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FEUER/039: Holzplantagen - "Die Wahrheit hinter der Katastrophe" (ARA Magazin)


ARA Magazin 23, 2017/18 - Arbeitsgemeinschaft Regenwald und Artenschutz e.V.

Holzplantagen
"Die Wahrheit hinter der Katastrophe"


So lautete der Titel einer Fernseh-Reportage über die Waldbrände, die in diesem Jahr in Portugal wüteten und kaum eingedämmt werden konnten. Auch in Chile, Südafrika, Brasilien brannten die Wälder - bei näherem Hinsehen allerdings allesamt Holzplantagen und Brennpunkte der Waldzerstörung.


Waldbrände, wie sie in diesem Jahr in Portugal über Monate in den Medien zu verfolgen waren, wurden als "die schlimmste Katastrophe in der jüngeren Geschichte" (des Landes) bezeichnet. Fast 100 Menschen kamen zu Tode, ganze Gemeinden wurden verwüstet, und viele Menschen haben alles verloren.

Das Wort "Waldbrände" ist in diesem Zusammenhang aber die falsche Bezeichnung und Katastrophe klingt wie Schicksal - dabei ist diese Tragödie menschengemacht. Denn ein Viertel von Portugals bewaldeter Landschaft (über 800.000 Hektar) wurde durch weitläufige Plantagen ersetzt, die aus nichtheimischen Eukalyptus- und Kiefernarten bestehen. Weil sie schnell wachsen, sind sie bei Forstwirtschaft und Papierindustrie sehr beliebt und werden zusätzlich noch mit EU-Mitteln gefördert.

Fatal ist aber, dass diese Plantagen den Boden austrocknen, weil sie erhebliche Mengen Wasser verbrauchen. Außerdem enthalten sie ätherische Öle, die leicht entflammbar sind und dann wie ein Brandbeschleuniger wirken. Verbunden mit den Auswirkungen des Klimawandels, der heißere Temperaturen und Dürren mit sich bringt, eine verheerende Kombination.

Wer trägt die Verantwortung?

Ist es im Fall von Portugal die nationale Regierung, die einseitige Verträge zum Beispiel mit dem Zellstoff- und Papierkonzern Portucel abgeschlossen hat, dem Eigentümer der meisten Plantagen? Oder ist es das kurzsichtige und unverantwortliche Verhalten der Zellstoff- und Papierindustrie, die als Entschuldigung angibt, dass sie nur "auf die Bedürfnisse des Marktes reagiert"? Sind es die FSC- und PEFC-Zertifizierungsstellen, die Baumplantagen als "verantwortungsvoll bewirtschaftete Wälder" zertifizieren? Tragen die Abgeordneten des Europäischen Parlaments, die für die Subventionierung von Baumplantagen in der EU gestimmt haben, die Verantwortung oder die Weltbank (IFC), die Portucel in Portugal und jetzt auch in Mosambik großzügig finanziert?

Wer wird die finanzielle Verantwortung für Todesfälle und Verletzungen, verlorenes Einkommen und Schäden an Eigentum von Privatpersonen und lokalen Gemeinden übernehmen? Die Erfahrungen zeigen, dass die betroffenen Menschen oft mit den Problemen, die durch die Plantagen entstehen, alleine gelassen und für die erlittenen Schäden nicht entschädigt werden, während die Konzerne die Gewinne einstreichen.

Plantagen sind keine Wälder

Ein Problem ist aber auch die Definition von dem, was Wälder sind. im Rahmen der Vereinten Nationen ist hierfür die Welternährungsorganisation FAO zuständig. Sie definiert Wälder schlicht als Baumbedeckung und unterscheidet nicht zwischen artenreichen Naturwäldern und Monokulturen.

So können Regenwälder abgeholzt und durch Kautschukplantagen ersetzt werden. Oder gemäßigte und subtropische Wälder mit hoher Artenvielfalt werden gerodet, um den Weg frei zu machen für eintönige Kiefern- oder Eukalyptusplantagen. Nach der Definition der FAO gilt beides als Wald und der so genannte Netto-Waldverlust ist gleich Null.

Selbst Plantagen gentechnisch veränderter Bäume werden fälschlicherweise "Wälder" genannt. Derzeit wird insbesondere in das Erbgut von Eukalyptusarten eingegriffen, um sie schneller wachsen zu lassen, giftigen Herbiziden zu widerstehen oder sogar Minusgrade zu tolerieren. Diese Eigenschaften würden es ermöglichen, Eukalyptusplantagen noch weiter zu verbreiten und sie auf Regionen auszudehnen, die derzeit noch zu kalt sind.

Die FAO beziffert den Waldverlust zwar auf 13 Millionen Hektar pro Jahr, meint aber, dass diese dramatische Entwicklung durch Aufforstungen mit Plantagen gemindert wird: "Aufgrund ehrgeiziger Baumpflanzprogramme wachsen jährlich weltweit mehr als sieben Millionen Hektar neuer Wälder heran."

Solange sich die FAO weigert anzuerkennen, dass Wälder durch ihre biologische, soziale, kulturelle und spirituelle Vielfalt definiert werden, fördert sie die Ausdehnung von großangelegten Baumplantagen zum Nachteil örtlicher Gemeinschaften, echter Wälder und anderer Ökosysteme.

Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen aus aller Welt, darunter auch ARA, fordern die FAO immer wieder auf, diese verfälschende Walddefinition zu ändern. Unterstützt werden sie dabei von Wissenschaftlern und Experten aus aller Welt.


Landgrabbing für Plantagen in Mosambik

Die neue Studie "A Landgrab for Pulp // Usurpação de Terra para Cellulose", herausgegeben von EPN, ADECRU, Quercus, KKM und ARA, dokumentiert und kritisiert die großflächige Landnahme für Eukalyptusplantagen für ein geplantes Zellstoffwerk in Mosambik. Diese Anlage mit einer Produktionskapazität von 1,5 Millionen Tonnen pro Jahr wird die globale Zellstoffproduktion des portugiesischen Konzerns Portucel - einem der größten Zellstoff- und Papierproduzenten in Europa - verdoppeln.

Zellstoffproduktion für den Weltmarkt in einem Land wie Mosambik, in dem 80 Prozent der Bevölkerung von kleinbäuerlicher Landwirtschaft abhängig sind, gefährdet massiv die Nahrungssicherheit der Menschen vor Ort, aber auch die besonders artenreichen, verbliebenen Miombo Wälder und den Wasserhaushalt in der Region.

www.araonline.dellandgrab.pdf

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Quelle:
ARA Magazin 23, 2017/18, Seite 14 - 15
Arbeitsgemeinschaft Regenwald und Artenschutz e.V.
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Redaktion: Wolfgang Kuhlmann, Jürgen Wolters, Monika Nolle
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. März 2018

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