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AMPHIBIEN/140: In allen Wassern zuhause (Naturschutz heute)


NATURSCHUTZ heute - Heft 1/18
Mitgliedermagazin des Naturschutzbundes (NABU) e.V.

In allen Wassern zuhause

von Helge May


Dank seiner großen Anpassungsfähigkeit ist der Grasfrosch unser häufigster Frosch. Trotzdem gehen auch die Bestände des Grasfroschs langsam zurück. 2018 wurde er zum Lurch des Jahres gekürt.


Fast ist es wie bei der Fabel von Hase und Igel. Wenn andere Lurche sich im zeitigen Frühjahr auf den Weg machen, ist der Grasfrosch meist längst am Laichgewässer. Das liegt nur teils daran, dass Grasfrösche schon bei niedrigen Temperaturen munter werden. Bereits im Herbst schießen nämlich die Hormone und deshalb wandert ein Teil der Frösche vor Winteranbruch zum Laichplatz.

Auch bei der Überwinterung ist der Grasfrosch flexibel. Manche Frösche überwintern in Teichen, andere in Bächen und wieder andere in Erdhöhlen an Land. Wer im Frühjahr schon im Gewässer ist, hat klare Konkurrenzvorteile. Andererseits können Teiche in harten Wintern zur Todesfalle werden.

Alles wird ausprobiert - Spezialisten haben den Vorteil, dass sie in ihrer Nische weitgehend konkurrenzlos sind. Gibt es in dieser Nische Probleme, sind die Spezialisten jedoch aufgeschmissen, sie haben keinen Plan B. Der Grasfrosch fährt eine andere Strategie. Er deckt eine breite Palette von Lebensräumen ab, darunter durchaus auch extreme, in den ihm kaum ein anderer Lurch folgt - zum Beispiel kommen Grasfrösche noch in Höhen von über 2.000 Metern vor. Geht etwas schief, kann das für die betroffenen Tiere zwar tödlich enden, der Grasfrosch als Art überlebt aber andernorts.

Das gilt gleichermaßen für die Laichplätze. Von wassergefüllten Reifenspuren über (Garten-)Teiche und Seen bis zu langsam fließenden Bächen wird alles ausprobiert. In einem nassen Jahr ist eine Reifenspur ideal, denn sie erwärmt sich schnell, die Kaulquappen gedeihen prächtig und Fressfeinde gibt es dort auch kaum. Fehlt im Frühjahr der Regen, trocknet die Pfütze aus und der Nachwuchs stirbt.

Eine Welt voll Feinden - Bis aus den Kaulquappen Jungfrösche werden, vergehen rund zwei Monate, in kühlen Lagen auch drei. Zwischen Ende Mai und Anfang Juli gehen die Minifrösche an Land. Ihre Ortsbindung ist eher gering, der Grasfrosch ist immer eine der ersten Lurche, die neue Gewässer besiedeln.

Grasfrösche sind meist nachtaktiv. Das gilt für die Wanderungen ebenso wie für die Nahrungssuche im Sommerquartier. Jedes Grasfroschpaar produziert tausendfachen Nachwuchs. Das muss es aber auch, denn von Anfang an ist die halbe Tierwelt hinter ihnen her. Die Eier im Laich ebenso wie die Kaulquappen stehen auf der Speisekarte von Fischen, Molchen und Insektenlarven, von Enten, Ringelnattern und Wildschweinen. Und an Land geht das Gemetzel weiter. Laufkäfer, Spitzmäuse und Vögel sind beständig hinter den Jungfröschen her.

Der Grasfrosch deckt eine breite Palette von Lebensräumen ab - zum Beispiel kommen Grasfrösche noch in Höhen von über 2.000 Metern vor.

Von den Wiesen in die Wälder - Vor hundert Jahren tummelten sich Grasfrösche in unkrautreichen Äckern, in Wiesen und Weiden massenhaft. Heute sucht man sie dort meist vergeblich, in Wäldern sind die Bestände eher stabil geblieben. Noch steht der Grasfrosch national nicht auf der Roten Liste, in drei Bundesländern gilt er aber bereits als gefährdet, in anderen steht er auf der Vorwarnliste. Gerade einst besonders individuenstarke Grasfroschvorkommen nehmen ab.

Dabei machen ihm nicht die zahlreichen natürlichen Feinde zu schaffen, sondern wie bei so vielen anderen Arten auch die Intensivierung der Landwirtschaft und die Zersiedlung. Pestizide gefährden die Grasfrösche unmittelbar und werden bereits vom Laich oder von den Larven aufgenommen. Dass das Insektensterben am Grasfrosch nicht spurlos vorbeigeht, versteht sich. Wegen der langen Wegstrecken zwischen den Laichgewässern sowie den Sommer- und Winterquartieren leidet der Grasfrosch besonders unter dem Straßenverkehr.


Steckbrief

Der Grasfrosch kann eine Größe von neun Zentimetern erreichen. Die Oberseite ist gelb-, rot- bis schwarzbraun. Häufig besitzen die Tiere größere Flecken, welche mitunter die Grundfarbe fast verdecken können. Das Trommelfell ist auffallend dunkelbraun und fast so groß wie das Auge. Wie bei allen Braunfröschen sind die Hinterbeine quer gestreift. Die Unterseite der Männchen ist weißlich-grau und meist ungefleckt, bei den Weibchen oft gelb und dazu rötlich marmoriert. Die Schnauzenspitze ist stumpf abgeschrägt, die runde, tagsüber ovale Pupille sitzt waagerecht.

Typisch für den Grasfrosch sind große Laichballen aus 700 bis 3.000 Eiern, die im vegetationsreichen Flachwasser abgesetzt werden, gerne also in Ufernähe. Dabei können Laichballenansammlungen von mehreren Quadratmetern Größe entstehen. Anhand der an der Oberfläche schwimmenden Ballen lassen sich die Frösche gut zählen, denn jedes Weibchen legt nur einen Laichballen ab. Die Weibchen verlassen das Gewässer unmittelbar nach dem Ablaichen.

Landschaft vernetzen - Vor dem weiteren Rückgang bewahren kann den Grasfrosch nur die Rückkehr zu einer reich strukturierten und vernetzte Landschaft mit kleinräumigem Wechsel von Offenland und Wald. Wie bei vielen anderen Amphibienarten wäre es wichtig, die Gräben, Böschungen und Straßenrandstreifen schonend und möglichst spät im Jahr zu mähen. Die Mahd sollte nach Abwanderung der Jungfrösche aus den Laichgewässern, frühestens ab Ende Juli erfolgen. Das Gleiche gilt für die Wiesenmahd. Dass auch der Gifteinsatz drastisch verringert werden muss, versteht sich.


- Die 40-seitige Broschüre der DGHT zum Lurch des Jahres gibt es als Download unter www.NABU.de/Grasfrosch.


Helfer gesucht

Bald laufen sie wieder. Sobald die Nachttemperaturen bei plus fünf Grad Celsius und mehr legen, kommen Frösche, Kröten und Molche in Hochzeitsstimmung. Wenn sie auf dem Weg zu den Laichgewässern Straßen überqueren müssen, können ganze Populationen den Verkehrstod erleiden. Auch wenn mehr und mehr feste Amphibienquerungen gebaut werden, gibt es bundesweit immer noch hunderte Stellen, an denen Naturschützer ab Februar, spätestens im März, Leitzäune aufstellen. Die anwandernden Tiere sammeln sich in Eimern, werden dann über die Straße getragen, statistisch erfasst und Wieder freigelassen. Zusätzliche Helferinnen und Helfer sind stets hochwillkommen. Auch für Anfänger ist diese Tätigkeit gut geeignet, ebenso für Kinder und Jugendliche.

- Eine Amphibienzaun-Übersicht samt Kontaktadressen gibt es auf www.amphibienschutz.de, unter www.NABU.de/Kroetenwanderung finden sich Veranstaltungstipps und Nachrichten zum Fortgang der Laichwanderungen.

Mit etwas Übung lassen sich die drei heimischen Braunfroscharten bereits an ihrer Grundgestalt erkennen. Der Springfrosch zum Beispiel ist vergleichsweise schlank und hat eine spitze Schnauze, der Grasfrosch hat eine eher runde Schnauze und der Moorfrosch ist der kleinste der drei. Hautfarbe und -muster sind eher ungeeignet, gerade der Grasfrosch besitzt ein großes Farbspektrum. Sicherstes Bestimmungsmerkmal auch für Laien ist die Größe und Lage des Trommelfells. Beim Grasfrosch ist das Trommelfell nur wenig kleiner als der Augendurchmesser und damit deutlich größer als beim Moorfrosch. Im Vergleich zum Springfrosch sitzt es weiter vom Auge entfernt. Gibt es Zweifel, hilft auch die Fersenprobe: Seitlich an den Rumpf angelegt, wird das Hinterbein vorsichtig nach vorne gestreckt. Geht das Fersengelenk deutlich über die Schnauzenspitze, ist es ein Springfrosch.

1. Grasfrosch (Rana temporaria)
2. Springfrosch (Rana dalmatina)
3. Moorfrosch (Rana arvalis)

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Quelle:
Naturschutz heute - Heft 1/18, Seite 44 - 46
Verlag: Naturschutz heute, 10108 Berlin
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. April 2018

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