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PFLANZEN/140: Baum des Jahres 2012 - Lärchen bieten mehr als nur Holz (Unser Wald)


Unser Wald - 4. Ausgabe, Juli/August 2012
Zeitschrift der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald

Lärchen bieten mehr als nur Holz

von Norbert Lagoni



Das Interesse an diesem wertvollen Baum ist durch die Wahl zum Baum des Jahres 2012 deutlich gestiegen. Die Lärche ist der Individualist unter den heimischen Nadelbäumen. Im Jahresverlauf wechselt sie reizvoll ihre Erscheinung: Dem zarten Lindgrün im Frühling, folgt das kräftige Sommergrün, das im Herbst in ein leuchtendes bronzegelbes "Herbstgewand" übergeht.

Verbreitung der Gattung Larix
Die Gattung umfasst ca. zehn Arten und mehrere kultivierte Sorten. Sie ist in Gebirgen und subarktischen Gebieten der nördlichen Hemisphäre weit verbreitet. Europäische Lärchen kommen in Gebirgslagen - oft bis hinauf zur Baumgrenze - der Alpen, Sudeten und Karpaten vor. Sie werden vor allem in Tirol, Norditalien, in der Steiermark, Schweiz (Wallis) sowie in Frankreich in Forstkulturen angepflanzt. Die Vermehrung erfolgt im Frühjahr durch Aussaat oder mittels Kopfstecklinge im Verlauf des Sommers. Auf den Britischen Inseln und Nordamerika wurde die Europäische Lärche eingebürgert.

Nutzung in vielfältiger Weise
Neben dem besonders geschätzten Holz, das traditionell wegen seiner Härte und Witterungsbeständigkeit sowie gefälligen Maserung seit Jahrhunderten verwendet wird, wurde bereits in vorchristlicher Zeit "Larix-spezifischer" Kambialsaft (Harzbalsam) gesammelt und vielfältig genutzt.

Lärchenterpentin (auch Venezianer Terpentin) wird aus frischem Harzbalsam gewonnen. Heute erfolgt die systematische Gewinnung des Harzbalsams durch Anbohren des Stammfußes des Baumes. Der Bohrkanal verläuft durch den Stock gegen die Hauptwurzel und ist je nach Stärke des Stammes 50 bis 80 cm lang. Da sich das Bohrloch nicht verstopft, kann dieses während der gesamten Harzungsperiode genutzt werden. Mit einem Holzspund wird das Bohrloch verschlossen. Die Harzernte erfolgt ein- bis zweimal pro Jahr während der Monate Mai bis September. Mit Hilfe einer rinnenförmigen Metallschiene, dem sogenannten Harzlöffel, wird der Bohrkanal durch drehende Bewegung vom angesammelten Balsam befreit. Von einem Spenderbaum kann, je nach Region, etwa 80 bis 370 Gramm Balsam pro Erntejahr entnommen werden. Nach Versiegen des Harzflusses wird das Bohrloch sorgfältig verspundet.

Lärchenbalsam: Basis für unterschiedliche Produkte
Die Nutzbarmachung und Verwendung des Harzbalsams beruht auf der Vielfalt seiner lnhaltsstoffe. Nativer Lärchenbalsam enthält etwa 20% ätherische Öle und etwa 50 bis 60% Harzsäuren (Bernstein-, Laricinolsäure), Larixylacetat, Bitter- und Farbstoffe sowie Wasser. Lärchenterpentin ist eine gelblichgrüne, honigdicke Flüssigkeit mit einem feinen aromatischen Geruch. Der Geschmack ist bitter.

Verwendung von Lärchenterpentin
In der traditionellen Volksheilkunde wurde Lärchenterpentin äußerlich und innerlicher bei Befindlichkeitsstörungen wie Hauterkrankungen (Abszesse, Ekzeme), Nervenschmerzen, Gicht, Zahnfleischentzündungen sowie bei Katarrhen der Atemwege mit mäßigem Erfolg angewandt. Die hochgereinigte Form des Terpentinöls wird heute ausschließlich in äußerlich anzuwendenden Produkten wie Brust-, Hautsalben, Gelen, Lotionen und Pflastern zur Anregung der Wundheilung eingesetzt. Eine traditionelle innerliche Anwendung von Terpentinölen ist heute obsolet. In der Veterinärmedizin sind terpentinhaltige Salben zur Einreibung und Desinfektion von Huf- und Klauenerkrankungen nicht selten. Hochwertige Terpentinöle dienen der Lackindustrie zur Herstellung elastischer Schutzlacke; in der optischen Industrie werden sie unter anderem zum Kitten, Verkleben von Linsen verwendet. Kosmetik- und Riechstoff-Hersteller bedienen sich in vielfältiger Weise der hocharomatischen Terpentinöle. Seit Jahrhunderten reichem Künstler und Maler mit Terpentinölen ihren Firnis an.

Autor
Dr. Norbert Lagoni
ist Vorstandsmitglied in der SDW Bayern;
E-Mail: n.lagoni[at]t-online.de

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Quelle:
Unser Wald - Zeitschrift der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald
4. Ausgabe, Juli/August 2012, Seite 23
Herausgeber:
Bundesverband der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e.V., Bonn
Redaktion: Meckenheimer Allee 79, 53115 Bonn
Telefon: 0228 / 945 98 30, Fax: 0228 / 945 98 33
E-Mail: unser-wald@sdw.de
Internet: http://www.sdw.de
 
Erscheinungsweise: zweimonatlich
Bezugspreis: Jahresabonnement 17,50 Euro
einschl. Versandkosten und 7% MwSt.
Einzelheft: Preis 3,- Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. August 2012