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MELDUNG/193: Einblick in die Kinderstube der Kormorane widerlegt alte Vorurteile (NABU SH)


NABU Landesverband Schleswig-Holstein - 21. Mai 2014

NABU erlaubt intime Einblicke in die Kinderstube der Kormorane

HDTV-Webcams im NABU Wasservogelreservat Wallnau auf Fehmarn übertragen Bilder ins Internet /Dauer-Überwachung widerlegt alte Vorurteile



Neumünster, Wallnau, 21. Mai 2014: Seit mehreren Jahren brüten Kormorane auf einer unzugänglichen Insel mitten im NABU Wasservogelreservat Wallnau auf Fehmarn. HDTV-Webcams ermöglichen auch in diesem Jahr wieder via Internet (http://Webcam.NABU-SH.de), einen intimen Einblick in das Leben der vielfach zu Unrecht verfolgten Fischfresser zu nehmen. Aktuell sind die schwarzen Gesellen mit der Aufzucht ihrer kleinen Jungvögel beschäftigt. Daneben rasten derzeit zahlreiche Nichtbrüter auf der Insel.

Die diesjährigen Beobachtungen zeigen, dass das Brutjahr 2014 sehr zeitig begonnen hatte. Bereits seit Mitte April 2014 sind auf der Insel rd. 50 Paare des Kormorans mit dem Brüten und der Aufzucht der ersten Jungtiere beschäftigt. Die ersten, auffallend prächtig gefärbten alten Kormorane waren zuvor ab Mitte Februar 2014 in der Kolonie anwesend. Schon Ende März lagen die ersten Eier in den Nestern. Die ersten kleinen Jungvögel schlüpften Ende April. Nun sind einige Paare mit der Aufzucht der Jungvögel beschäftigt, während Spätbrüter noch auf Eiern sitzen.

Die Technik, die diesen einmaligen, störungsfreien Einblick ermöglicht, ist anspruchsvoll: Zwei HDTV-Kameras befinden sich jeweils am Rande zweier Teil-Kolonien am nördlichen und südlichen Ende der Insel in unmittelbarer Nähe zu den Brutstätten. Die gesamte Anlage wird mit Solarstrom betrieben und sendet den Livestream über eine Funkstrecke in das NABU-Zentrum und von dort ins Internet. Im NABU Wasservogelreservat Wallnau werden die Bilder zudem Besuchern des Naturzentrums auf einem großen Monitor präsentiert. Die Kameras mit Schwenk-, Neige- und Zoomfunktion werden vom Webcam-Team über die Funkstrecke ferngesteuert. Der NABU bietet damit der Öffentlichkeit seit nun vier Jahren einen ungestörten Einblick in die natürliche Brutstätte einer an anderen Orten verfolgten Art und wirbt so in der Bevölkerung um Sympathie für den vom NABU im Jahr 2010 gekürten "Vogel des Jahres".

Umfassende Informationen

Auf den Internetseiten präsentiert der NABU zudem grundlegende Informationen zum Projekt. So werden mit Hilfe der Webcam auch zahlreiche andere Vogelarten nachgewiesen, darunter Seeadler und seltene Enten. Unter den hier rastenden Kormoranen waren bislang neben dänischen Tieren markierte Vögel aus weit entfernten Kolonien, etwa aus Lettland, Schweden, Niederlande, Spanien oder der Schweiz, die zeigen, wie weit unsere Gäste wandern können. Aber auch die auf den Internetseiten präsentierten Nachweise zuvor in Wallnau beringter Kormorane aus Spanien und Frankreich zeigen, dass diese Art ein sehr dynamisches Wanderverhalten zeigt. Wer sich also über das Leben der Kormorane informieren will, ist hier gut aufgehoben.

Neben Kormoranen hat der NABU auch andere auf der Insel brütende, rastende oder überwinternde Vogelarten im Fokus. Nach Ende der Brutzeit nehmen die ferngesteuerten Kameras das Rast- und Zuggeschehen in dem als EU-Vogelschutzgebiet ausgewiesenen, ehemaligen Teichgut Wallnau ins Visier.

Professionelle Unterstützung

Der NABU hat in diesem Jahr professionelle Unterstützung bei der Überwachung der Kameras und der Kolonie. Luisa Pfalsdorf von der Radboud-Universität Nijmegen/NL nutzt altes und neues Material der Webcams, um für ihren Master-Abschluss Daten zum Verhältnis von Kormoranen und Silbermöwen in einer gemeinsamen Kolonie zu sammeln. Silbermöwen rauben bei Störungen in größerer Zahl die Eier aus den Nestern der Kormorane. In den vergangenen Jahren waren auch Füchse auf der Insel und haben den Bestand an Jungvögeln deutlich reduziert. In diesem Jahr war bereits ein junger Seeadler anwesend. Die großen Greife fressen ebenfalls Eier und können auch alten Kormoranen gefährlich werden. Der NABU konnte mit der Webcam daher auch das alte Vorurteil widerlegen, dass Kormorane keine Feinde hätten. Schleswig-Holsterins mitgliederstärkster Naturschutzverband fordert daher erneut die Landesregierung auf, die antiquierte, auf falschen Annahmen fußende Kormoranverordnung aufzuheben.

Das Projekt wurde im Jahr 2012 gefördert aus Mitteln der Umweltlotterie BINGO!, des schleswig-holsteinischen Umweltministeriums MELUR und der Lighthouse Foundation. 2013 förderte das MELUR aus Mitteln des Artenhilfsprojektes den weiteren Ausbau.

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Quelle:
Presseinformation, 21.05.2014
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Schleswig-Holstein
Färberstr. 51, 24534 Neumünster
Tel.: 04321/53734, Fax: 04321/59 81
E-mail: info@NABU-SH.de
Internet: www.NABU-SH.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Mai 2014