Bund Naturschutz in Bayern e.V. - München, 25. März 2013
100 Jahre BUND Naturschutz in Bayern
100 Jahre erfolgreicher Einsatz für unsere Lebensgrundlagen in Unterfranken
Seit seiner Gründung im Jahr 1913 hat sich der BUND Naturschutz bayernweit für die Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen, wertvoller Lebensräume und Arten sowie einzigartiger Kulturlandschaften eingesetzt. Gerade in Unterfranken ist es gelungen, mit dem Ankauf wertvoller und bedrohter Biotope und großem ehrenamtlichem Einsatz von derzeit achtzehntausend Mitgliedern in 9 Kreis- und 92 Ortsgruppen wertvolle Heimatlandschaften - ob in der Rhön oder im Spessart- zu retten sowie landesweit beispielgebende Projekte zu initiieren. Aktuell setzt sich der BN besonders für die Bewahrung alter Buchenwälder in Unterfranken als Lebensraum für Wildkatze, Specht und Co. sowie für eine intelligentere Verkehrspolitik ein.
Ein weiteres Arbeitsfeld ist das breit gefächerte Engagement für eine ökologisch ausgerichtete Energiepolitik und für das Abschalten des AKW Grafenrheinfeld.
"Der BUND Naturschutz hat Unterfranken lebens- und liebenswerter gemacht", so BN-Landesvorsitzender Hubert Weiger. Mit dem Einsatz für Schutzgebiete wie das Biosphärenreservat Rhön, die ökologische Landwirtschaft, die Gentechnikfreiheit oder den naturverträglichen Ausbau erneuerbarer Energien gingen von Unterfranken wichtige Impulse für den Natur- und Umweltschutz in ganz Bayern aus.
"Gerade die Rettung des idyllischen Hafenlohrtals im Spessart, das die Staatsregierung mit einem großen Wasserspeicher zerstören wollte, zeigt, wie wichtig es ist, über viele Jahre hinweg konsequent ein Ziel zu verfolgen und den Widerstand auf eine breite Basis zu stellen" , unterstreicht Sebastian Schönauer, stellvertretender 2. Vorsitzender des BN und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Hafenlohrtalschutz.
"Schon lange vor den Auseinandersetzungen um die in Wackersdorf geplante atomare Wiederaufarbeitungsanlage hat der BN die Atomnutzung als ökologischen, energetischen und ethischen Irrweg angeprangert, eine umwelt- und ressourcenschonende Energieerzeugung propagiert und damit im öffentlichen Bewusstsein ebenso wie auf politischer Ebene zentrale Voraussetzungen für den Atomausstieg geschaffen, die heute eine Sofortabschaltung des besonders risikoreichen AKWs Grafenrheinfeld ermöglichen würden", so der BN-Landesbeauftragter Richard Mergner.
Gerade mit diesen Projekten erwarb der BN den Zielen des Natur - und Artenschutzes über Jahrzehnte hinweg große Akzeptanz in der Bevölkerung.
Die in Unkenntnis ihres Nahrungsspektrums und unter weitgehender Verkennung ihrer wichtigen Rolle in Wald-Ökosystemen über Jahrhunderte verfolgte Wildkatze ist durch die Öffentlichkeitsarbeit des BN mittlerweile zum Symbol dafür geworden, wie Biotop - und Artenschutz ineinander greifen und ein wirksamer Schutz für einzelne Arten nur über einen umfassenden Lebensraumschutz erreicht werden kann.
Erst wenn den ausgewilderten Katzen auf großen zusammenhängenden Flächen ein geeigneter, d. h. vielfältig strukturierter Lebensraum geboten wird und sie über "grüne Korridore" von einer "Waldbiotopinsel" zur nächsten gefahrlos wandern können, haben sie in ihrer angestammten Heimat wieder eine echte Überlebenschance.
Die für die Wildkatze unabdingbaren Lebensraumrequisiten finden sich in erster Linie in vielfältig strukturierten Wäldern mit altem Baumbestand mit Baumhöhlen, Wurzeltellern umgestürzter Bäume für die Jungenaufzucht in von der gewinnorientierten Holznutzung frei gestellten Waldgebieten. Dort bieten die natürlichen Prozesse von Werden und Vergehen nicht nur der Wildkatze einzigartige Überlebenschancen, sondern auch vielen sonst selten gewordenen Pflanzen- und Tierarten wie beispielsweise Igelstachelbart, Hohltaube, Mittelspecht oder Eremit. Zudem gehören sie zu den attraktivsten Erholungsräumen für naturverbundene Menschen.
Deshalb sieht es der BN als großen Erfolg an, dass es Anfang 2013 doch noch gelungen ist, den Fortbestand des Biosphärenreservates Rhön durch die Bereitstellung der notwendigen Kernzonenflächen für die Zukunft zu sichern. Damit ist gewährleistet, dass dort in den fast 4000 Hektar Kernzonenflächen Waldgebiete mit altem Baumbestand nicht weiterhin ökonomischen Nutzungszwängen unterliegen und sich zu "Urwaldbeständen aus zweiter Hand" entwickeln können.
Damit Deutschland und Bayern ihren internationalen Verpflichtungen für den Schutz alter Buchenwälder gerecht wird, setzt sich der BUND Naturschutz auch für die Ausweisung von Waldschutzgebieten im Spessart ein.
Unterfranken ist der mit Abstand laubholzreichste Regierungsbezirk in Bayern. Deutschland, insbesondere aber das Flächenland Bayern stehen international in großer Verantwortung, gerade Buchenwälder in ihrer ungestörten Entwicklung zu schützen. Denn in Bayern gibt es nur noch wenig alte Wälder in denen Bäume mehrere hundert Jahre alt und staatlich sowie "in Würde sterben" dürfen. Dieses Defizit hat die Bundesregierung anerkannt. Ende 2007 ist deshalb unter Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Stimmen der damaligen CSU-Bundesminister Horst Seehofer und Michael Glos beschlossen worden, dass bis 2020 zehn Prozent des öffentlichen Waldes einer natürlichen Entwicklung überlassen werden sollen, um den Erhalt des Buchenwaldnaturerbes gerecht zu werden. Von diesem Ziel ist Bayern jedoch immer noch weit entfernt. Hier sind nicht einmal 3 % der Staatswälder, also nur 25.000 ha dauerhaft geschützt und besteht demnach ein Defizit von über 50 000 ha.
Der BUND Naturschutz begrüßt es deshalb sehr, dass es endlich gelungen ist, das Biosphärenreservat Rhön durch die Ausweisung von über 3.900 Hektar an nutzungsfreien Kernzonen nicht nur zu sichern, sondern sogar zu erweitern. "Wir sehen es als wichtigen Schritt in die richtige Richtung an, dass die Staatsregierung ihre Blockadehaltung bei den Waldschutzgebieten aufgibt und dem Willen der Bevölkerung und der Kommunalpolitik in der Rhön nachgekommen ist", so Weiger. "Wir fordern deshalb Ministerpräsident Horst Seehofer auf, die von ihm als Bundeslandwirtschaftsminister persönlich mitbeschlossene Biodiversitätsstrategie des Bundes in Bayern als Ministerpräsident nun auch zügig umzusetzen, damit Bayern beim Waldschutz nicht zum Schlusslicht unter den Bundesländern wird."
Gerade Unterfranken besitzt noch ein herausragendes Potential für Waldschutzgebiete, das nicht durch hohe Nutzungsvorgaben für die Staatswälder auf´s Spiel gesetzt werden darf. "Wie in der Rhön, so fordern wir auch im Steigerwald, im Spessart und in den Hassbergen einen gezielten Schutz ökologisch wertvoller Wälder, um damit das fränkische Waldnaturerbe für kommende Generationen bewahren zu können", so Schönauer.
Die Verpflichtung, 10 Prozent des öffentlichen Waldes einer natürlichen Entwicklung zu überlassen sei keinesfalls zu hoch, da damit nur knapp fünf Prozent der Waldfläche Bayerns unter besonderen Schutz gestellt würden. Dazu zählen neben den beiden Nationalparks Bayerischer Wald und Berchtesgaden auch der vom BUND Naturschutz und vielen Mitstreitern seit Jahren propagierte Nationalpark im Steigerwald sowie größere Waldschutzgebiete im Spessart und im Ammergebirge. Hinzu müssen aber noch mittelgroße Schutzgebiete in der Rhön, im Spessart, im schwäbischen und fränkischen Jura, in den Hassbergen sowie in den Alpen kommen. Ergänzt und verbunden werden sollen Gebiete durch die schon bestehenden nutzungsfreien, vielfach aber noch zu kleinen Naturwaldwaldreservate sowie durch kleinflächige, alte Wälder.
Erst dann würden Deutschland und Bayern ihren internationalen Verpflichtungen gerecht und können auch für künftige Generationen ein Buchenwaldnaturerbe hinterlassen.
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Quelle:
Presseinformation PM 030-13 LFG Umweltpolitik, 25.03.2013
Herausgeber:
Bund Naturschutz in Bayern e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. April 2013