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LUFT/443: Biomasseverbrennung kann zur Feinstaubbelastung beitragen (idw)


Leibniz-Institut für Troposphärenforschung e. V. - 04.02.2011

Biomasseverbrennung kann zur Feinstaubbelastung beitragen - Signalverbindungen für Abgase entdeckt


Leipzig. Das Verbrennen von Biomasse kann einen deutlichen Beitrag zur regionalen Feinstaubbelastung haben. Zu diesem Ergbniss kommt eine Studie des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (IfT).

Die Forscher hatten einen Winter lang im Auftrag des Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) Feinstaubproben aus Seiffen ausgewertet und mit Experimenten im Labor verglichen. Dabei konnten sie in der Luft des Ortes im Erzgebirge, in dem tradionell stark mit Holz geheizt wird, neben dem bekannten Levoglucosan mehrere nitroaromatische Verbindungen identifizieren, die ebenfalls die Verbrennung von Biomasse zuverläßlich signalisieren, berichten die Forscher im Fachblatt Environmental Science & Technology.

Partikel aus der Verbrennung von Biomasse stehen im Verdacht, ein gesundheitliches Risiko zu sein, weil sie toxisch, erbgutverändernd und krebsauslösend wirken können. Um gesetzliche Auflagen für die Emissionen erlassen zu können, sind jedoch detaillierte Informationen über diese chemischen Verbindungen notwendig. Zur Gefährdung der menschlichen Gesundheit kommt ein potentielles Umweltrisiko: Nitrierte Phenole gelten als giftig für Pflanzen. Die Anreicherung im Schnee über den Winter und das Einsickern in den Boden beim Abschmelzen könnte daher die Entwicklung der Vegetation im Frühjahr bremsen. In den letzten Jahren hat die Anzahl von häuslichen Kleinfeuerungsanlagen und damit auch der Holzverbrauch stark zugenommen. Seit 2004 stoßen diese über 15 Millionen Öfen und Kamine bereits mehr Feinstaub aus als der Straßenverkehr. 2010 trat daher eine neue Kleinfeuerungsverordnung in Kraft, die Emissionsgrenzwerte vorschreibt und damit Modernisierungen anregt. Durch richtige Brennstoffe, sachgerechten Betrieb und das Nachrüsten von Filtern können auch Besitzer älteren Anlagen die Feinstaubemissionen deutlich senken.

Die Verbrennung von Biomasse - egal ob durch natürliche Waldbrände oder vom Menschen verursacht - erzeugt eine große Menge an Gasen und Partikeln. Mehrere Hundert chemische Verbindungen wurden dabei bisher beobachtet. Da Holzheizungen als CO2-neutral gelten und eine kostengünstige Alternative zu anderen Brennstoffen sein können, wird mit einer weiteren Zunahme gerechnet. Um mehr über die Zusammensetzung der Abluft zu erfahren, sammelten die Wissenschaftler von Oktober 2007 bis März 2008 täglich Luftproben aus einem Wohngebiet in Seiffen, in dem vorallem mit Holz geheizt wird. Der für seine Handwerkskunst bekannte Ort liegt in einem Tal des Erzgebirges unweit der Grenze zu Tschechien. Neben Ferntransport aus dem Industriegebiet Litvinov in Nordwest-Böhmen und Abgasen des Straßenverkehrs tragen vorallem die Heizungen im Winter zur Emissionsbelastung bei. "Dass die Holzverbrennung zu organischen Aerosolpartikeln führt und damit Einfluss auf die Wolkenbildung hat, ist schon lange bekannt. Es gibt aber bisher nur wenige Studien, die die indirekten Auswirkungen auf die chemischen Reaktionen in der Luft beleuchten", erklärt Prof. Hartmut Herrmann vom IfT. Das so geannte zweite organische Aerosol (SOA) entsteht bei der Oxidation von leicht flüchtigen organischen Verbindungen (VOCs) aus der Biomasseverbrennung.

Durch die Untersuchungen konnten die Wissenschaftler nun zeigen, dass dabei auch nitrierte aromatische Verbindungen (C7H7NO4) eine Rolle spielen. "Diese verschiedenen Methyl-Nitrokatechol-Verbindungen wurden als partikuläre Bestandteile der Emissionen aus der Holzverbrennung detektiert und können in Zukunft als Tracer genutzt werden", sagt Dr. Yoshiteru Iinuma. Der japanische Wissenschaftler arbeitet seit neunJahren in der Abteilung Chemie des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung. So gennante Tracerverbindungen helfen den Chemikern dabei, den Ursprung der Stoffe zu bestimmen. Bisher wurde Levoglocosan als Indikator für Biomasseverbrennung genutzt. Es entsteht bei der Verbrennung von Zellulose. Durch die neu bestimmten chemischen Verbindungen wird es in Zukunft möglich sein, die Spuren von Verbrennungsprodukten aus Biomasse in der Luft noch besser zu verfolgen.

Tilo Arnhold

Weitere Infos:
Dr. Yoshiteru Iinuma/ Prof. Hartmut Herrmann
Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (IfT)
Tel. 0341-235-2535, -2446
http://www.tropos.de/ift_personal.html

Publikation:
Yoshiteru Iinuma, Olaf Böge, Ricarda Gräfe and Hartmut Hermann (2010):
Methyl-Nitrocatechols: Atmospheric Tracer Compounds for Biomass Burning Secondary Organic Aerosols.
Environ. Sci. Technol. 2010, 44, 8453-8459, http://pubs.acs.org/doi/abs/10.1021/es102938a

Die Untersuchung wurde vom Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie/ LfULG ("Einfluss kleiner Holzfeuerungen auf die Immissionssituation") gefördert.


Links:

LfULG-Abschlussbericht: "Forschungs- und Entwicklungsvorhaben: Einfluss kleiner Holzfeuerungen auf die Immissionssituation"
http://www.forsten.sachsen.de/umwelt/download/luft/Holzfeuerung.pdf

Aerosolkammerexperimente:
http://www.tropos.de/chemie/laborexp/chemie_lab_up2.html

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http://www.leibniz-gemeinschaft.de


Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter der WWW-Adresse:

http://idw-online.de/pages/de/image134495
Messstation in Seiffen. Die IfT-Forscher hatten einen Winter lang im Auftrag des Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) Feinstaubproben ausgewertet und mit Experimenten im Labor verglichen.

http://idw-online.de/pages/de/image134496
Der für seine Handwerkskunst bekannte Ort Seiffen liegt in einem Tal des Erzgebirges unweit der Grenze zu Tschechien. Neben Ferntransport aus dem Industriegebiet Litvinov in Nordwest-Böhmen und Abgasen des Straßenverkehrs tragen vorallem die Heizungen im Winter zur Emissionsbelastung bei.

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder erhalten Sie unter: http://idw-online.de/pages/de/news407670

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter: http://idw-online.de/pages/de/institution1606


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Leibniz-Institut für Troposphärenforschung e. V., Tilo Arnhold, 04.02.2011
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Februar 2011