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EUROPA/259: Umstellung der EU-Maßnahmen auf eine 30%ige Reduktion der Treibhausgasemissionen (KEG)


Europäische Kommission - Brüssel, den 26. Mai 2010

Klimawandel: Aufruf der Kommission zu einer sachkundigen Debatte über die Auswirkungen einer Umstellung der EU-Maßnahmen auf eine 30%ige Reduktion der Treibhausgasemissionen, falls und sobald die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind


Die Europäische Kommission hat heute eine Analyse vorgestellt, in der Kosten, Nutzen und Optionen einer weiteren Senkung der Treibhausgasemissionen bis 2020 von 30% (statt 20%) unter die Werte von 1990 untersucht werden, sobald die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Zurzeit sind diese Voraussetzungen noch nicht erfüllt. Diese Mitteilung erfolgt im Anschluss an die Mitteilung "Die internationale Klimapolitik nach Kopenhagen: Jetzt handeln, um dem globalen Klimaschutz neue Impulse zu geben" und auf Wunsch des Rates, eine Abschätzung der Auswirkungen einer an bestimmte Bedingungen geknüpfte Umstellung auf eine 30%ige Reduzierung der Treibhausgasemissionen vorzulegen. Ebenfalls geprüft werden entsprechend den Anforderungen der EHS-(Emissionshandels-)Richtlinie die Maßnahmen, die zur Unterstützung energieintensiver Industriezweige gegen das Risiko der Verlagerung von CO2-Emissionen getroffen werden. Die Mitteilung macht deutlich, dass sich die Daten gegenüber den vor zwei Jahren bei der Vorlage des überarbeiteten EHS zugrunde gelegten Schätzwerten wegen der Verringerung der Emissionen in der EU infolge der Wirtschaftskrise und wegen der gesunkenen CO2-Preise geändert haben. Deshalb wurden im Licht dieser neuen Daten die Auswirkungen unterschiedlich ehrgeiziger Ziele als Anstoß zur Modernisierung der Wirtschaft in der EU und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze durch die Förderung der Innovation bei CO2-armen Technologien analysiert. Diese Analyse betrifft die Anstrengungen, die in den wichtigsten Wirtschaftszeigen erforderlich sind, um die Treibhausgasemissionen um mehr als 20% und bis zu 30% zu senken, wobei auch die Auswirkungen dieser Anstrengungen und etwaige Politikoptionen zu ihrer Verwirklichung untersucht wurden. Der aktuelle Kontext der angespannten öffentlichen Finanzen und der Rezession wird bei der Erörterung möglicher Alternativen ebenfalls in vollem Umfang berücksichtigt.

Hierzu erklärte Connie Hedegaard, EU-Kommissionsmitglied für Klimapolitik: "Die Frage, ob unser Reduktionsziel von 20% auf 30% angehoben werden soll, ist eine politische Entscheidung, die die leitenden Politiker zu gegebener Zeit treffen müssen. Natürlich hat die Überwindung der Euro-Krise unmittelbare Priorität. Aber die Kommission hat jetzt für die Zeit nach der Krise einen Beitrag für eine sachliche Diskussion vorgelegt. Diese Entscheidung muss nicht heute getroffen werden, aber ich hoffe, dass unsere Untersuchung Anstöße für die Debatten gibt, die in den Mitgliedstaaten über das weitere Vorgehen geführt werden."


Die Kosten für die Erreichung der Ziele

Seit 2008 sind die absoluten Kosten für die Erreichung des 20%-Ziels von 70 Mrd. EUR auf 48 Mrd. EUR (0,32% des BIP) jährlich bis 2020 zurückgegangen. Die Gründe hierfür sind vielfältig: So sind wegen des niedrigeren Wirtschaftswachstums die Emissionen gesunken, aufgrund höherer Energiepreise wurde einerseits die Energieeffizienz verbessert und andererseits die Energienachfrage eingedämmt, und der CO2-Preis ist deutlich unter den 2008 prognostizierten Wert zurückgegangen, weil die in der Rezession nicht genutzten EU-EHS-Gutschriften auf den folgenden Verpflichtungszeitraum übertragen werden. Allerdings erfolgte dieser Rückgang der absoluten Kosten im Kontext einer Krise, in der die Unternehmen wesentlich geringere Möglichkeiten haben, um kurzfristig die erforderlichen Investitionen für eine Modernisierung vorzunehmen.

20071 hat sich die EU verpflichtet, die Emissionsreduktion bis 2020 auf 30% zu erhöhen, wenn andere große Volkswirtschaften im Rahmen einer weltweiten Klimaschutzvereinbarung ebenfalls einen angemessenen Beitrag leisten. Die Kosten für die Erreichung des 30%-Ziels betragen nach gegenwärtigen Schätzungen bis 2020 jährlich 81 Mrd. EUR, also 11 Mrd. EUR mehr als die vor zwei Jahren veranschlagten Kosten für eine 20%ige Reduzierung. Die Kosten für das 30%-Ziel würden um 33 Mrd. EUR (0,2% des BIP) über dem Betrag liegen, den das 20%-Ziel nach heutigen Schätzungen kosten würde.


CO2-armes Wachstum

Weltweit erkennen die Länder die Möglichkeiten die ein umweltfreundliches, CO2-armes Wachstum zur Schaffung neuer nachhaltiger Arbeitsplätze und zur Verbesserung der Energieversorgungssicherheit bietet. Die Führungsposition Europas bei dieser Revolution ist aber nicht selbstverständlich, denn der globale Wettbewerb verschärft sich. Das 20%-Ziel galt als entscheidender Anstoß zur Modernisierung der Wirtschaft in der EU, aber jetzt, wo die CO2-Preise niedriger sind als erwartet, hat sich sein Potenzial als Anreiz für Wandel und Innovation abgeschwächt. Außerdem muss sich Europa auch auf sein langfristiges Ziel vorbereiten, als Mitglied der Gruppe der entwickelten Länder bis 2050 eine Verringerung der Treibhausgasemissionen um 80-95% zu optimalen Kosten zu erreichen.


Optionen zur Umstellung auf das 30%-Ziel

In der Mitteilung werden die Optionen dargelegt, die das EU-EHS und andere Bereiche zur Erreichung des 30%-Ziels bieten, so u. a. die Verringerung der Zahl der im Rahmen des EU-EHS versteigerten Zertifikate, eine Regelung zur Verbesserung der Energieeffizienz, der zielgerechte Einsatz steuerlicher Instrumente, gezielter Einsatz von Finanzmitteln im Rahmen der EU-Kohäsionspolitik zur Förderung umweltfreundlicher Investitionen und Verbesserung der Umweltwirksamkeit von im EU-EHS anerkannten internationalen CO2-Gutschriften.

Eine Maßnahme, die sogar schon vor einer etwaigen Umstellung auf das 30%-Ziel interessant wäre, ist die Verwendung von nicht zugeteilten kostenlosen EU-EHS-Zertifikaten für die Industrie zur Beschleunigung der Innovation bei CO2-armen Technologien, ähnlich wie beim laufenden, mit 300 Mio. Zertifikaten finanzierten Demonstrationsprogramm für innovative erneuerbare Energien und Technologien zur CO2-Abscheidung und -Speicherung.


Verlagerung von CO2-Emissionen

Die Kommission hat sich mit der Verlagerung von CO2-Emissionen energieintensiver Sektoren in Länder mit weniger strengen CO2-Vorschriften befasst.

Wichtigstes Ergebnis war, dass die bestehenden Maßnahmen zur Verhinderung der CO2-Verlagerung wie kostenlose Zertifikate oder der Zugang zu internationalen Gutschriften weiterhin gerechtfertigt sind. Die Analyse hat ergeben, dass eine Anhebung des Reduktionsziels auf 30 % in Bezug auf die Verlagerung von CO2-Emissionen begrenzte Auswirkungen hätte, wenn andere Länder ihre im Rahmen der Vereinbarung von Kopenhagen eingegangenen Verpflichtungen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen umsetzen, wenn an den bestehenden Maßnahmen festgehalten wird.

Die Kommission wird die Gefahr der CO2-Verlagerung weiterhin im Auge behalten, insbesondere in Bezug auf die Drittländer, die noch keine Maßnahmen zur Begrenzung der CO2-Emissionen getroffen haben. Eine der möglichen Maßnahmen, die weiterhin in Betracht gezogen werden sollten, ist die Einbeziehung von Einfuhren in das EU-EHS.


Weitere Schritte

Die Mitteilung wird zur Prüfung an die EU-Organe weitergeleitet.

Weitere Informationen unter:
http://ec.europa.eu/environment/climat/future_action_com.htm
MEMO/10/215 http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=MEMO/10/215&format=HTML&aged=0&language=EN&guiLanguage=en

1: Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 8./9. März 2007.


© Europäische Gemeinschaften, 1995-2009


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Quelle:
Pressemitteilung IP/10/618, 27.05.2010
Europäische Kommission (KEG), Brüssel
Internet: www.ec.europa.eu, www.europa.eu/rapid/


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juni 2010