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VERBAND/443: Bürgerschaftswahl 2011 - NABU Hamburg stellt Forderungen an die (NABU HH)


NABU Landesverband Hamburg - 13. Januar 2011

Jetzt Wahlkampf für die Umwelt!

NABU Hamburg stellt Forderungen an die Parteien zur Bürgerschaftswahl vor / Umweltschutz muss Schwerpunktthema im Wahlkampf sein!


Der NABU Hamburg hat jetzt so genannte Wahlprüfsteine zur Bürgerschaftswahl aufgestellt und fordert alle Parteien auf, sich stärker für den Natur- und Umweltschutz einzusetzen. Gerade im Umwelthauptstadtjahr 2011 wäre es notwendiger denn je, dass sich die Parteien intensiver als bisher damit befassen, so der NABU. Hamburgs größter Umweltverband hat jetzt von den Parteien ihre Positionierungen zu wesentlichen Herausforderungen Hamburgs im Natur- und Umweltschutz abgefragt, damit diese bei der Wahlentscheidung berücksichtigt werden können.

"Die Parteien müssen jetzt endlich Farbe bekennen, wie sie Hamburg umweltfreundlicher machen wollen", fordert Alexander Porschke, Vorsitzender des NABU Hamburg. "Wir wollen wissen, was die Parteien für den Natur- und Umweltschutz in unserer Stadt tun wollen." Der Natur- und Umweltschutz müsse gerade im Umwelthauptstadtjahr das zentrale Wahlkampfthema sein. Städtische Siedlungsverdichtung bietet nach Ansicht des NABU die Chance, mit kurzen Wegen, geringerem Flächenverbrauch und effizienter Ver- und Entsorgung Umweltbelastungen zu mindern. "In Hamburg ist darüber hinaus erkennbar, welchen Wert die vielfältige Stadtlandschaft auch für den Natur-und Artenschutz haben kann", betont Porschke. "Viele Chancen für eine umweltfreundliche Stadtentwicklung werden jedoch schon dadurch verschenkt, dass die Belange von Natur und Umwelt in den Verwaltungen in den letzten zehn Jahren immer mehr an den Rand gedrängt wurden." Diesen Trend umzukehren, sieht der NABU jetzt als Hauptaufgabe der Parteien.

Beispielsweise muss nach Ansicht des Umweltverbandes in Zukunft in Abwägungsentscheidungen dem Natur- und Umweltschutz mehr Gewicht zukommen. Porschke: "Die Elbe aber aus Verkehrs- und Wirtschaftsgründen nochmals zu vertiefen, im Süderelberaum Autobahnen und Schnellstraßen zu bauen und auf überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum zu setzen, widerspricht gerade der angemessenen Berücksichtigung der Ökologie bei Verfolgung ökonomischer Interessen." Er fordert zum einen, dass die Elbe als Lebensraum ökologisch verbessert werden muss. Zum anderen sieht er die Stadt in der Pflicht, unbedingt und unverzüglich ihre Anstrengungen zum Erhalt der Artenvielfalt zu verstärken. Dazu gehörten unter anderem die Realisierung eines Biotopverbundes, die ausreichende Pflege der Naturschutzgebiete und vor allem die finanzielle Stärkung des städtischen Naturschutzes. Porschke: "Hamburg hat die Chance zu einer ökologisch zukunftsfähigen Stadtentwicklung. Es kommt jetzt darauf an, sie auch zu nutzen." Er fordert daher alle Hamburger Parteien auf, den Umweltfragen als Zukunftsaufgaben jetzt besondere Priorität einzuräumen.

So groß die Herausforderungen für die Zukunft sind, die NABU-Bilanz für zwei Jahre Schwarz-Grün fällt enttäuschend aus: Es habe, so der NABU, zwar Verbesserungen im Naturschutzgesetz (15% Biotopverbunds-Flächenanteil, Einschränkung der Uferrandbewirtschaftung, Hafenprivilegsminderung) und durch die Ausweisung von zusätzlichen Flächen (Rothsteinsmoor, Auenlandschaft Norderelbe, Wittenbergener Heide) gegeben, aber die Elbvertiefung wurde weiter betrieben, die Hafenquerspange auf die naturräumlich empfindlichste Trasse gelegt und den einzigen naturräumlichen interessanten Teil des Tideelbekonzepts durch Schaffung einer Flachwasserzone am Kreetsand wurde zu einer Ausgleichsmaßnahme für die Elbvertiefung degradiert. Außerdem ist es auch unter Schwarz-Grün nicht gelungen, den Schutz der Natur auf dem Papier durch ausreichende Pflege und Entwicklung der geschützten Gebiete in der Natur umzusetzen. Der Bau des Kraftwerks Moorburg und die Verzögerungen bei der Einrichtung der Stiftung Lebensraum Elbe verdunkeln die Bilanz ebenfalls. Die aufgrund des Koalitionsvertrages entstandenen Hoffnungen wurden von der Wirklichkeit leider nicht eingelöst.

Die Wahlprüfsteine des NABU Hamburg im Einzelnen stehen unter www.NABU-Hamburg.de/wahl2011 zum Herunterladen zur Verfügung.


NABU-WAHLPRÜFSTEINE

(verschickt an die Hamburger Parteien am 13. Januar 2011)

1. Hamburg als Umwelthauptstadt 2011

Hamburg trägt im Jahr 2011 den Titel Europäische Umwelthauptstadt. Diese Auszeichnung ist für Leistungen der Vergangenheit insbesondere aber auch für ehrgeizige Vorhaben für die Zukunft vergeben worden.

a. Inwiefern wird Ihre Partei diese Auszeichnung nutzen, um tatsächliche Fortschritte im Natur- und Umweltschutz in Hamburg zu erreichen?

b. Was sind dabei Ihre Schwerpunkte?

2. Biologische Vielfalt

Hamburg verfügt aufgrund der Vielfalt seiner Lebensräume noch über eine relativ hohe Artenvielfalt. Einzelne Arten sind jedoch stark gefährdet, was sich an den Roten Listen gut erkennen lässt. Dennoch sind große Potentiale vorhanden, die bewohnte Stadt naturnäher zu gestalten)

a. Wie wird Ihre Partei sich für die baldige Sicherung von 15% der Stadtfläche als Biotopverbund einsetzen und die zu seiner Pflege und Entwicklung erforderlichen Mittel bereitstellen?

b. Welche Maßnahmen zur Stabilisierung der Stadt-Natur auch außerhalb des Biotopverbundes und der Naturschutzgebiete wird Ihre Partei entwickeln und vorantreiben?

3. Naturschutzverwaltung auf Senatsebene

Die städtische Naturschutzverwaltung liegt aufgrund mangelhafter personeller Ausstattung mit wichtigen Aufgaben um Jahre im Verzug. Pflege-und Entwicklungspläne fehlen für diverse Naturschutzgebiete. Deren Umsetzung kann somit noch immer nicht angemessen gesteuert werden. Es gibt keine städtische Biodiversitätsstrategie. Für die Umsetzung von rechtlich gebotenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen wird die dafür gegründete Institution "Sondervermögen Natur und Landschaft" daran gehindert, Grundstücke zu denselben Konditionen zu erwerben, wie es andere städtische Institutionen seit langem dürfen.

a. Will Ihre Partei die städtische Naturschutzverwaltung für die bessere Wahrnehmung ihrer Aufgaben stärken? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

b. Will Ihre Partei dem Sondervermögen die gleichen Flächenerwerbskonditionen ermöglichen, die andere städtische Institutionen haben? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

4. Naturschutz-Verwaltung in den Bezirken

Aus Sicht des NABU Hamburg wurde der behördliche Naturschutz in den letzten Jahren durch Umstrukturierungen geschwächt. Aufgaben, wie die Verwaltung vieler Naturschutz¬gebiete, wurden in die Bezirke verlagert. Gleichzeitig verschwanden dort im Rahmen der Bezirksverwaltungsreform die Unteren Naturschutzbehörden. Baumschutzauflagen werden zu wenig überwacht, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen teilweise nicht vollzogen und der Biotopschutz vernachlässigt. Auch für den Vollzug der Ordnung in den Naturschutzgebieten fehlt es an Personal. Eine naturschutznahe Pflege der öffentlichen Flächen fehlt ebenso.

a. Werden Sie sich in den Bezirken dafür einsetzen, dass es für die Naturschutzplanung und deren Vollzug ausreichend qualifiziertes, mit ausreichenden Finanzmitteln und mit hinreichenden Entscheidungsbefugnissen ausgestattetes Personal geben wird?

b. Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

5. Konflikte zwischen Schutz und Nutzung in Naturschutzgebieten

Hamburg verfügt auf über 8% der Landesfläche über 31 Naturschutzgebiete. In diesen Gebieten gibt es auch zumeist forst- oder landwirtschaftliche Nutzungen. Aus Sicht des NABU müssen diese Nutzungen jedoch dem Naturschutz untergeordnet sein, so wie z.B. in Gewerbegebieten die Natur den Gewerbenutzungen untergeordnet wird.

a. Wird Ihre Partei sich dafür einsetzen, dass wirtschaftliche Nutzungen in Naturschutzgebieten dem dortigen Schutz der Natur untergeordnet werden?

b. Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

6. Gewässerschutz

Die Gewässer Hamburgs haben das Potential, wichtige Beiträge zu einer Vernetzung von naturnahen Lebensräumen in der Stadt mit hohem Erlebnis- und Freizweitwert zu leisten. In vielen Stadtteilen sind sie jedoch naturfern ausgebaut, wenig attraktiv und nach der EG- Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) in einem schlechten ökologischen Zustand.

Eine besondere Verantwortung hat Hamburg für die Verbesserung der ökologischen Situation der Elbe, die seit Jahrzenten durch Schadstoffeinleitungen, Eingriffe für die Schifffahrt und den Hochwasserschutz ökologisch erheblich beschädigt wurde.

a. Will Ihre Partei aktiv dafür eintreten, dass ein Investitionsprogramm für die naturnahe Entwicklung unserer Stadtbäche und der begleitenden Grünzüge aufgelegt wird?

b. Will Ihre Partei die "Stiftung Lebensraum Elbe" ausbauen und für die Verbesserung der ökologischen Situation der Elbe und ihrer Nebengewässer nutzen?

c. Wird Ihre Partei im nächsten Haushalt Gelder zur Umsetzung des Integrierten Bewirtschaftungsplans Elbe (IBP) bereitstellen?

7. Elbvertiefung

Jede weitere Vertiefung der Elbe führt zu einem unkalkulierbaren Risiko für das Ökosystem Elbe und die hier lebenden Menschen. Die Folgewirkungen sind erheblich: Sauerstofflöcher, Veränderung des Tide- und Strömungsverhaltens, Beseitigung von ökologisch wertvollen Flachwasserzonen, unkalkulierbare Steigerung des Sedimenttransportes und Verschlickung der Häfen.

a. Nehmen Sie diese schwerwiegenden ökologischen Folgen für einen weiteren Ausbau der Fahrrinne in Kauf?

b. Welche Möglichkeiten für eine Weiterentwicklung des Hamburger Hafens ohne eine erneute Vertiefung der Fahrrinne sehen Sie?

8. Klimaschutz

Der Klimawandel ist in der Vergangenheit unterschätzt worden. Die CO2 Emissionen pro Kopf müssen auch in Hamburg deutlich gesenkt werden. Nach der bisherigen Zielsetzung des Senates soll Hamburgs Treibhausgasausstoß im Jahr 2020 um 40% gegenüber dem Jahr 1990 gesenkt werden.

a. Will Ihre Partei an diesem Ziel festhalten und sind sie bereit, die notwendigen Maßnahmen dafür in der nächsten Legislaturperiode zu beschließen?

b. Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht vorrangig?

9. Stadtentwicklung und Flächenverbrauch

Der Verbrauch von Grün- und Freiflächen in Hamburg ist in den vergangenen zehn Jahren viel zu hoch gewesen. Natur und Lebensqualität mussten darunter leiden. Andererseits gibt es auch aktuell einen Mangel an Wohnraum vor allem für einkommensschwache Teile der Bevölkerung. Gleichzeitig bleiben viele Büro- und Gewerbebauten leer.

a. Wo und wie will Ihre Partei Flächen für den Wohnungsbau anbieten?

b. Welchen Flächenverbrauch pro Jahr hält Ihre Partei für vertretbar, ohne die Natur über die Maßen zu schädigen?

10. Internationale Bauausstellung (IBA)/internationale Gartenschau (IGS) 2013

2013 finden in Hamburg die Internationale Bauausstellung (IBA) und die Internationale Gartenschau IGS statt. Die IBA will beispielhafte Lösungen für städtebauliche Probleme einer Metropole finden und darstellen. Die IGS hat außerdem den Anspruch, auch den Naturschutz in der Stadt ernst zu nehmen. Die umfangreichen Baumfällungen zur Verwirklichung der Planungen in Wilhelmsburg begründen jedoch starke Zweifel an den ehrgeizigen Versprechungen.

a. Will Ihre Partei die für den Naturhaushalt wertvollen Flächen, die von IBA und IGS-Planungen betroffen sind, schützen? Wenn ja wie? Wenn nein, warum nicht?

b. Welche Schritte werden Sie unternehmen damit IBA und IGS im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung durchgeführt werden?

c. Wie wollen Sie sicherstellen, dass das von der IGS GmbH vorgelegte Naturschutz¬konzept bei der weiteren Verwirklichung der Internationalen Gartenschau umgesetzt wird?

11. Entwicklung des Süderelberaums

Die Belastungen von Mensch und Umwelt durch Lärm und Abgase nehmen in Hamburg ständig zu. Vermehrter Straßenbau ist häufig die Ursache für neue Verkehrsströme. Geplante Großprojekte wie der Bau der A 26 und der Hafenquerspange stellen nach Ansicht des NABU Hamburg schwerwiegende Eingriffe in den Naturhaushalt dar, führen zu einer Verkehrssteigerung und widersprechen deshalb auch den Klimaschutzzielen der Stadt.

a. Befürwortet Ihre Partei den Bau der A 26?
b. Befürwortet Ihre Partei den Bau der Hafenquerspange?
c. Auf welcher Trasse soll sie dann verlaufen?


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 5/11, 13.01.2011
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Hamburg
Osterstraße 58, 20259 Hamburg
Tel.: Tel. 040/69 70 89-12, Fax 040/69 70 89-12-19
E-Mail: NABU@NABU-Hamburg.de
Internet: www.NABU-Hamburg.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Januar 2011