Schattenblick → INFOPOOL → UMWELT → FAKTEN


VERKEHR/1093: Dicke Pötte, dicker Rauch - Der Schiffsverkehr hat Nachholbedarf, (Naturschutz heute)


NATURSCHUTZ heute - Heft 4/16
Mitgliedermagazin des Naturschutzbundes (NABU) e.V.

Dicke Pötte, dicker Rauch

Der Schiffsverkehr hat Nachholbedarf.


Frachtschiffe sind für ihre gute Klimabilanz bekannt. Das stimmt aber nur in Bezug auf Kohlendioxid. Bei Luftschadstoffen wie Ruß und Stickoxiden (NOx), die auch das Klima schädigen, sieht es deutlich schlechter aus. Der Warentransport auf Seewegen macht heute 90 Prozent des gesamten Welthandels aus. Seine Bedeutung ist also enorm. Doch abgesehen von den Häfen finden diese Verkehrsströme weitgehend "unter Ausschluss der Öffentlichkeit" auf den Weltmeeren statt.

Die meisten Schiffsemissionen entstehen in unmittelbarer Küstennähe, von wo aus sie weit ins Landesinnere getragen werden. Global betrachtet werden 80 Prozent aller Schiffsabgase in einer Entfernung von nur 400 Kilometern zur Küste ausgestoßen. In der Nordsee sind es sogar bis zu 90 Prozent der Schiffsabgase, die innerhalb von nur 90 Kilometern Entfernung zur Küste emittiert werden, was sie für Mensch und Natur besonders gefährlich macht.

Katalysatoren und Filter fehlen
In der Hochseeschifffahrt werden Rückstände aus der Rohölaufbereitung mit sehr hohen Schwefel- und Schwermetallgehalten als Kraftstoff eingesetzt. Schiffstreibstoff darf bis zu 3.500 mal mehr Schwefel enthalten als Treibstoffe an Land.

Allein die 15 größten Schiffe der Welt stoßen pro Jahr so viele Schwefeloxide aus wie 760 Millionen Autos.

Und anders als fast bei allen Dieselmotoren an Land gibt es kaum ein Schiff, das einen Stickoxidkatalysator oder einen Dieselrußpartikelfilter einsetzt. Stickoxide und Ruß tragen erheblich zum Klimawandel bei. Zudem sterben allein in Europa jährlich etwa 50.000 Menschen vorzeitig an den Gesundheitsfolgen der Schiffsabgase. Mit zunehmender Globalisierung, durch günstige Produktionskosten in fernen Ländern, einem wachsenden Konsum und billigen Treibstoffkosten fahren immer mehr und immer größere Schiffe sehr weite Strecken - und verbrauchen immer mehr Schweröl. Dementsprechend sind die Emissionen der Schifffahrt immens. Allein die 15 größten Schiffe der Welt stoßen pro Jahr so viele Schwefeloxide aus wie 760 Millionen Autos.

Minimale Mehrkosten
Doch weniger schädliche Kraftstoffe und wirksame Abgastechnik sind verfügbar und kosteneffizient. Bei einem Umstieg auf schwefelarmen Treibstoff und mit dem Einsatz von Abgastechnik würden die Mehrkosten je transportiertem Produkt nur geringfügig steigen. So zeigen Berechnungen des NABU, dass ein Paar Schuhe drei Cent, ein Tablet-PC einen Cent und ein T-Shirt sogar nur 0,2 Cent mehr kosten würde. Da diese Mehrkosten im Promillebereich des Verkaufspreises liegen, ist kaum mit einem Konsumrückgang oder ökonomischen Verlusten zu rechnen. Volkswirtschaftlich rechnet sich die Nachrüstung ohnehin. Durch die Verbesserung der Luftqualität ließen sich Schäden in Milliardenhöhe vermeiden.

Der NABU fordert deshalb von Unternehmen, die ihre Güter auf hoher See transportieren lassen, bei ihren Reedern und Logistikdienstleistern saubere Transporte einzufordern und diese auch zu buchen, sobald sie in Form von Schiffen mit saubererem Kraftstoff und Abgastechnik zur Verfügung stehen.

Segelfrachter als Alternative
Einen ganz anderen Weg geht die Hamburger Firma Sailing Cargo. Sie will einen neuen Typus von Segelfrachter bauen lassen. Der "Ecoliner" basiert auf einem bereits vor Jahrzehnten eigens für Frachtschiffe entwickelten System mit Segeln an automatisch drehbaren Masten. Das Segelsetzen geht minutenschnell. Umgesetzt wurde die Segeltechnik bereits bei der Großyacht "Maltese Falcon" des Milliardärs Tom Perkins. An der Frachtversion soll Volkswagen Interesse haben.

"Schiffe mit Windantrieb wären ein wichtiger Baustein für eine Dekarbonisierung der Schiffsantriebe. Die Technik ist vorhanden, sie wird bisher jedoch kaum eingesetzt. Es braucht nun mutige Akteure, die solchen Projekten mit Know-how und Umweltengagement endlich zum Durchbruch verhelfen", findet NABU-Verkehrsexperte Dietmar Oeliger.


Mehr zum Thema: www.NABU.de/Schifffahrt.

*

Quelle:
Naturschutz heute - Heft 4/16, Seite 16
Verlag: Naturschutz heute, 10108 Berlin
Tel.: 030/284984-1530, Fax: 030/284984-2500
Hausanschrift: Charitéstraße 3, 10117 Berlin
E-Mail: naturschutz.heute@nabu.de
Internet: www.naturschutz-heute.de
Herausgeber: NABU, 10108 Berlin
Tel.: 030/284984-0, Fax: 030/284984-2000
E-Mail: nabu@nabu.de
Internet: www.NABU.de
 
"Naturschutz heute" ist das Mitgliedermagazin
des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) e.V.
und erscheint vierteljährlich. Für Mitglieder
ist der Bezug im Jahresbeitrag enthalten.


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Dezember 2016

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang