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MELDUNG/396: Kein Winterschlaf im Landes-Naturschutz - Koalitionsvereinbarungen zügig umsetzen (NABU HE)


NABU Landesverband Hessen - 15. Oktober 2016

Kein Winterschlaf im Landes-Naturschutz

NABU Hessen fordert zügige Umsetzung der Koalitionsvereinbarungen


Wetzlar - Der NABU Hessen fordert die Landesregierung auf, bei der Umsetzung der Natur- und Umweltschutzziele der Koalitionsvereinbarung nicht nachzulassen. "Es entsteht derzeit der Eindruck, dass die Tatkraft in der Mitte der Legislaturperiode immer mehr schwindet", erklärt Gerhard Eppler, Landesvorsitzender des NABU Hessen. Mit einem 20-Punkte-Plan möchte der größte hessische Naturschutzverband die Regierenden nun an ihre Versprechen erinnern. "Ein ganz wichtiger Punkt ist die ökologische Zertifizierung des Staatswaldes mit dem FSC-Siegel. Derzeit ist erst die Hälfte der Forstämter ausgezeichnet", so Eppler. Bis zum Ende der Legislaturperiode müsse die Zertifizierung komplett vollzogen sein. Der NABU Hessen kritisiert auch die unzureichende rechtliche Sicherung der vom Umweltministerium ausgewiesenen Naturwaldflächen. Der Biologe Eppler betont, dass alle größeren Gebiete zeitnah als Naturschutzgebiete auszuweisen seien: "Nur ein rechtlicher Schutzstatus kann die hessischen Naturwälder als Refugien der biologischen Vielfalt dauerhaft sichern." Es müsse alles dafür getan werden, das Ziel der hessischen Biodiversitätsstrategie, fünf Prozent aller Wälder der Natur zurückzugeben, bis zur nächsten Landtagswahl im Herbst 2018 zu erreichen.

Sorge bereitet dem NABU der Zustand der hessischen Gewässer. "Wir brauchen dringend eine Neuregelung des hessischen Wassergesetzes, um die europäischen Anforderungen nach sauberen Bächen, Flüssen und Seen erfüllen zu können", so Eppler. Da die europäische Wasserrahmenrichtlinie zwischen Rhein und Diemel bislang kaum umgesetzt wurde, drohen nach Angaben des Umweltverbandes mittlerweile sogar rechtliche Konsequenzen. Sauberes Wasser sei nicht nur für viele Tiere und Pflanzen ein wichtiges Lebenselixier, sondern auch für die Menschen. Mit der Einrichtung von Gewässer-Entwicklungsstreifen entlang der hessischen Fließgewässer könne das Land den Rückstand problemlos aufholen.

Nicht zuletzt fordert der NABU Hessen die Landesregierung auf, im Klimaschutz deutlichere Zeichen zu setzen. Schnell umsetzbare Maßnahmen sollten künftig im Mittelpunkt politischer Entscheidungen stehen. "Hierbei kommt den Faktoren Energieeinsparung und Energieeffizienz eine zentrale Aufgabe zu. Energie, die nicht benötigt wird, muss auch nicht erst umweltbelastend produziert werden", so Eppler. Für einen politischen Winterschlaf im Natur- und Umweltschutz sei jetzt die falsche Zeit.

Raute


Forderungen zur Naturschutz- und Umweltpolitik in Hessen ... in der 2. Hälfte der Legislaturperiode

1. Rechtliche Sicherung aller nutzungsfreien "Kernflächen" im Staatswald über 100 Hektar Größe als Naturschutzgebiet (bisher keine Sicherung vorgesehen). KOA-Vereinbarung: "Zur besseren Vernetzung kann auch die Neuausweisung von Schutzgebieten gehören"

2. Einleitung weiterer Schritte zum Erreichen von Naturwaldentwicklung auf 5% der hessischen Waldfläche, entsprechend der Hessischen Biodiversitätsstrategie (bisher nur 3,1%). KOA-Vereinbarung: "wollen wir erreichen, dass gemäß der Nationalen Biodiversitätsstrategie der Anteil ungenutzter Wälder bei der gesamten hessischen Waldfläche auf fünf Prozent gesteigert wird"

3. Vollendung der FSC-Zertifizierung des hessischen Staatswaldes (bisher nur die Hälfte) und Einbeziehung von kommunalen und privaten Waldbesitzern. KOA-Vereinbarung: "Wir wollen eine schrittweise Zertifizierung des hessischen Staatsforstes nach den Kriterien des 'FSC Deutschland'".

4. Streckung der Holzernte durch Absenkung der Nutzungsplanung im Staatswald: Beschränkung der Nutzung auf 30% des Vorrates innerhalb von 10 Jahren (bisher ohne Beschränkung). KOA-Vereinbarung: "Wir wollen einen gesunden Wald mit einer naturgemäßen und nachhaltigen Waldwirtschaft auf Grundlage strukturreicher, altersgemischter Wälder"

5. Novellierung des Hessischen Wassergesetzes für eine effizientere Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (bisher eklatantes Umsetzungsdefizit mit drohenden EU-rechtlichen Konsequenzen). KOA-Vereinbarung: "Unser Ziel ist es, zum Schutz der Böden, des Wassers und der Artenvielfalt den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Düngemitteln in der Landwirtschaft zu reduzieren".

6. Darstellung aller öffentlichen Eigentumsflächen entlang von Gewässern im Internet (WRRL-Viewer), zur Vereinfachung von Renaturierungsmaßnahmen im Auenbereich. KOA-Vereinbarung: "Zum Erhalt und zur Schaffung natürlicher Lebensräume werden wir die Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie engagiert voran bringen".

7. Einleitung eines Gewässerentwicklungsstreifen-Programms für eine Dynamisierung hessischer Fließgewässer (Flächenkauf, Personal). KOA-Vereinbarung: "Im Sinne eines vorsorgenden Hochwasserschutzes wollen wir unseren Flüssen wieder mehr Raum geben".

8. Verbesserung des Schutzes der Europäischen Schutzgebiete (FFH- und EU-Vogelschutzgebiete) durch mehr Personal, Landschaftspflegeverbände und ordnungsrechtliche Maßnahmen. KOA-Vereinbarung: "Wir wollen unsere Heimat Hessen mit den zahlreichen wertvollen Landschaftsstrukturen und unseren wichtigen Lebensgrundlagen erhalten".

9. Einbeziehung ehrenamtlicher Schutzgebietsbetreuer in den Europäischen Schutzgebieten. KOA-Vereinbarung: "Wir sehen die Umwelt- und Naturschutzverbände als wichtige Partner an und schätzen deren ehrenamtliche Tätigkeit. In naturschutz- und umweltpolitischen Fragestellungen werden wir auf den verschiedenen Ebenen deren Einbindung verstärken".

10. Beteiligung der anerkannten Naturschutzverbände an den Erträgen der neuen Naturschutzlotterie "genau" (bisher nur Gewinnchance für ein 5000 -Projekt). KOA-Vereinbarung: "Projekte im Bereich des Umwelt- und Naturschutzes benötigen entsprechende finanzielle und vor allem zielgerichtete Unterstützung. Daher setzen wir uns unter Einbeziehung der Erfahrungen anderer deutscher Länder bei der Landeslotteriegesellschaft für die Wiedereinführung einer neugestalteten Umweltlotterie ein".

11. Einsatz für eine grundlegende Reform der Agrar-Subventionen auf deutscher und europäischer Ebene (Öffentliches Geld nur für öffentliche Leistungen!). KOA-Vereinbarung: "Wir wollen, dass die Agrarförderung an die Erbringung gesellschaftlicher Leistungen geknüpft wird"

12. Naturverträgliche Energiewende: Schutzprojekte für vom Ausbau der Windkraft besonders betroffenen Arten (z. B. Fledermäuse, Rotmilan, Schwarzstorch). KOA-Vereinbarung: "Energiewende ... im Einklang mit dem Erhalt der biologischen Vielfalt"

13. Abschaffung der Privilegierung der Windkraft nach §35 Abs. 1 Nr. 5 zugunsten einer Steuerung über die Raumordnung. Bundesratsinitiative im Zuge der Novellierung des Baugesetzbuches.

14. Initiative zur Umsetzung von Artenschutz an öffentlichen Gebäuden des Landes und der Kommunen im Zuge der Hessischen Biodiversitätsstrategie. KOA-Vereinbarung: "Zum Erhalt der biologischen Vielfalt und der Schönheit der in unseren Regionen charakteristischen Tier- und Pflanzenwelt wird die Hessische Biodiversitätsstrategie umgesetzt und weiterentwickelt".

15. Verursacherprinzip an Straßen: Engagement des Hessischen Wirtschaftsministeriums beim Amphibienschutz an Straßen

16. Hessisches Ried: Umgehende Einleitung von Maßnahmen zum Walderhalt im hessischen Ried auf der Grundlage der Ergebnisse des Runden Tisches. KOA-Vereinbarung: "Ebenso sehen wir uns der Mitwirkung an der Umsetzung der Ergebnisse verpflichtet."

17. Klimaschutz: Forcierung schnell umsetzbarer Maßnahmen zum Klimaschutz, insbesondere in den Bereichen Energieeinsparung und Energieeffizienz. KOA-Vereinbarung: "Um die Rahmenbedingungen bei Sanierung und Neubau zu verbessern, wird die Hessische Bauordnung im Hinblick auf Erneuerbare Energien und Energieeffizienz überprüft."

18. Schritte zur Verringerung des Flächenverbrauchs. KOA-Vereinbarung: "Daher wollen wir ein Aktionsbündnis 'Flächen gewinnen in Hessen' mit allen relevanten Akteuren gründen"

19. Nutzung landeseigener Flächen für Gewässerrenaturierung, Ökolandbau und Schutz der Biodiversität (Vorbildwirkung). KOA-Vereinbarung: "Bei der Neuverpachtung landwirtschaftlicher Flächen im Eigentum des Landes werden wir die Vergaberichtlinien der mit der Verpachtung beauftragten Hessischen Landesgesellschaft weiterentwickeln, um eine nachhaltige Flächenbewirtschaftung und eine tiergerechte Haltung sicherzustellen und den Belangen der Biodiversität gerecht zu werden"

20. Reststoffverwertung statt intensive Maisäcker in der Biomassenutzung! KOA-Vereinbarung: "Wir wollen die Biomassenutzung aus der Landwirtschaft und dem Wald im Einklang mit dem Erhalt der biologischen Vielfalt bringen."

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 45/16, 15.10.2016
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Hessen
Friedenstraße 26, 35578 Wetzlar
Tel. 06441/67904-0, Fax 06441/67904-29
E-Mail: Info@NABU-Hessen.de
Internet: www.NABU-Hessen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. November 2016

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