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WALD/127: Bonn Challenge - Eine Initiative zum Wiederaufbau von Wäldern (FUE Rundbrief)


Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 3/2016
Völlig losgelöst
Lässt sich die EU noch demokratisieren?

Bonn Challenge
Eine Initiative zum Wiederaufbau von Wäldern

Von László Maráz


Seit Jahrzehnten lebt die Menschheit auf Kosten von Wäldern, die degradiert oder zerstört werden. Statt die Schäden zu reparieren, wird meist nur überlegt, wie man Wälder noch besser, nachhaltiger und effizienter bewirtschaften und in Wert setzen könnte. Die riesigen entwaldeten und degradierten Flächen - etwa 2 Milliarden Hektar nach Aussage des World Resources Institute - sind erst mit der 'Bonn Challenge'(1) ins Blickfeld geraten. Heute werden sie als wesentlicher Ansatz zu einer nachhaltigen Entwicklung und Umsetzung der Sustainable Development Goals (SDGs) gesehen.


Nun will man die wichtige Aufgabe anpacken: die Aufforstung, Wiederbewaldung und Restaurierung ehemaliger Waldökosysteme. Auf der ersten internationalen Konferenz 'Bonn Challenge' setzten sich 2011 Minister, Unternehmens- und VerbändevertreterInnen unter Federführung des Bundesumweltministeriums zum ersten Mal ein konkretes Ziel für den Wiederaufbau von Wäldern: 150 Millionen Hektar bis zum Jahr 2020, eine Fläche viermal so groß wie Deutschland. Der Wiederaufbau von Wäldern ist ein wichtiger Lösungsansatz für 3 der drängendsten Probleme unserer Zeit: den Klimawandel, das Artensterben und die nachhaltige Entwicklung.

Klarere Kriterien könnten die Umsetzung verbessern

Mit Zusagen über 113 Millionen Hektar könnten 71 Prozent dieses Ziels erreicht werden.(2) Über 25 Länder beteiligen sich daran und in einigen Ländern wie El Salvador, Ruanda und Mexiko hat die Umsetzung bereits begonnen. Wie viele Wälder in den letzten 5 Jahren geschaffen wurden, wird in den kommenden Jahren in einem neuen Fördervorhaben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), dem 'Bonn Challenge Barometer', erfasst werden. Wie der Wiederaufbau von Wäldern angelegt bzw. angegangen werden soll, dafür gibt es keine Vorgaben oder Kriterien. Ganz bewusst wurde im Rahmen der Bonn Challenge darauf verzichtet, da jedes Land oder jede lokale Gemeinschaft andere Bedarfe und Umsetzungsziele mit dem Wiederaufbau verfolgt bzw. verbindet. Entscheidend ist dabei auch, dass die Landnutzungsrechte und Menschenrechtsfragen ebenfalls beachtet werden und für die teilnehmende lokale Bevölkerung ein Vorteil aus dem Wiederaufbau sichtbar wird. Eine große Aufforstungsinitiative, die die regionale Umsetzung der Bonn Challenge in Afrika unterstützen soll, ist die vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) initiierte African Forest Landscape Restoration Initiative (AFR 100), die kürzlich in Ghana tagte und weitere 100 Millionen Hektar an Waldstrukturen bis 2030 in Afrika neu schaffen will.

Es sollte das Ziel sein, Wälder mit all ihren Funktionen aufzubauen. Günstig wäre es, die natürliche Regeneration zuzulassen, allenfalls unterstützt durch Pflanzung standortheimischer Bäume und Sträucher. Zu beachten ist auch, dass die beteiligten und betroffenen Menschen dringend Einnahmequellen brauchen. Das Resultat dürfen aber keine industriellen Holzäcker sein.(3)

Die Mehrung der Waldfläche wird als Maßnahme gegen den Klimawandel propagiert. Auf - je nach Definition - 3,5 bis 3,9 Milliarden Hektar (vor Beginn des Ackerbaues waren es 6,2 Milliarden Hektar) speichern Wälder in der ober- und unterirdischen Biomasse (ihren Pflanzen) und in den Böden gigantische Mengen von Kohlenstoffverbindungen. Aus nachwachsenden Rohstoffen wie Holz kann man viele Produkte herstellen, und zwar mit geringerem Energieaufwand als bei Metallen, Kunststoffen oder Beton. Die neuen Wälder könnten große Kohlenstoffmengen aufnehmen und sollen, so heißt es, die Emissionen der jeweiligen Länder verringern. Diese neuen Wälder könnten zusammen mit den noch vorhandenen Wäldern zu einem wichtigen Schlüssel beim globalen Klimaschutz werden - vorausgesetzt, man erkennt, dass wir sowohl eine Null-Entwaldung, als auch einen Wiederaufbau von Wäldern brauchen.

Wälder können fossile Emissionen nicht neutralisieren

Ein Missverständnis muss noch aufgeklärt werden: Wälder nehmen beim Wachstum Kohlenstoff auf, verringern aber keine Emissionen! Die Treibhausgase aus der Verbrennung fossiler Rohstoffe können sie nicht aufnehmen, sondern maximal die Menge an Kohlenstoff, die durch Waldrodung oder Holzernte in die Atmosphäre gelangt war und, damit bestenfalls eine historische Schuld begleichen.

Die Bonn Challenge ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Immerhin wird der Beitrag, den ein ambitionierter Wiederaufbau von Wäldern bis 2030 durch Speicherung des Kohlenstoffs leisten kann, auf bis zu 33 Gigatonnen CO2 geschätzt.(4) Damit Wälder zum Klimaschutz wirklich beitragen können, müsste aber die weltweite Entwaldung und Degradierung gestoppt werden. Erst daraus wird ein "globales Wald-Klimaschutz-Paket".


Autor László Maráz ist Koordinator der AG Wälder und Mitarbeiter im Forum Umwelt und Entwicklung.


Fußnoten

(1) www.bonnchallenge.org
(2) http://www.bmub.bund.de/presse/pressemitteilungen/pm/artikel/wiederaufbau-von-waeldern-kommtvoran/
(3) http://www.oaklandinstitute.org/darkerside-green.
(4) http://www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Naturschutz/bonn_challenge_2_hintergrund_bf.pdf


Das Forum Umwelt & Entwicklung wurde 1992 nach der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung gegründet und koordiniert die Aktivitäten der deutschen NROs in internationalen Politikprozessen zu nachhaltiger Entwicklung. Rechtsträger ist der Deutsche Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzverbände (DNR) e.V.

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Quelle:
Rundbrief 3/2016, Seite 35
Herausgeber:
Forum Umwelt & Entwicklung
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Telefon: 030/678 1775 93, Fax: 030/678 1775 80
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. November 2016

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