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WALD/096: Wald-Bilanz der Bundesregierung täuscht über Defizite hinweg (Greenpeace)


Gemeinsame Presseerklärung von BUND, Forum Umwelt und Entwicklung, Greenpeace und NABU - 8. Oktober 2014

Wald-Bilanz der Bundesregierung täuscht über Defizite hinweg



Berlin, 8.10.2014 - Umweltverbände sehen nach Vorstellung der Ergebnisse der dritten Bundeswaldinventur (BWI3) durch Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt weiterhin Defizite beim Waldnaturschutz. Laut Bericht der Bundesregierung ist der Bestand der Buchenwälder anteilig weiter gewachsen.

Zudem sind die Wälder im Vergleich zur Bundeswaldinventur von 2002 (BWI2) geringfügig älter geworden und verfügen über leicht gestiegene Holzvorräte. "Diese Ergebnisse sind begrüßenswert, dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Deutschland immer noch weit davon entfernt ist, eine internationale Vorbildrolle bei der ökologischen Waldnutzung und dem Waldnaturschutz einzunehmen", so BUND, Forum für Umwelt und Entwicklung, Greenpeace und NABU. Die Umweltverbände bedauern, dass die Ergebnisse zur BWI3 nicht umfassend veröffentlicht wurden, und werden sich, sobald diese vorliegen, nach dieser ersten, vorläufigen Bewertung ausführlich damit befassen.

"Die Zunahme der Buchenwaldfläche sagt nichts darüber aus, wie die Forstwirtschaft mit den seltenen, alten Buchenwäldern in Deutschland umgeht", sagt Greenpeace Geschäftsführerin Brigitte Behrens. "Fakt ist, dass hierzulande zu wenige Buchenwälder streng geschützt sind, obwohl Deutschland für deren Schutz die weltweit größte Verantwortung hat."

"Der Holzvorrat in unseren Wäldern liegt derzeit immer noch bei weniger als der Hälfte der Holzvorräte, die es in Urwäldern oder über lange Zeit ungenutzten Wäldern gibt", sagt Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). "Mehr Holz im Wald bindet auch mehr klimaschädliches Kohlendioxid und ist Voraussetzung für eine größere Artenvielfalt. Unsere Wälder müssen insgesamt deutlich älter werden, dies muss die Waldnutzung berücksichtigen", sagte Weiger. Die Naturschutzverbände kritisieren in dem Zusammenhang, dass die Auswertungen Bäume von über 160 Jahren pauschal zusammenfassen, was nicht einmal die Hälfte der Lebensspanne der Baumart Buche ausmacht. Damit sind keine differenzierten Aussagen zu den alten Wäldern möglich. Die Naturschutzverbände kritisieren zudem, dass die misslungene Bewertung der Naturnähe aus der vorhergehenden BWI übernommen wurde.

Zu wenig Waldschutz - erst 1,9 Prozent der deutschen Wälder streng geschützt

Derzeit werden nur 1,9 Prozent der deutschen Wälder dauerhaft forstwirtschaftlich nicht mehr genutzt und sind entsprechend rechtlich geschützt. Auf diesen Flächen können sich Waldstrukturen entwickeln, die vor allem auf Grund der vielen alten und dicken Bäume entstehen. Diese sind für den Erhalt der biologischen Vielfalt unverzichtbar. Nach Beschluss der Bundesregierung, der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS) von 2007, sollen bis zum Jahr 2020 fünf Prozent der deutschen Wälder dauerhaft ohne forstwirtschaftliche Nutzung sein. "Momentan gibt es von Seiten der meisten Bundesländer und der Bundesregierung nur halbherzige Schritte, um dieses Ziel zu erreichen", kritisiert NABU-Präsident Olaf Tschimpke. "Bundesregierung und Bundesländer als größte öffentliche Waldbesitzer müssen umgehend Maßnahmen beschließen, um neue Waldschutzgebiete einzurichten." Besonders zusammenhängende Wälder über 100 Hektar sollten dabei berücksichtigt werden.

"Es gibt keinen Holzmangel, aber die derzeitige Holzverwendung ist ökologisch und gesellschaftlich untragbar. Gut die Hälfte der verwendeten Holzmenge wird ohne vorherige anderweitige Nutzung verbrannt. Aus der anderen Hälfte werden zu großen Teilen kurzlebige und Verpackungsprodukte erzeugt", so Jürgen Maier vom Forum Umwelt und Entwicklung. Wenn durch Holzprodukte energieintensive Rohstoffe ersetzt werden sollen, muss die Holzindustrie verstärkt Lösungen für die Verwendung von Laubholz in langlebigen Produkten anbieten können. Nur dann machen Holzprodukte wirklich Sinn.

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Quelle:
Presseerklärung, 08.10.2014
Greenpeace e.V., Pressestelle
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Oktober 2014