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NUTZTIERE/028: Gefährdete Nutztierrassen des Jahres - Pustertaler Rind und Westerwälder Kuhhund (GEH)


Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V. (GEH) - Pressemitteilung Dezember 2020

"Gefährdete Nutztierrassen des Jahres 2020: Das Pustertaler Rind und der Westerwälder Kuhhund"


Rinder und Hunde - Noch im letzten Jahrhundert ein vertrautes Bild und gängige Berufe: der Rinderhirt mit ein bis zwei Kuhhunden und der gemeinsam geführten Rinderherde. Die Rinder waren meist Vertreter der jeweils typischen Landrasse, die Hunde mittelgroße, braun-rötliche mutige Hunde mit Hüteeigenschaften. Nachdem der Beruf des Rinderhirten nicht mehr benötigt wurde, war auch die Arbeit des Kuhhundes nicht mehr gefragt, womit der Typ des Kuhhundes hierzulande innerhalb weniger Jahre fast ausstarb. Beim Pustertaler Rind vollzog sich ebenfalls, neben der Bestandsbedrohung, eine Nutzungsänderung - wurde das Zweinutzungsrind ursprünglich auch gemolken, so werden Pustertaler heute im Wesentlichen als Mutterkühe eingesetzt. Im Umgang mit Mutterkühen liegt heute auch ein wesentlicher neuer Arbeitsbereich des Kuhhundes, zu dem auch der Schutz des Menschen beim Umgang mit Rindern zählt.

Beide Nutztierrassen haben neue Aufgabenfelder bekommen, in denen sie sich bestens bewähren und sie vor dem Aussterben bewahren - darauf möchte die GEH mit der Ernennung der "Gefährdeten Nutztierrasse des Jahres 2020" hinweisen, den Züchtern danken und neue Züchter zu motivieren. Das Pustertaler Rind aus der gleichnamigen früheren Grafschaft in Südtirol war im 19. Jahrhundert als die schwerste und eine der milchergiebigsten Rinderrasse des Alpenraums bekannt.

Das Pustertaler Rind wurde 1804 erstmals erwähnt und stammt aus Südtirol. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts galten die Pustertaler als die schwerste und als eine der milchergiebigsten Rinderrassen Österreich-Ungarns. Die Rinder wurden seit jeher in zwei Farbtypen mit großer Variationsbreite gezüchtet: rot oder schwarz, gescheckt (Schecken) oder gesprenkelt (Sprinzen) auf weißer Grundfarbe.

Um 1910 soll es noch um die 10.000 Tiere gegeben haben, der Bestand betrug 1963 aber nur noch wenige 100 Tiere. Im Jahr 1984 konnte die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V. (GEH) einen Bestand von damals 84 Tieren in Südtirol erfassen. Zum Rasseerhalt wurden schließlich 13 Tiere nach Deutschland importiert. Seit 1994 wird die Rasse auch wieder in Italien offiziell im Herdbuch gezüchtet, ab 1998 wurden Tiere nach Österreich eingeführt.

Heute ist das Pustertaler Rind ein fleischbetontes Zweinutzungsrind, es ist von kräftiger Statur mit langer Mittelhand. Kühe wiegen zwischen 500-900 kg und Bullen zwischen 650-1200 kg. Die Tiere sind mittel- bis großrahmig, kräftig im Knochenbau, gut bemuskelt und zeichnen sich durch Robustheit und gute Konstitution aus. Charakteristisch ist ihre Farbzeichnung mit einem weißen Band am Rücken und dem Bauch.

Die Pustertaler werden heute vorwiegend als Fleischrinder in der Mutterkuhhaltung genutzt, nur wenige Kühe werden gemolken. Seine Verbreitung liegt in Südtirol, Österreich, der Schweiz und Deutschland mit einem Gesamtbestand von 1500-2000 Tieren.

Der Westerwälder Kuhhund stammt aus dem Westerwald und Siegerland. Er ist ein harter und ausdauernder, durchsetzungsfähiger Arbeitshund. In Deutschland ist er der einzige einheimische Arbeitshund, der sich insbesondere bei Rindern bewährt. Er holt das Milchvieh von der Weide und sorgt für reibungslosen Eintrieb in den Melkstand. Er ist auch geeignet, Angriffe von Tieren abzuwehren, wie sie eventuell durch mitlaufende Zuchtbullen, frisch abgekalbten (Mutter-)kühe oder besorgten Kuhmüttern z. B. während des Einziehens von Ohrmarken beim Kalb erfolgen.

Die Hunde sind sehr agil, ausdauernd, robust und unerschrocken und fordern eine konsequente, hundegerechte Erziehung und eine Beschäftigung, die ihrem Naturell entspricht, ein. Neben dem ursprünglichen Einsatz im Rinderbereich haben sich einige Kuhhunde auch als Rettungshunde gut bewährt. Der Wach- und Schutzinstinkt der Hunde ist meist stark ausgeprägt. Es sind keine Hunde, die sich als gut sozialisierbare Begleithunde für ein Leben in einer Familie eignen, oder als gefährdete Rasse auf Hundeausstellungen gezeigt werden sollten. Westerwälder und Siegerländer Kuhhunde variieren in der Farbe von hellweizenfarbig (Siegerländer Variante) über Rottöne bis braunschwarz, mit oder ohne weiße Abzeichen an Kopf, Brust und Pfoten. Der Felltyp kann am ehesten als nicht üppiges Langstockhaar bezeichnet werden, dass häufig gewellt bis stark gelockt ist. Die buschige Rute wird oft über dem Rücken getragen, angeborene Stummelruten (Stumper) kommen vor. Die Widerristhöhe liegt zwischen 45 und 55 cm, Abweichungen nach oben oder sind möglich. Die Hunde haben überwiegend einen quadratischen und relativ leichten Körperbau. Wie auch die diversen Schläge der Altdeutschen Hütehunde, stellen die Westerwälder/Siegerländer Kuhhunde keine Rasse, sondern einen Landschlag dar. Die Hunde sollen zwar auch einem gewissen äußeren Bild entsprechen, ausschlaggebend für die Zucht ist jedoch die Arbeitseignung am Vieh. Zwei Zuchtverbände kümmern sich aktuell um die Erfassung der Kuhhunde. Der Gesamtbestand liegt derzeit bei ca. 50 erwachsenen Hunden, nicht alle eignen sich jedoch für den Einsatz in der Zucht. Die Rasse gilt als extrem gefährdet.

Die GEH ernennt seit 1984 alljährlich die "Gefährdete Rasse" und macht damit deutlich, dass nicht nur bei den Wildtieren und Wildpflanzen, sondern auch in der Landwirtschaft der Verlust der Vielfalt zugenommen hat.

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Quelle:
Pressemitteilung, 13.12.2019
Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V.
GEH-Geschäftstelle: Walburger Str. 2, 37213 Witzenhausen
Tel.: 05542/1864
E-Mail: info@g-e-h.de
Internet: www.g-e-h.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Februar 2020

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