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HOLZ/229: Gegen illegales Holz - WWF drängt auf ein effektives EU-Gesetz (WWF Magazin)


WWF Magazin 3/2009
WWF Deutschland - World Wide Fund For Nature

Gegen illegales Holz
WWF drängt auf ein effektives EU-Gesetz

Von Nina Griesshammer, WWF


Wurde für Ihre Schrankwand oder Ihren Gartentisch illegal Wald gerodet? Noch immer können Verbraucher beim Einkauf legales von unerlaubt geschlagenem Holz nicht unterscheiden. Bis heute gibt es EU-weit kein Gesetz, das die Einfuhr, den Handel und den Besitz von Holz und Holzprodukten aus illegalen Quellen unterbindet und die Herkunft der Hölzer transparent macht.

Die barfüßigen Holzfäller lenken ihre Lastwagen und Bulldozer durch den dichten Wald. Hier dürften sie eigentlich gar nicht sein, das Gebiet im Regenwald steht unter Schutz. Doch davon unbeeindruckt verschmutzen sie mit ihren Fahrzeugen und Maschinen die Flüsse mit Öl und Dreck und fällen unter ohrenbetäubendem Lärm jeden Baum, der ihnen vor die Motorsäge kommt. Das Spiel ist fast überall in Indonesien das Gleiche: Nach dem Kahlschlag brennen Holzfäller selbst Baumstümpfe und Sträucher nieder, um das Gelände besser begehbar zu machen. In manchen Regionen fängt dann sogar der Torfboden Feuer und die monatelangen Sehwelbrände setzen große Mengen Treibhausgase frei. Das Holz verkaufen die Holzfäller an große Unternehmen, die im Zweifelsfall nicht wissen wollen, woher die Ware stammt. Das bringt den Menschen zwar ein kurzfristiges Einkommen, doch auf Dauer zerstören sie damit ihre eigene Lebensgrundlage. Aber oft haben die Einheimischen keine Alternative.

Große Mengen dieses illegal geschlagenen und gehandelten Holzes landen in der Europäischen Union. Fast ein Fünftel des insgesamt in die EU importierten Holzes wird nach Berechnungen des WWF unter Missachtung geltender Gesetze gefällt und gehandelt. Es stammt nicht nur aus Indonesien, sondern auch aus China, Brasilien, Russland und anderen osteuropäischen Ländern. Mit einem Anteil von rund zehn Prozent steht Deutschland auf Platz drei der EU-Hauptabnehmerländer für Holz aus illegalen Quellen.

Illegale Rodung von Wäldern und Handel mit deren Hölzern ebnet erst die Schneisen für eine rasante Waldvernichtung durch skrupellose Großkonzerne, insbesondere in den Tropen. Jedes Jahr gehen so etwa 13 Millionen Hektar Wald - eine Fläche von der Größe Griechenlands - verloren. Außerdem wird rund ein Fünftel aller Treibhausgasemissionen weltweit durch Waldvernichtung verursacht - ein Problem ersten Ranges für das Weltklima.

In Europa werden bis heute Holz und Holzprodukte verkauft, ohne dass die geografische Herkunft oder die Rechtmäßigkeit der Gewinnung darauf deklariert sein muss. Daher kaufen viele Verbraucher unwissentlich Holz oder Holzprodukte, die aus Raubbau stammen.

Denn man sieht es dem Produkt nicht an. Selbst Hölzer heimischer Arten wie Fichte, Esche oder Ulme können illegal gewonnen worden sein. Denn sie kommen oft aus Osteuropa oder den baltischen Staaten, wo der illegale Holzanteil zwischen 25 und 50 Prozent liegt. Bei tropischen Holzarten ist er meist noch höher. Wer heute Holz aus Raubbau definitiv ausschließen will, kauft daher ausschließlich Holz- und Papierprodukte mit dem FSC-Siegel, das Raubbau verhindert und verantwortungsvolle Waldwirtschaft mit regelmäßigen Kontrollen garantiert (siehe Kasten).


Illegale Quellen austrocknen

Seit Jahren plädieren Umweltschutzorganisationen weltweit dafür, ein Gesetz gegen illegalen Holzeinschlag auf den Weg zu bringen. Doch von politischer Seite wurde es immer wieder verzögert. In Deutschland hatte man schon ein so genanntes "Urwaldschutzgesetz" bis in den Bundestag gebracht. Doch es wurde mehrmals abgelehnt - zuletzt 2006 durch die große Koalition mit Hinweis auf eine europäische Regelung. Im Oktober 2008 legte die EU-Kommission einen - wenn auch sehr schwachen - Verordnungsentwurf vor. Ein strenges Gesetz auf EU-Ebene würde auch der heimischen Waldwirtschaft zugutekommen. So müssten verantwortungsvoll arbeitende Unternehmen nicht gegen Konkurrenten mit illegaler Ware ankämpfen.

Der Verordnungsentwurf der EU-Kommission wurde nach Interventionen des WWF und anderer Umweltorganisationen im April dieses Jahres vom EU-Parlament in einer wesentlich verbesserten Fassung verabschiedet. Er soll alle an der Holzhandelskette beteiligten Unternehmen unter anderem zu einem Herkunftsnachweis ihres Rohstoffs verpflichten. Nun liegt der Ball beim EU-Rat der zuständigen Minister aus den EU-Mitgliedsländern. Dort gibt es starke Kräfte, darunter leider auch die Bundesregierung unter Federführung von Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner, die den Entwurf wieder verwässern wollen. Das wäre ein fatales Signal.

Der WWF appelliert daher an alle Entscheidungsträger, endlich durch ein klares Votum die illegale Holzmenge, die in die EU kommt, wirksam zu verringern und damit den Raubbau an den Wäldern entscheidend zu bremsen. Deutschland steht dazu nicht nur in der Pflicht, weil es ein Hauptabnehmer illegalen Holzes in Europa ist. Es könnte auch entscheidend zu einem klaren Votum beitragen: Mit Italien, Frankreich und Großbritannien verfügt Deutschland über die höchste Stimmenzahl innerhalb des EU-Rates.

Mehr zu FSC finden Sie unter www.wwf.de/fsc.


Was ist illegales Holz?

Als illegal werden Hölzer und Holzprodukte bezeichnet, wenn bei deren Fällen, Transport, Einkauf und Verkauf gegen nationale oder internationale Gesetze verstoßen wird. Zum Beispiel, wenn Nutzungsrechte am Wald durch Korruption erschlichen oder Landrechte missachtet werden, der Holzeinschlag ohne Genehmigung in Schutzgebieten erfolgt, geschützte Baumarten gefällt und Dokumente gefälscht werden. Vor allem in den letzten Urwaldregionen der Erde ist der Anteil besonders hoch: In Indonesien liegt der illegale Holzeinschlag bei mehr als 70 Prozent, in Russland bei bis zu 50 Prozent.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

• Kahlschlag bis zum Horizont: Der hellgrüne Fleckenteppich war auch einst Regenwald wie im Bild vorne jenseits des braunen Flusses - Luftaufnahme aus Brasilien. Illegaler Holzeinschlag gefährdet vor allem seltene Arten wie zum Beispiel den Nebelparder oder den Andenklippenvogel.

&Bull; Macht der Verbraucher: Wenn Käufer mehr ökologisch und sozialverantwortlich produzierte Hölzer nachfragten, würde sich auch die Situation der Bevölkerung in den Produzentenländern verbessern.


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Quelle:
WWF Magazin 3/2009, Seite 16-17
Herausgeber:
WWF Deutschland
Rebstöcker Str. 55, 60326 Frankfurt am Main
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Die Zeitschrift für Mitglieder und Freunde der
Umweltstiftung WWF Deutschland erscheint vierteljährlich


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. September 2009