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ÖKOSYSTEME/116: Der Wert der Natur (Umwelt Perspektiven)


Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ

Umwelt Perspektiven
Der UFZ-Newsletter - Dezember 2017

Der Wert der Natur

von Kerstin Viering


Die Ökosysteme der Erde bieten eine große Palette von Leistungen an: Sie sind Lebensraum und Nahrungsquelle, natürliche Luftfilter und Kläranlagen. Sie regulieren das Klima, schützen vor Hochwasser und ermöglichen Wellness-Programme und Kuren gegen Krankheiten. Von all diesen Angeboten profitiert der Mensch - selbst in der Stadt. Doch er schätzt sie zu wenig und setzt sie sorglos aufs Spiel. Seit 2007 befassen sich deshalb Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler rund um den Globus mit dem ökonomischen Wert der Ökosystemleistungen. Ihre Ergebnisse sollen das Bewusstsein für den Wert der Natur schärfen und neue Argumente für deren Schutz liefern.


Grafik -Quelle: © UFZ / Umwelt Perspektiven Dezember 2017

Der ökonomische Wert des Stadtgrüns.
Quelle: © UFZ / Umwelt Perspektiven Dezember 2017


Grüne Nachbarn sind nicht zu unterschätzen. Daran lassen wissenschaftliche Studien inzwischen keinen Zweifel mehr. Während die Straßen- und Parkbäume in den Städten früher eher als schmückendes Beiwerk galten, rücken mittlerweile ihre Leistungen in den Mittelpunkt des Interesses. Und die können sich sehen lassen. So macht der Schatten unter den Kronen nicht nur heiße Sommertage erträglicher, er verhindert auch Straßenschäden durch zu hohe Temperaturen. Die Blätter produzieren Sauerstoff, filtern Schadstoffe aus der Luft und dämpfen den Lärm. Zudem sorgen Bäume in der Stadt für ein feuchteres Mikroklima und bieten einen Lebensraum für viele Tierarten. Nicht zuletzt fördern sie die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen.

Infolge des internationalen TEEB-Prozesses haben mittlerweile rund 30 Staaten weltweit eigene nationale Studien angestoßen.

Was aber ist das alles wert? Welcher Schaden entsteht, wenn Bäume Gebäuden, Parkplätzen und breiteren Straßen weichen müssen? Solche Fragen konnten Ökonomen lange nur mit einem Schulterzucken beantworten. Denn die positiven Wirkungen des Stadtgrüns lassen sich deutlich schwerer beziffern als der Nutzen der geplanten Baumaßnahmen. Das gilt auch für zahlreiche andere Dienstleistungen, die Ökosysteme rund um die Welt erbringen. "Deshalb werden solche Effekte oft nicht ausreichend berücksichtigt", erklärt Prof. Bernd Hansjürgens, Umweltökonom am UFZ. Wenn es gilt, zwischen verschiedenen Interessen abzuwägen, fällt die Entscheidung sehr oft zu Ungunsten des Naturschutzes aus.

Ändern sollte dies eine internationale Studie namens TEEB (The Economics of Ecosystems and Biodiversity), die im Jahr 2007 von der EU-Kommission während der deutschen G8-Präsidentschaft ins Leben gerufen wurde. Pavan Sukhdev, ein Ökonom der Deutschen Bank in Mumbai, übernahm die Leitung unter dem Dach der "Green Economy Initiative" der Vereinten Nationen. "Es wird Zeit zu erkennen, in welch großem Ausmaß Naturkapital zur Wertschöpfung und zum menschlichen Wohlergehen beiträgt", formulierte Sukhdev den Anspruch von TEEB.

Analog zum sogenannten Stern-Report, der die Ökonomie des Klimawandels untersuchte, sollte die TEEB-Studie für ein ähnliches Aufsehen im Bereich der Biodiversität sorgen. Die wissenschaftliche Koordination der zweijährigen internationalen TEEB-Studie, an der mehr als 100 Wissenschaftler aus 26 Ländern beteiligt waren, wurde dem UFZ übertragen - nicht ohne Grund: Schließlich konnte das UFZ durch seinen interdisziplinären Forschungsansatz nicht nur das notwendige ökologische Fachwissen, sondern auch die Expertise in der Ökonomie einbringen. Und es hatte Erfahrung darin, internationale wissenschaftliche Synthese-Projekte wie TEEB zu unterstützen und zu koordinieren.

Infolge des internationalen TEEB-Prozesses haben mittlerweile rund 30 Staaten weltweit eigene nationale Studien angestoßen, darunter Deutschland. Im Jahr 2012 startete das Projekt "Naturkapital Deutschland TEEB-DE", in dem sich bis Ende des Jahres 2017 Forscher und Praktiker unter Leitung des UFZ damit befassen, die Leistungen der Natur in Deutschland für den Menschen genauer zu beziffern. Als wesentliche Produkte der Zusammenarbeit von mehreren hundert Autoren und Gutachtern aus Wissenschaft, Verbänden und Politik entstanden thematische Berichte und Broschüren, die Fallbeispiele, Studien und Konzepte beschreiben. Dabei stehen jene Leistungen der Natur im Vordergrund, die größtenteils nicht über Märkte abgegolten werden: Regulierungsleistungen, kulturelle Leistungen und unterstützende Leistungen. Darüber hinaus wird gezeigt, wie sich bestehende Instrumente für den Erhalt und die nachhaltige Nutzung von Natur und Ökosystemleistungen verbessern und erweitern lassen.

Naturkapital Deutschland - TEBB-DE

Mehr als 300 Autoren und 150 Gutachter aus Wissenschaft, Verbänden und Politik haben ökonomische Argumente für den Erhalt des Naturkapitals in Deutschland zusammengetragen:

- Naturkapital und Klimapolitik [1]
- Naturkapital in ländlichen Räumen [2]
- Naturkapital in der Stadt [3]
- Naturkapital aus der Sicht von Unternehmen [4]

www.naturkapitalteeb.de


Beispiel Hitzestress und Luftschadstoffe: Stadtnatur reduziert Gesundheitskosten

Städte besitzen wegen des hohen Anteils versiegelter Fläche sowie der vielen Gebäude ein im Vergleich zum Umland deutlich verändertes Klima. Insbesondere an warmen Sommertagen können sich Hitzeinseln bilden - mit Temperaturen, die selbst in der Nacht nur wenig Abkühlung bringen. Stadtnatur und insbesondere Stadtparks bilden Kaltluftmassen, die sich auf die Bebauung in der näheren Umgebung kühlend auswirken. Um diesen Leistungen in Planungsprozessen das angemessene Gewicht zu verleihen, sollten ihre Wirkungen möglichst vollständig erfasst und übergreifende Strategien entwickelt werden. Vor allem Studien zu Auswirkungen auf die Gesundheit standen im Fokus. "Wir wollten wissen, inwieweit Bäume und Grünflächen helfen können, Krankheitsrisiken zu verringern und Todesfälle zu vermeiden", sagt Bernd Hansjürgens. Tatsächlich hat das Grün messbar positive Wirkungen auf das Herz-Kreislauf-System und entspannt stressgeplagte Stadtbewohner. Beides kann helfen, sehr teuren Gesundheitsproblemen vorzubeugen. So verursachen allein psychische Erkrankungen in Deutschland jedes Jahr knapp 16 Milliarden Euro wirtschaftliche Kosten durch Arbeitsausfall. Dazu kommen noch weitere 20 bis 30 Milliarden Euro im Gesundheitswesen.


Grafik -Quelle: © UFZ / UmweltPerspektiven Dezember 2017

Stadtgrün bildet kühlende Luftmassen.
Quelle: © UFZ / Umwelt Perspektiven Dezember 2017

Der Kühlungseffekt des Stadtgrüns kann sich ebenfalls medizinisch günstig auswirken. Statistiken zufolge hängen etwa in Berlin vier bis fünf Prozent aller Sterbefälle mit zu großer Hitzebelastung zusammen. Schätzungsweise 70.000 Tote forderten die Temperaturrekorde des Sommers 2003 europaweit. Da kann jedes Grad Abkühlung wichtig sein. In der Parkanlage "Großer Garten" in Dresden bleiben zum Beispiel die Grünanlagen um bis zu zehn Grad Celsius kühler als die bebauten Flächen ringsum. Doch nicht nur an heißen Sommertagen kann Stadtnatur Leben retten. Laut des Umweltbundesamts gibt es pro Jahr rund 47.000 vorzeitige Todesfälle infolge zu hoher Feinstaubbelastung - durch Atemwegserkrankungen, Herz-Lungen-Erkrankungen oder Lungenkrebs.

Durch eine Verbesserung der Luftqualität in den Städten lassen sich nach Einschätzung von Experten nicht nur Leben verlängern, sondern auch etwa 31 Milliarden Euro Kosten jährlich einsparen. Bäume können dabei wichtige Verbündete sein. Denn sie wirken wie natürliche Staubfilter, deren Blätter diese Belastung um fünf bis zehn Prozent reduzieren können. Krautige Pflanzen und Fassadenbegrünungen verstärken diesen Effekt.

Auch für das allgemeine Befinden der Stadtbewohner spielen Parks und Co. eine wichtige Rolle. Das ergab eine Studie, die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung zusammen mit der Technischen Universität Berlin für mehr als 30 deutsche Städte im Jahr 2015 veröffentlichte. Die Forscher kalkulierten, welchen Einfluss die Grünflächen rings um den Wohnort auf die Lebenszufriedenheit von Stadtmenschen haben. Ein Hektar mehr Grün im Umkreis von einem Kilometer bewirkt für einen einzelnen Einwohner demnach statistisch dasselbe wie ein zusätzliches Einkommen von 276 Euro pro Jahr. Auf Basis dieser Daten haben TEEB-Forscher am Beispiel des Berliner Stadtteils Wilmersdorf berechnet, dass den im Umkreis von einem Kilometer lebenden Menschen ein Hektar öffentliche Grünfläche insgesamt mehr als 2,5 Millionen Euro pro Jahr wert ist. Wenn man den örtlichen Immobilienpreis aufs Jahr umrechnet, kommt weniger als die Hälfte dabei heraus. So betrachtet lohnt sich die Zerstörung von städtischen Grünflächen also nicht.


Beispiel Grünlandumbruch: Ein gesellschaftliches Verlustgeschäft

Die TEEB-Forscher haben sich bei ihren Berechnungen aber nicht nur auf Städte konzentriert, sondern auch auf Ökosysteme in ländlichen Räumen. Dort kamen sie zu ähnlichen Ergebnissen. Rund fünf Prozent aller Wiesen und Weiden gingen in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren verloren. Das liegt zum einen daran, dass Vieh heutzutage häufig in Ställen gehalten und mit Kraftfutter ernährt wird. Zum anderen wird Grünland oft umgepflügt und muss dem Anbau von Energiepflanzen wie Mais und Raps weichen, weil die Agrarflächen ihrerseits oft durch Siedlungen und Straßen verdrängt werden. Besonders stark ist der Schwund beim artenreichen Grünland, das für den Naturschutz sehr wertvoll ist. Dessen Fläche ist bundesweit zwischen 2009 und 2015 um fast neun Prozent geschrumpft. Doch wenn eine Wiese zum Acker wird, bringt das Ökosystem nicht mehr dieselben Leistungen wie zuvor. Ungünstig wirkt sich die Umwandlung zum Beispiel auf die Klimabilanz aus: Durch das Umpflügen laufen im Boden andere mikrobiologische und chemische Prozesse ab, die größere Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid freisetzen. Jede zusätzliche Tonne Kohlendioxid aber verursacht nach Berechnungen des Umweltbundesamts einen Schaden von 120 Euro.


Der Umbruch von Grünland in Acker ist kostspielig. - Grafik -Quelle: © UFZ / Umwelt Perspektiven

Der Umbruch von Grünland in Acker ist kostspielig.
Quelle: © UFZ / Umwelt Perspektiven


Außerdem werden Äcker in der Regel gedüngt, was zu einer hohen Nitratbelastung von Boden und Grundwasser führen kann. "Damit haben wir in Deutschland ohnehin schon ein Riesenproblem", sagt Bernd Hansjürgens. So liegt bei etwa einem Viertel aller Messstellen der Nitratgehalt des Grundwassers über dem zulässigen Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter. Das bedeutet, dass dieses Wasser erst aufwendig behandelt werden muss, bis es sich als Trinkwasser eignet. "Die Kosten pro Kubikmeter Wasser, die in den Wasserwerken dafür anfallen, konnten wir gut für unsere ökonomischen Berechnungen verwenden", erklärt Bernd Hansjürgens.

Schwieriger ist es, die Folgen der Landschaftsveränderungen in Euro zu fassen. Zwar finden die meisten Menschen eine abwechslungsreiche Kulturlandschaft mit Blüten und Hecken attraktiver als eine monotone Agrarwüste. Doch was ist dieser Unterschied wert? Um das einschätzen zu können, verwenden Ökonomen gern sogenannte Zahlungsbereitschaftsanalysen. Dabei bekommen die Teilnehmer Bilder verschiedener Landschaften zu sehen und sollen dann angeben, was sie für eine attraktivere Variante zu zahlen bereit wären.

Aus all diesen Daten konnten die Forscher schließlich berechnen, welche ökonomischen Folgen der Umbruch von Grünland in Ackerflächen hat. Positiv schlägt dabei nur der höhere Ertrag zu Buche, der sich auf dem Acker erwirtschaften lässt. Die Kosten durch Kohlendioxid-Emissionen, Grundwasserbelastung und Landschaftsveränderungen aber liegen deutlich höher. Insgesamt ist die Umwandlung damit ein Verlustgeschäft, das die Gesellschaft zwischen 440 und 3.000 Euro pro Hektar und Jahr kostet. In ähnlichen Studien haben die Forscher im TEEB DE-Projekt auch den ökonomischen Nutzen von Mooren und Auen, Gewässerrandstreifen sowie Großschutzgebieten berechnet. "Unsere Ergebnisse sind in der Politik und in den Medien auf viel Interesse gestoßen", sagt Bernd Hansjürgens. Doch mit solchen Bewertungen allein sei für den Schutz der Natur noch nichts gewonnen. Die Forschung am UFZ geht deshalb weiter. "Wir brauchen noch mehr Beispiele, die den ökonomischen Wert der Natur belegen", sagt er. Damit man wirklich etwas erreiche, müssten die Ergebnisse in die Praxis gelangen. Dies ist in Deutschland aber nicht so einfach, hier geht es vor allem um das Kleingedruckte in Paragraphen und Gesetzestexten. Eine Umsetzung ist im Planungsrecht oder in der Gesetzesfolgenabschätzung möglich. So müssten zum Beispiel bei der Gesetzesfolgenabschätzung nicht nur wie bisher die Kosten der Auswirkungen eines Gesetzes beziffert werden, sondern auch dessen Nutzen. Diese Angaben fehlten aber bislang.


Forschungsansatz im Fadenkreuz des klassischen Naturschutzes

Überzeugend ist die Herangehensweise der TEEB-Forscher aber nicht für jeden. Vor allem unter Naturschützern gibt es etliche, die mit der ökonomischen Betrachtungsweise Schwierigkeiten haben. Sie fürchten, dass dieser Ansatz den Ausverkauf der Natur eher vorantreibe als stoppe. Was ist zum Beispiel, wenn der Wert der Ökosystemleistungen in einem Gebiet zehn Millionen Euro beträgt, ihre Zerstörung aber zwölf Millionen einbringen könnte? Zieht die Natur dann nicht automatisch den Kürzeren? "Das ist ein Missverständnis", betont Bernd Hansjürgens. "Wir sind überhaupt nicht dafür, solche Abwägungen dem freien Markt zu überlassen." Umwelt- und Naturschutz müssten eine öffentliche Aufgabe bleiben. Es gehe nur darum, den Wert der Natur deutlicher zu machen. Und zwar auf genau der wirtschaftlichen Basis, auf der heutzutage viele Entscheidungen getroffen werden.

Es gibt allerdings auch Kritiker, die solche ökonomischen Argumente nicht gern benutzen. Sie wenden ein, dass die Natur doch vor allem um ihrer selbst willen geschützt werden müsse und nicht aufgrund von Nützlichkeitserwägungen. Solche Überlegungen kann Bernd Hansjürgens durchaus nachvollziehen. "TEEB stellt natürlich die Interessen des Menschen in den Mittelpunkt", sagt er. Das bedeute aber nicht, dass idealistischere Beweggründe nicht ebenso berechtigt seien. Zudem habe der Wert der Natur durchaus Facetten, die sich mit ökonomischen Methoden schlecht erfassen lassen.



Praktische Umsetzung: Die Tücken vor Ort

Beim Praxistransfer und bei der Diskussion mit lokalen Behörden hat die UFZ-Politologin Dr. Heidi Wittmer im internationalen TEEB-Prozess reichlich Erfahrungen gesammelt. "Es ist ja gut, wenn man argumentieren kann, dass durch nicht naturgemäßes Wirtschaften soundso viele Milliarden Euro verloren gehen", sagt sie. Vor Ort aber wollen Politiker, Behördenmitarbeiter und Naturschützer dann wissen: "Und was bedeutet das für uns? Was können wir machen? Und wie lassen sich die Interessen von Naturschutz und lokaler Bevölkerung möglichst effektiv unter einen Hut bringen?" Solche Fragen versuchen Heidi Wittmer und ihre Kollegen in verschiedenen Ländern rund um die Welt zu beantworten.

Wertvolle Erfahrungen haben sie zum Beispiel bei einem Projekt namens ECO-BEST in Thailand gesammelt. Dort waren die Forscher mit unterschiedlichen Problemen konfrontiert, für die sie in Zusammenarbeit mit den Menschen vor Ort Lösungen gefunden haben.

Die Bauern eines Dorfes im Norden des Landes beispielsweise waren hoch verschuldet. Sie bauten in traditioneller Weise Nutzpflanzen unter Bäumen an und trugen so zum Schutz der Landschaft bei. Doch das konnten sie sich in ihrer Situation eigentlich nicht mehr leisten. Also handelten die Projektmitarbeiter mit der örtlichen Agrarbank einen Deal aus: Die Bauern bekamen einen Schuldenerlass gegen die Zusage, naturverträgliche Bewirtschaftungsmethoden fortzuführen.

In einem anderen Fall im Süden des Landes wurden dagegen Bewohner einer 100.000 Einwohner-Stadt zur Kasse gebeten. Sie leben am Unterlauf eines Flusses und nutzen seit jeher dessen Wasser. Nun verbessern sie in ihrem eigenen Interesse die Qualität dieser Ressource, indem sie Bauern am Oberlauf für Aufforstungsmaßnahmen bezahlen.

"Patentrezepte, die überall funktionieren, gibt es nicht", resümiert Heidi Wittmer. Das zeigten die Erkenntnisse aus Thailand. Doch wie findet man den richtigen ökonomischen Ansatz, um den Naturschutz und die Interessen der Menschen vor Ort zu verbinden? Aus ihren Erfahrungen haben Heidi Wittmer und ihre Kollegen dazu einen Leitfaden mit Tipps und Anleitungen entwickelt, der sich weltweit anwenden lässt. In sieben Schritten führt er Praktiker von der Vorbereitung und der Organisation über die Recherche der Gegebenheiten vor Ort bis zum fertigen Aktionsplan und dessen Umsetzung. Mit dem Leitfaden stoßen die UFZ-Forscher international auf viel Interesse. In zahlreichen Ländern wie etwa Mexiko, Mikronesien und Papua-Neuguinea haben sie schon Fachkräfte und Entscheidungsträger beraten, aktuell gibt es Anfragen aus Peru und Kolumbien. Die Idee, Ökosystemleistungen und Biodiversität besser zu schützen, um dann auch selbst davon zu profitieren, leuchtet offenbar vielen ein.

Was also bleibt nach rund zehn Jahren Forschung zum Thema Ökonomie von Ökosystemen und Biodiversität außer einer Vielzahl von Publikationen? "In der Politik hat ein Umdenken stattgefunden", bilanziert Bernd Hansjürgens. Die Diskussion über Ökosystemleistungen und damit über den Nutzen der Natur für den Menschen habe weite Kreise gezogen. Profitiert habe auch das UFZ, das sich über TEEB noch stärker als Marke für Biodiversität und Ökosystemleistungen etablierte. Dem Vergleich mit dem renommierten Stern-Report könne TEEB gut standhalten. "Das Konzept der Ökosystemleistungen ist in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft voll angekommen", sagt Bernd Hansjürgens.


Nachfolgeprojekte des internationalen TEEB-Prozesses mit UFZ-Beteiligung

Naturkapital Deutschland - TEEB DE [5] (2012 - 2017) führt die internationale TEEB-Initiative auf nationaler Ebene fort.

• Das Projekt ECO-BEST [6] (2011 - 2015) untersuchte in Südostasien ökonomische Anreize für die lokale Bevölkerung, um den Verlust der terrestrischen Biodiversität zu stoppen.

• Das Projekt ValuES [7](2013 - 2018) unterstützt Fachkräfte, Berater und Entscheidungsträger in Ministerien und Organisationen darin, Ökosystemleistungen zu berücksichtigen.

• Das Projekt Unlocking Forest Finance [8] (2013 - 2018) entwickelt innovative Finanzierungsmechanismen für Waldschutz im Amazonasgebiet in Brasilien und Peru.

• Das Projekt Förderung ökosystembasierter Anpassung in Melanesien und Mikronesien [9] (2015 - 2018) untersucht, wie sich Inselstaaten an den Klimawandel anpassen können.

• Das Projekt INTERACT-Bio [10] (2017 - 2020) verankert das Management von Biodiversität und Ökosystemen als sektorale Querschnittsaufgabe und als gemeinsame Aufgabe von nationalen und subnationalen Behörden in Stadtregionen Brasiliens, Tansanias und Indiens.

TEEB-Leitfaden für die Praxis [11]



Links:

[1] http://www.naturkapital-teeb.de/fileadmin/Downloads/Projekteigene_Publikationen/TEEB_DE_Broschuere_Klimabericht_Kurzfassung_barrierefrei.pdf
[2] http://www.naturkapital-teeb.de/fileadmin/Downloads/Projekteigene_Publikationen/TEEB_Broschueren/TEEB_DE_Landbericht_Kurzfassung__2_.pdf
[3] http://www.naturkapital-teeb.de/fileadmin/Downloads/Projekteigene_Publikationen/170116_UFZ_TEEB_Broschuere_KF_Bericht3_Stadt_BF.pdf
[4] http://www.naturkapital-teeb.de/fileadmin/Downloads/Projekteigene_Publikationen/TEEB_Broschueren/TEEB_DE_Die_Unternehmensperspektive.pdf

[5] http://www.naturkapital-teeb.de/
[6] http://www.ufz.de/index.php?de=35930
[7] http://www.ufz.de/index.php?de=35953
[8] http://www.ufz.de/index.php?de=42485
[9] http://www.ufz.de/index.php?de=41005
[10] http://www.ufz.de/index.php?de=43652
[11] http://www.ufz.de/export/data/2/80087_ESO_Guidelines_2015.pdf

*

Quelle:
Umwelt Perspektiven / Der UFZ-Newsletter - Dezember 2017, Seite 4 - 9
Herausgeber:
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
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Internet: www.ufz.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Juni 2018

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