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ATOM/289: Tschernobyl-Tag - Nuklearenergie kann niemals eine Lösung für den Klimawandel sein (WECF)


WECF, Women in Europe for A Common Future - Sonntag, 25. April 2010 Tschernobyl-Tag


Nuklearenergie kann niemals eine Lösung für den Klimawandel sein! Am 26. April gedenkt unser Planet einer der traurigsten Tage in der Geschichte der Menschheit - der Tschernobyl-Katastrophe. 24 Jahre sind vergangen, und immer noch müssen Millionen von Menschen mit den Konsequenzen der Katastrophe zurechtkommen. Das Ausmaß des Tschernobyls-Unfalls ist immer noch schwierig einzuschätzen: nicht nur, weil Daten geheim gehalten und Untersuchungen und Berichte geändert werden, sondern auch weil sich das betroffene Gebiet weit über Weißrussland, die Ukraine und Russland hinaus erstreckt. Eine Millionen Kinder sind immer noch dazu verurteilt, in einer durch Radionuklide aus Tschernobyl verseuchten Umwelt zu leben [1]. Die chronische Verstrahlung dieser Kinder hat erhebliche Auswirkungen auf ihre Gesundheit. In Weißrussland sind heute 85% der Kinder in verseuchten Gebieten erkrankt; vor der Explosion lag dieser Anteil bei 15,2% [2]. Der Gesundheitsminister aus Russland stellte 2001 fest, dass 10% der 184,000 Liquidatoren gestorben und ein Drittel invalid waren. Die Ukraine stellte 260,000 Liquidatoren bereit. Gemäß einer Pressemitteilung der ukrainischen Botschaft in Paris vom April 2005, waren 2004 94,2% von ihnen erkrankt. In einer Konferenz Kiew in 2001 stellte sich heraus, dass 10% dieser Arbeiter, die Hälfte davon waren junge Militärrekruten, gestorben und ein Drittel invalid waren, und die Situation sich rapide verschlechterte. Die ukrainische Botschaft teilte mit, dass 87,85% der Bewohner in den verseuchten Gebieten krank waren und dass der Anteil jedes Jahr steigt. Trotzdem wurde viele dieser Studien nie veröffentlicht. Ein altes Abkommen von 1959 zwischen der Weltgesundheitsorganisation (WGO) und der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) verhindert dies, denn eine vertrauliche Klausel verbietet u.a. die Publikation der Verfahren der WGO-Konferenz zu Tschernobyl.

Sascha Gabizon, Direktorin von WECF, kommentiert: "Angesichts der wachsenden Lobby von der Nuklearindustrie haben wir einen Brief an die WGO geschickt, in dem wir zu größerer Transparenz und zu einer Untersuchung über die Gesundheitseffekte durch den nuklearen Brennstoffkreislauf aufrufen. Weiterhin fordern wir eine Anpassung des Übereinkommens mit der IAEA, um dieses ähnlichen Vereinbarungen mit anderen UN - Organisationen wie der FAO, UNESCO und UNIDO, die keine solche Klauseln beinhalten, anzupassen."

"Auch ohne eine weiteres Tschernobyl bekommen zu viele Leute auf der ganzen Welt Krebs, werden unfruchtbar, bringen behinderte Babys auf die Welt oder werden einfach aus ihren Dörfern und Städten vertrieben aufgrund des Betriebs von Atomkraftwerken", sagt Sabine Bock, Energiekoordinatorin von WECF. "Wir sind den Weg von dem Rohmaterial Uran über die Nuklearenergie zur nuklearen Endlagerung entlang gegangen, wobei wir Zeugnisse von betroffenen Gesellschaften und Wissenschaftlerinnen wie Wissenschaftlern dokumentiert haben. Die Ergebnisse haben wir in unserem Buch "Die Kernfrage" publiziert. Dabei kam eine lange Geschichte des Missbrauchs von Menschenrechten heraus." Sascha Gabizon fügt hinzu: "Nicht nur in Tschernobyl, sondern auch im Navajo-Reservat in Colorado, in Mali und Südafrika, in Indien und im Niger, in Kasachstan und Russland, im Irak und dem pazifischen Ozean, und vor unserer Haustür in Asse/Deutschland und Tricastin/Frankreich, wird die Gesundheit der lokalen Bevölkerung erheblich beeinträchtigt oder ist durch den nuklearen Brennstoffzyklus in großer Gefahr. Es kommt nicht von ungefähr, dass es keine private Versicherungsgesellschaft gibt, die die Risiken der Atomindustrie übernehmen will. Die Gefahren der Nuklearkraft sind unakzeptabel für die Menschheit. Wir sollten unsere Regierungen dazu aufrufen, aufzuhören, unsere Steuern an eine Industrie zu verschwenden, die nach 50 Jahren und nach Milliarden von ausgegebenen Dollars nicht dazu fähig war, eine überzeugende Lösung für eines ihrer Hauptprobleme, die sichere Stilllegung von Atomkraftwerken und die tausendjährige Endlagerung von Nuklearabfall, zu finden".

WECF und die Heinrich Böll Stiftung organisieren am 11. Mai 2010 eine Preisverleihung im UN-Hauptquartier in New York, um die Zeugen von indigenen Gemeinschaften, die von Uranabbau und Nuklearabfall betroffen sind, in das Bewusstsein der globalen Entscheidungsträger zu rücken. Repräsentanten von indigenen Gemeinschaften, deren Existenz durch Uranabbau zerstört wird, werden aussagen, zum Beispiel die Tuaregs in Niger, die gewaltsamer Umsiedelungen aufgrund der Abbauinteressen der französischen Nuklearfirma AREVA ausgesetzt sind. Diese indigenen Völker werden ihre Zeugnisse in der Anwesenheit von James Cameron, dem Direktor des Filmes Avatar, ablegen. James Cameron wird ein Preis verliehen dafür dass er weltweite Aufmerksamkeit für das Problem der "Energiegesteine", wie Uran in der realen Welt und Unobtanium im fiktiven Planet Pandora, erzeugt hat.

Sabine Bock schliesst: "Wir sind überzeugt davon, dass es einen anderen Weg für die Zukunft braucht, denn nur ein nuklearfreies, klimasicheres Energieszenario ist die Lösung. Das Potential für Energieeinsparungen und erneuerbare Energien ist enorm. Diese spannenden neuen Technologien sind die Möglichkeiten, die genutzt und ausgebaut werden sollten, anstatt wertvolle Zeit und finanzielle Ressourcen an die Nuklearenergie zu verschwenden. Die Ausgaben der Forschung- und Entwicklungsgelder an die Nuklearindustrie halten uns davon ab, die dringend benötigte Umstrukturierung des globalen Energiesektors weiterzuentwickeln".


WECF, Women in Europe for A Common Future, ist ein Netzwerk aus 100 Frauen- und Umweltorganisationen in 40 Ländern Europas, Zentralasiens und des Kaukasus und setzt sich in den Bereichen Chemikalien, Wasser und Sanitation, Landwirtschaft und Energie für eine Gesunde Umwelt für alle ein. WECF nutzt das Potential von Frauen, um Umwelt, Gesundheit und Ökonomie in Balance zu bringen. WECF unterstützt mit Partnerorganisationen konkrete Bedürfnisse der Menschen vor Ort, setzt lokal praktische Lösungen um und beeinflusst Politik auf internationaler Ebene. WECF hat UN-Status und ist offizieller Partner deUmweltprogramms der Vereinten Nationen UNEP.

Das Programm für die Preisverleihung am 11. Mai im UN- Hauptquartier findet sich unter: www.wecf.eu

Die Kernfrage kann bestellt werden unter wecf@wecf.eu

Der Brief von WECF an die WHO kann von heruntergeladen werden: www.wecf.eu.

[1] AUFRUF VON GESUNDHEITSEXPERTEN FÜR DIE UNABHÄNGIGKEIT DER WELTGESUNDHEITSORGANISATION 2007
[2] Statistiken geliefert durch den Gesundheitsminister und die Wissenschaftsakademie von Weißrussland während der parlamentarischen Verhandlungen im April 2000.


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Quelle
WECF - Women in Europe for A Common Future, 25.04.2010
WECF The Netherlands
De Biltstraat 445 Netherlands
E-Mail: wecf@wecf.eu
Internet: www.wecf.eu.


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. April 2010