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GEFAHR/014: Wieder Sprengstoff-Fund an der Ostsee - Öffentlichkeit aufklären (NABU SH)


NABU Landesverband Schleswig-Holstein - 15. Mai 2013

NABU: Wieder Sprengstoff-Fund an der Ostsee

Familie findet Schießwolle am Schönberger Strand - NABU fordert erneut Aufklärung der Öffentlichkeit



Neumünster, 15. Mai 2013: Am 9. Mai 2013 hat es erneut einen Sprengstoff-Fund an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste gegeben. Eine Familie aus Niedersachsen fand am Schönberger Strand im Abschnitt "Kalifornien" im Sand am Fuße einer Mole einen ziegelstein-großen Klumpen Schießwolle. Weitere Fundstücke geringerer Größe sollen sich dort befunden haben. Der Sprengstoff stammt aus alten Munitionsbeständen, die nach dem zweiten Weltkrieg vor Heidkate im Meer versenkt und deren Inhaltsstoffe nun an den Strand gespült wurden. Erst durch den Bericht des NABU auf seinem Internetportal unter www.NABU-SH.de über einen ähnlichen Vorfall am 28. Juli 2012 am selben Strandabschnitt, bei dem ein Junge aus Baden-Württemberg einen ähnlich großen Klumpen Schießwolle gefunden hatte, ist die eigene Recherche der Familie über den merkwürdigen "Stein" in die richtige Bahn gelenkt worden. Polizei und Kampfmittelräumdienst haben den explosiven Fund bestätigt und sichergestellt.

Der NABU hat immer wieder darauf hingewiesen, dass bei sogenannten 'Vernichtungssprengungen', die in den vergangenen Jahren vor Heidkate erfolgt sind, die Munition nicht vollständig zersetzt, sondern weit verteilt wird, auf diese Weise an die Küste gelangt und damit eine Gefährdung für Strandbesucher besteht. Auf mehreren Symposien hat der NABU stattdessen wenn irgend möglich die gefahrlose Hebung der Munition gefordert. Schon bei der Vorbereitung der Segelolympiade 1972 in Kiel wurden Großsprengkörper gefunden und zerstört. In der Folge kam es zu Anspülungen von im Wasser treibenden Sprengstoff und in der Folge zu Reinigungsaktionen des Strandes. Angesichts von rd. 1,6 Millionen Tonnen konventioneller, oftmals korrodierender Munition, die allein in deutschen Küstengewässern vermutet werden, wird ein Kontakt mit den hochgiftigen Sprengstoffen in Zukunft immer wahrscheinlicher, da diese vermutlich ebenfalls den Sprengstoff frei setzen, der dann angespült werden kann.

Zwei Substanzen im Sprengstoff, Hexanitrodiphenylamin und Trinitrotoluol TNT, sind schon bei Berührung mit bloßer Haut extrem giftig. Im akuten Fall war der Stein nach dem Berühren erst durch die typische gelbe Hautabfärbung des auch "Kaisergelb" genannten Hexanitrodiphenylamin aufgefallen. Leberschäden und Veränderung von Blutkörperchen sind als Folge des Hautkontaktes möglich. Die Explosivstoffe gelten darüber hinaus als krebserregend, reproduktionstoxisch und erbgutschädigend.

Der NABU warnt davor, unbekannte Gegenstände oder Substanzen am Strand zu berühren. Innenministerium in Kiel wie auch die Bundes- und betroffenen Landesministerien sind erneut aufgefordert, eine realistische Einschätzung der Gefährdungssituation vorzunehmen. Betroffene Strandabschnitte einschließlich der vorgelagerten Flachwasserbereiche sind regelmäßig und gründlich auf Munitionsreste zu untersuchen. Munitionssprengungen zur Vernichtung sind zukünftig auf akute Gefährdungslagen zu beschränken. Neue, umweltschonendere Methoden der Munitionsbeseitigung müssen zur Regel werden. Eine offene Aufklärung und sachgerechte Information der Öffentlichkeit über ein bestehendes Risiko ist dringend notwendig. Ob die Gefährlichkeit von Fundstücken am Strand richtig beurteilt wird, darf zukünftig nicht mehr allein dem Zufall überlassen bleiben.

Weitere Infos unter www.NABU-SH.de

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Quelle:
Presseinformation, 15.05.2013
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Schleswig-Holstein
Färberstr. 51, 24534 Neumünster
Tel.: 04321/53734, Fax: 04321/59 81
E-mail: info@NABU-SH.de
Internet: www.NABU-SH.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Mai 2013