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GENTECHNIK/027: Aufschub für Gene Drives verlangt (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen e.V.
EU-Koordination

EU-News - 24.10.2018 / Landwirtschaft & Gentechnik

Aufschub für Gene Drives verlangt


Gene Drives sind Manipulationen am Erbgut, durch die eine gentechnisch eingebaute Eigenschaft in Pflanzen oder Tieren dominant vererbt wird und sich dadurch besonders schnell in einer Population ausbreitet. Für diese Methode fordern Agrarexperten und Umweltschützer ein Moratorium.

Die Vertragsstaaten der der UN-Biodiversitätskonvention (CBD) wollen im November in Ägypten darüber diskutieren, wie Gene Drives kontrolliert werden sollen. Das Verfahren könne Arten zum Verschwinden bringen und untergrabe eine nachhaltige und gerechte Landwirtschaft, heißt es in dem Aufruf, den zahlreiche Vertreter von Landwirtschafts- und Entwicklungsorganisationen unterschrieben haben. Sie plädieren darin für ein weltweites Moratorium für die Freisetzung von Gene Drives und begründen dies mit dem Vorsorgeprinzip.

Darüber hinaus haben die Heinrich-Böll-Stiftung und die kanadische Umweltorganisation ETC Group einen Bericht herausgegeben, der über den Forschungsstand und die möglichen Risiken von Gene Drives informiert. Darin wird deutlich, dass sich die Pläne nicht auf Moskitos beschränken. Dem Bericht zufolge wollen Wissenschaftler und Wissenschftlerinnen auch an Fruchtfliegen, Heuschrecken, pflanzensaugende Käferarten und andere Schädlinge mit Gene Drives anwenden und damit wild lebende Populationen bekämpfen. Neben Ratten und Mäuse sind auch Schweine bereits Forschungsobjekte für die Methode der beschleunigten Ausbreitung von Genmanipulationen.

Die AutorInnen warnen vor unerwarteten Nebeneffekten der Eingriffe ins Erbgut. Diese seien nicht wieder rückgängig zu machen. Deshalb fordern sie ein Verbot der Freisetzungen von Gene Drives und empfehlen, die Forschung vorerst zu stoppen. Zunächst seien eine breite gesellschaftliche Debatte über diese Technik und klare Regelungen für den Umgang damit erforderlich.

Solche Regelungen stehen auch auf der Tagesordnung der CBD-Konferenz im November in Ägypten. Im Kapitel über den Umgang mit Gene Drives sind zwar Vorsorgeprinzip, mögliche Risiken und deren Abschätzung erwähnt, ein Moratorium ist allerdings nicht vorgesehen.

Das Bundesumweltministerium (BMU) äußerte bereits seine Skepsis über die Freisetzung von Gene Drives. In einem offenen Brief hatten die Arbeitsgemeinschaft für bäuerliche Landwirtschaft (AbL), der Bund Ökologische Lebensmitelwirtschaft (BÖLW), der BUND, die IG Saatgut, Save our Seeds und das Institut für unabhängige Folgenabschätzung in der Biotechnologie Testbiotech im Juli auf die Gefahren von Gene Drives hingewiesen. Solange negative Effekte auf die Biodiversität nicht ausgeschlossen werden könnten, dürften aus Vorsorgegründen in Deutschland keine Organismen freigesetzt werden, die nach dem Gene Drive-Verfahren entstanden sind, heißt es in der Antwort aus dem Ministerium. Im Rahmen der UN-Biodiversitätskonvention werde man sich für die Umsetzung des Vorsorgeprinzips einsetzen.

Weder in der EU noch in anderen Teilen der Welt dürfe es zu unkontrollierbaren Freisetzungen von gentechnisch veränderten Organismen kommen, kommentierte Silvia Bender vom BUND die Antwort des BMU. Die Umwelt- und Erzeugerverbände hoffen, dass sich Deutschland für ein Moratorium stark macht. [mbu]


Aufruf zum Schutz des Ernährungssystems vor Auslöschung durch Gentechnik
http://www.etcgroup.org/sites/www.etcgroup.org/files/files/forcing_the_farm_sign_on_letter_english_web.pdf

ETC Group, Heinrich-Böll-Stiftung: Forcing The Farm: How Gene Drive Organisms Could Entrench Industrial Agriculture and Threaten Food Sovereignty (Oktober 2018)
http://www.etcgroup.org/sites/www.etcgroup.org/files/files/etc_hbf_forcing_the_farm_web.pdf

Offener Brief an BMU (Juli 2018)
https://www.testbiotech.org/sites/default/files/Gene%20Drive_Brief%20an%20Ministerin%20Svenja%20Schulze.pdf

Quelle Infodienst Gentechnik
https://www.keine-gentechnik.de/nachricht/33440/#gsc.tab=0

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Quelle:
EU-News, 24.10.2018
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Oktober 2018

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