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VERBAND/316: Klimapositionspapier der Niedersächsischen Landesregierung unausgereift (BUND NI)


Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Niedersachsen (BUND), Naturschutzbund Deutschland (NABU), Landesverband Niedersachsen Hannover, 24. Februar 2009

Mit dem Klimaschutz Berge versetzen?

BUND und NABU kritisieren Klimapolitik und neues Klimapositionspapier der Niedersächsischen Landesregierung als unausgereift und zu wenig handlungsorientiert.


"Häufigste Windstärke in Niedersachsen: Brainstorming - so lautet der Slogan einer E.ON-Sponsorenanzeige für das Innovationsland Niedersachsen. Das trifft auch für den niedersächsischen Klimaschutz zu. Da gibt es manche, nicht immer ganz taufrische Idee. Konkrete und innovative Maßnahmen vermissen wir jedoch in der Klimapolitik Niedersachsens und auch im neuen Positionspapier. Windstille herrscht hingegen beim echten klimapolitischen Diskurs, denn bislang hatten die Umweltverbände wenig Gelegenheit, ihre klimapolitische Kompetenz einzubringen", bedauert Heiner Baumgarten, Landesvorsitzender BUND Niedersachsen. Dr. Holger Buschmann, NABU-Landesvorsitzender, ergänzt: "Klimaschutz im Dialog? Nur schade, dass die niedersächsischen Klima-Positionen beschlossen und veröffentlicht wurden, bevor die Verbände und Arbeitskreise tatsächlich aktiv eingebunden waren! Jetzt sind vermeidbare Mängel erkennbar, auf uns wirkt das Papier in zahlreichen Punkten vage und unausgereift."

Das Niedersächsische Kabinett hatte am vergangenen Dienstag (17. Februar 2009) das Positionspapier zum Klimaschutz in Niedersachsen unter der Überschrift ,Der Klimawandel als Herausforderung für Staat und Gesellschaft' beschlossen. Zwei Hochglanzbroschüren zum Klimaschutz gibt es schon. Neues aus dem "Innovationsland Niedersachsen" zum Klimaschutz hingegen erstaunlich wenig. Die neue Regierungskommission ,Klimaschutz' war von der Landesregierung im Oktober 2008 eingesetzt worden und soll, so heißt es, "die Landesregierung dabei unterstützen, den künftigen klimapolitischen Kurs im engen gesellschaftlichen Austausch zu gestalten." BUND und NABU Niedersachsen sind Mitglieder dieser Kommission und kritisieren, dass das neue Positionspapier vor der Sitzung der Kommission, die heute Vormittag stattgefunden hat, bereits beschlossen und veröffentlicht war.


Nur Hochglanz-Appelle?

"Das neue Klima-Papier ist nun ein weiteres Papier, in dem die Landesregierung die Situation analysiert und an die Verantwortung aller gesellschaftlichen Gruppen appelliert, an Lösungen mitzuwirken. Was die Landesregierung konkret tun will, bleibt aber auf Einzelmaßnahmen beschränkt - eine konkrete Landesklimapolitik ist weiterhin nicht in Sicht", moniert Stefan Ott, stellvertretender Geschäftsführer des BUND Niedersachsen. "Dabei war das Programm der Landesregierung zum Klimaschutz in Niedersachsen von Umweltminister Sander bereits für den Dezember 2008 angekündigt! Immerhin hat es Niedersachen nun wenigstens geschafft, einen Forschungsverbund Klimafolgen-Forschung (KLIFF) in Gang zu bringen - damit liegt unser Fortschritts- und Innovationsland trotz seines selbstbewussten Kampagnenstils zum Thema mehr als zehn Jahre hinter anderen Bundesländern zurück." Landesklimaschutzpolitik, so die Kritik der beiden großen Natur- und Umweltschutzorganisationen, beschränkt sich derzeit auf die Erstellung und Verbreitung bunter Hochglanzbroschüren, in denen überwiegend dargestellt wird, dass von Seiten der EU und vom Bund ausreichend Informationen und Fördermittel bereit gestellt werden, Maßnahmen zur Reduktion des Energieverbrauchs und der Emissionen zu ergreifen. "Die selbst gewählte Rolle des Landes, zwischen Bund und Kommunen in Sachen Klimaschutz überwiegend zu vermitteln und das Handeln an die Kommunen zu delegieren, wirkt seltsam unbeteiligt, eher mühsam, jedoch weder innovativ noch motivierend.", erklärt Baumgarten.


Klimaschutz ist aktiver Moorschutz!

So finden sich beispielsweise im vorgelegten Positionspapier zwar Anmerkungen zum Dauergrünland, eine Darstellung zum konkreten Umgang mit den für Niedersachsen so typischen, schützenswerten Grünlandflächen hingegen fehlt. Das alte Niedersächsische Moorschutzprogramm kommt zu neuen Ehren und wird in seiner geschichtlichen Entwicklung gewürdigt, an einer dringend notwendigen Vorgabe zu konkreten Maßnahmen zum Erhalt des Kohlendioxidspeichers Moor mangelt es aber bedauerlicherweise. Dr. Holger Buschmann dazu: "Die Entwässerung und anschließende Abtorfung oder intensive landwirtschaftliche Nutzung von Mooren trug und trägt in hohem Maße zu unseren Kohlendioxid-Emissionen bei. Der Schutz und die Wiedervernässung von Mooren bedeutet also nicht nur den Erhalt von einzigartigen Tier- und Pflanzenarten, sondern auch aktiven Klimaschutz!"

"Angesichts des Asse-Desasters und der ungelösten Endlagerproblematik erstaunt uns auch die Nonchalance, mit der unverdrossen und ohne Rücksicht auf die Gesundheit der Bevölkerung noch immer die Nutzung der Kernkraft als Beitrag zum Klimaschutz verkauft wird", kritisiert Heiner Baumgarten, BUND. "Bis zu sieben neue Kohlekraftwerke in Niedersachsen hält die Landesregierung nicht nur für akzeptabel, sondern für erforderlich. Die Behauptung, mit den modernen Kraftwerken würde per Saldo weniger emittiert als vorher, ist in keiner Weise belastbar, denn bisher hat die Landesregierung nichts getan, bei der Genehmigung der neuen Kraftwerke sicher zu stellen, dass auch nur ein altes dafür abgeschaltet wird."


Energiewende - jetzt!

Wenig handlungsorientiert sind zudem die Vorschläge zum Energie sparen im Sektor Bauen und Wohnen ausgefallen. Pellet- und Hackschnitzelanlagen beispielsweise bleiben unerwähnt. "Selbstverständlich erwarten wir, dass das Land - gerade in Zeiten der Konjunkturprogramme - eigene Landesbauten vorbildlich umrüstet, um Zeichen zu setzen. Da reicht es eben nicht, dass man stolz verkündet, ein Fünftel der Landesbauten sei energetisch verbessert worden. Jeder kann in Sachen Energiewende etwas tun - der Einfamilienhausbauer, der Sanierer von Altbestand, Industrie und Gewerbe und natürlich auch das Land bei seinen Liegenschaften!", mahnt Stefan Ott, BUND. "Viel Strom aus Atomenergie oder Kohlekraftwerken, zumal ohne Kraft-Wärme-Kopplung, passt nicht mehr in die Zeit - und schon gar nicht in das ,Innovationsland Niedersachsen', das behauptet, deswegen weniger Berge zu haben, weil wir sie ständig versetzen." "Schade auch, dass die "Niedersachsen Allianz für Nachhaltigkeit" ganz ohne Naturschutzverbände auskommt", bedauert Dr. Buschmann, NABU, "da tröstet auch nicht die Behauptung "Der Kassenschlager aus Niedersachsen: "Vom Winde gedreht", der die führende Position Niedersachsens in der Windenergie meint. Wir brauchen in allen Bereichen fördertechnische Handlungsanreize, Pilotvorhaben und klimapolitische Konsequenz statt zahlreicher Absichtserklärungen." "Selbstverständlich enthält das Klima-Papier auch einige wichtige und richtige Ansätze. Die energetische Sanierung von Schulen, Kindergärten und sozialer Infrastruktur begrüßen wir, ebenso Bildungsabsichten in Sachen Klimapolitik", sagten Baumgarten und Dr. Buschmann. "BUND und NABU wünschen sich jedoch für die Klimapolitik eine deutlich führende und offensive Rolle des ,Innovationslandes', etwas abgewandelt im Sinne eines weiteren Kampagnen-Slogans: "Niedersachsen hat viele Leistungsträger. Die für den Klimaschutz entstehen bei uns ..."


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Quelle:
Presseinformation vom 24.02.2009
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
BUND Landesverband Niedersachsen
Goebenstr. 3a, 30161 Hannover
Tel.: 0511/965 69-0, Fax: 0511/662 536
E-Mail: presse.nds@bund.net
Internet: www.bund-niedersachsen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Februar 2009