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ENERGIE/1431: Energieeffizienz - Stiefkind der Energiepolitik (BUNDmagazin)


BUNDmagazin - 3/2011
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland - BUND
Friends of the Earth Germany

Energieeffizienz
Stiefkind der Energiepolitik

von Irmela Benz


Bundeskanzlerin Merkel lässt kaum eine Gelegenheit aus, um den effizienten - also sparsamen und möglichst wirkungsvollen - Gebrauch von Energie als Schlüssel für die Energiewende zu bezeichnen. Doch die Bundesregierung nimmt diesen Schlüssel nicht zur Hand, auch in ihrem Gesetzespaket zur Energiewende nicht.

Das Potenzial ist gewaltig: Bis zu zehn Atommeiler ließen sich durch eine Verringerung des Stromverbrauchs einsparen - hochwirtschaftlich, mit bereits verfügbarer Technik und ohne Komfortverlust. Der Netzausbau könnte dann moderater ausfallen, und der Weg zu einer hundertprozentig erneuerbaren Energieversorgung wäre geebnet. Umso unverständlicher ist, warum das Thema Effizienz ein Stiefkind der deutschen Energiepolitik bleibt.


Verbindlichkeit und Anreize

Um mit der Energiewende ernst zu machen, müsste die Bundesregierung verbindliche Sparziele definieren. In ihrem Energiekonzept vom Herbst 2010 hat sie zwar ein ambitioniertes Ziel beschrieben: Bis 2020 will sie den Stromverbrauch um zehn Prozent senken (im Vergleich zu 2008). Doch ist dieses Ziel weder rechtlich bindend noch mit entsprechenden Maßnahmen hinterlegt. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft werden nicht ernsthaft auf dieses Ziel ausgerichtet.

Mit hoher Effizienz kann viel Energie gespart werden. Effizienz bedeutet, eine Dienstleistung - wie die Kühlung von Lebensmitteln - mit wenig Energieaufwand zu bewerkstelligen. Nun ist ein hocheffizienter Kühlschrank zwar teurer, macht den Aufpreis aber durch die später gesparten Stromkosten schnell wieder wett. Leider wiegt jedoch für die meisten Menschen - ob Privatperson oder Unternehmer - der gesparte Cent im Hier und Jetzt mehr als ein gesparter Euro in der Zukunft. Durch Abwrackprämien für die Stromschlucker unter den Kühlschränken, Heizungspumpen oder Industriemotoren könnte die Bundesregierung die Anschaffung effizienterer Modelle erleichtern. Und je häufiger diese Nischenmodelle nachgefragt werden, desto schneller werden sie zu erschwinglicher Standardware.


Mehr Transparenz

Neben einer gesteigerten Effizienz muss auch die absolute Einsparung von Strom attraktiver werden. Denn trotz wachsender Effizienz steigt der Stromverbrauch in Deutschland stetig. Ein Grund ist der Trend zu immer mehr und immer größeren Elektrogeräten im Haushalt.

Ein bisher ungenutztes Potenzial für Einsparungen liegt zum Beispiel in mehr Transparenz. Wir alle profitierten, wenn die Händler die Stromkosten anzeigen würden, die ein bestimmtes Gerät im Laufe der Jahre verursacht. Wichtig wäre es auch, die Energieversorger zu verpflichten, die Kunden monatlich über ihren Verbrauch zu informieren. Allein diese regelmäßige Rückmeldung des eigenen Verbrauchs könnte geschätzte zehn Prozent Energie einsparen. Auch muss die Stromrechnung verständlich sein. So verdeutlichen Diagramme besser als Wertetabellen, wie sich der Verbrauch entwickelt hat. Mit der Angabe von Vergleichswerten könnten wir Kunden besser einschätzen, ob wir übermäßig viel Energie konsumieren oder ob die Verbannung eines Stromfressers Früchte getragen hat.

Energie sparen ist und bleibt der wichtigste Schritt zum Schutz des Klimas und der Ressourcen. Der BUND fordert seit Jahren einen Effizienzfonds einzurichten. Damit könnten Maßnahmen wie eine Abwrackprämie finanziert oder Beratungsangebote für bestimmte Zielgruppen entwickelt werden. Doch statt Industrie, Handel und Haushalten endlich den nötigen Schub zu verpassen, belässt es die Bundesregierung bei Lippenbekenntnissen. So verstreicht wertvolle Zeit - Zeit, die wir der Bundesregierung nicht länger geben dürfen.

Irmela Benz betreut das BUND-Projekt »Energieeffizienz«.

www.bund.net/stromsparen


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:

Ende 2005 erklärt der BUND den Klimaschutz zu einem neuen Schwerpunkt seiner Arbeit - der Eisbär auf dem Titel des BUNDmagazins 3/06 zeigt, warum. Weil die florierenden erneuerbaren Energien die Marktmacht der Stromkonzerne bedrohen, planen diese 25 neue Kohlekraftwerke - Ausgabe 4/07 wirbt für die Alternativen.


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Quelle:
BUNDmagazin 3/2011, Seite 19
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Friends of the Earth Germany
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
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Das BUNDmagazin ist die Mitgliederzeitschrift
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Oktober 2011