zugenommen hat. Außerdem muss der Grund einer sein, der speziell in diesem Jahr eine Rolle gespielt hat - und keiner, der immer da ist. Unsere Analyse hat sogar gezeigt: In Gärten mit Katzen oder Elstern werden gleichzeitig mehr andere Vögel beobachtet. Das Auftreten potenzieller Fressfeinde führt also keineswegs zum sofortigen Verschwinden von Vogelarten", so Lars Lachmann vom NABU-Bundesverband.

Zur Aktion:
Der NABU ruft einmal im Jahr zur "Stunde der Wintervögel" bzw. "Stunde der Gartenvögel" auf. Es ist Deutschlands größte wissenschaftliche Mitmach-Aktion. Die nächste "Stunde der Gartenvögel" findet über Muttertag vom 12. bis 14. Mai 2017 statt. Je mehr Menschen an der Aktion teilnehmen, desto genauer werden die Ergebnisse. Die Meldungen werden auf www.stundederwintervoegel.de bis auf Bundesland- und Landkreisebene ausgewertet.



Weitere Infos zur Aktion:
www.stundederwintervoegel.de
bzw. www.stunde-der-wintervoegel.de (Bayern)

Vogelporträts:
www.NABU.de/tiere-und-pflanzen/aktionen-und-projekte/stunde-der-wintervoegel/vogelportraets/index.html

Video mit Anleitung, wie man selbst einen Futterspender für Vögel bauen kann:
www.NABU.de/futterspender-bauen

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Quelle:
Pressemitteilung pm 12/17, 01.02.2017
Naturschutzbund Deutschland (NABU)
Landesverband Hamburg e.V.
Klaus-Groth-Straße 21, 20535 Hamburg
Tel.: 040/69 70 89-0, Fax: 040/69 70 89-19
E-Mail: info@NABU-Hamburg.de
Internet: www.NABU-Hamburg.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Februar 2017

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