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POLITIK/440: Rede von Norbert Röttgen zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des EEG, 06.05. (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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Rede des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Dr. Norbert Röttgen, zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vor dem Deutschen Bundestag am 6. Mai 2010 in Berlin:


Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Wir beschließen heute über Änderungen an einem Gesetz, das zu einem wichtigen Pfeiler der deutschen Energiepolitik geworden ist. Der Sinn des EEG ist, Technologien zur Gewinnung von Strom aus erneuerbaren Energien in den Markt einzuführen und zu fördern.

Der Staat muss sich dabei Schritt für Schritt zurücknehmen, weil die erneuerbaren Energien ihre Leistung im Markt erbringen müssen und erbringen werden. Weil das so ist, weil es um Markteinführung geht, müssen wir auf die stürmischen technischen Entwicklungen in diesem Markt reagieren. Immer wieder werden wir reagieren müssen.

Dass es zu Novellen kommt, ist kein schlechtes Zeichen und kein Grund für Traurigkeit, sondern ein gutes Zeichen; denn es ist Ausdruck der Innovationsfähigkeit und der Fortentwicklung der Technologien in diesen Märkten.

Weil es darum geht, Dynamik in diesen Markt zu bringen, und weil dieser Markt wächst, fehlt der Status-quo-Rhetorik, die Sie heute zelebrieren, jede Zukunftsorientierung und Zukunftsdynamik.

Man kann solche Politik nicht vom Status quo aus machen. Wir wollen doch die Erneuerbaren in den Markt bringen. Darum können wir bei dem Erreichten nicht stehen bleiben, sondern müssen vorangehen.

Wir werden vorangehen mit dem Ausbau der Solaranlagen in Deutschland. Im Unterschied zur früheren Regierung verdoppeln wir - ich glaube, dass Sie damit einverstanden sind - den Ausbau in diesem Bereich.

Im Vergleich zu Ihrer Zeit werden wir ein doppelt so hohes Wachstum der Solarflächen in Deutschland halten. Vielleicht sind Sie aus parteipolitischen Gründen neidisch. Sie sollten Ihren parteipolitischen Neid angesichts des Erfolges in der Sache zurückstellen.

Im letzten Jahr, 2009, sind die Systempreise für Fotovoltaikanlagen um 30 Prozent gesunken, und sie werden in diesem Jahr weiter sinken. Darum sage ich ganz ruhig: Auf einen Preisverfall von 40 bis 45 Prozent muss der Staat reagieren. Wir dürfen da nicht tatenlos zuschauen.

Bei so viel Aufregung, wie sie gerade herrscht, sind vielleicht die Zahlen am überzeugendsten: Im Jahr 2009 betrug der Anteil der Solarenergie an der Stromerzeugung 1 Prozent. Der Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung betrug 16 Prozent; 1 Prozent also entfiel auf die Fotovoltaik. Die Differenzkosten beziehungsweise die Förderkosten der Erneuerbaren, die die Stromkunden zu bezahlen haben, betrugen 8,2 Milliarden Euro. 4 Milliarden Euro davon entfielen ausschließlich auf die Fotovoltaikförderung.

Die Relation zwischen Förderung und Stromproduktion muss unter Kontrolle gehalten werden. Auch die Kosten, die wir den Stromkunden aufbürden, müssen unter Kontrolle gehalten werden. Es ist unfair, dass alle Stromkunden dafür bezahlen, dass einige wenige mit Investmentfonds Renditen in zweistelliger Höhe über 20 Jahre erzielen. Das ist auch aus sozialen Gründen nicht in Ordnung.

Darum ist es aus sozialen Gründen, aus technologiepolitischen Gründen und aus energiepolitischen Gründen schlicht geboten, auf diese Überförderung zu reagieren, sie zurückzunehmen und dadurch eine Marktstabilisierung zu erreichen. Das ist im Übrigen nichts Schlechtes, weil dadurch zugleich zum Ausdruck kommt, dass die Technologie erfolgreich ist. Es geht uns aber nicht nur um Reduzierung und Marktanpassung, sondern wir wollen auch den Markt in eine bestimmte Richtung steuern.

Darum erhöhen wir im Verhältnis zur gegenwärtigen Rechtslage insbesondere die Förderung für den Eigenverbrauch - also wenn keine Einspeisung ins Netz erfolgt, sondern der Anlagenbetreiber seinen selbstproduzierten Strom nutzt - stärker als bislang. Das halte ich für einen besonders wichtigen Punkt, weil das dazu führen wird, dass wir schon bald ein selbsttragendes Wachstum erzielen und wahrscheinlich schon 2013 Fotovoltaikstrom zu denselben Kosten produziert werden kann wie konventioneller Strom.

Ich halte die Eigenverbrauchsregelung auch deshalb für wichtig, weil wir damit Technik fördern, die Netze entlasten, einen Beitrag zur dezentralen Energieversorgung leisten und den Bürgern ein Angebot machen, mitzumachen. Jeder Einzelne kann mitmachen. Er kann Strom produzieren und verbrauchen. Ich glaube, das ist auch ein politisches Angebot, bei der Energieversorgung mitzumachen.Denn wir brauchen die Bürger für unseren Umstieg in der Energiepolitik.

Im Übrigen wird die Freiflächenförderung anders als nach der alten Regelung über 2014 hinaus fortgesetzt. Damit sollte ursprünglich Schluss sein. Auch das ist also eine Erweiterung der bisherigen Regelungen. Wir werden aber dafür sorgen, dass die Freiflächenförderung im Einklang mit den Regeln des Landschafts- und Naturschutzes umgesetzt wird, und darauf achten, dass kein Anreiz für zusätzlichen Landschaftsverbrauch geschaffen wird. Es ist also auch eine landschafts- und naturschutzpolitisch richtige Regelung.

Ich unterstreiche, was der Kollege Grund eben gesagt hat. Auf den Preiswettbewerb zwischen chinesischen und deutschen Produzenten hat die deutsche Einspeisevergütung praktisch keine Auswirkung.

Das ist ein eigenes Wettbewerbsverhältnis, auf das unsere Förderung keine Auswirkung hat. Aber eine Auswirkung hat unsere Förderung, nämlich hinsichtlich der Frage, womit wir auf den Weltmärkten bestehen zu können glauben. Diese Koalition gibt darauf eine eindeutige Antwort: Wir sind davon überzeugt, dass unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit von Innovationen abhängt. Unsere Losung heißt "Innovation statt Subvention". Das ist das Erfolgsrezept unserer Wirtschaft.

Wer glaubt, durch Dauersubventionen Wettbewerbsfähigkeit herstellen zu können, der muss schon ein ausgewiesener Wirtschaftsexperte wie unser Freund von der PDS sein, der anderen androht, man würde mit dieser Auffassung im eigenen Betrieb nicht lange überleben.

Dass wir diesen Punkt ernst nehmen, drückt sich darin aus, dass wir die "Innovationsallianz Photovoltaik" ins Leben gerufen haben und die Mittel für die Förderung der Forschung um bis zu 100 Millionen Euro aufstocken werden. Das heißt, Innovation, Forschung und Technologie sind der Weg, mit dem wir Erfolge erzielen werden.

Wir werden die Förderung an den Markt anpassen, auf den Erfolg in Form einer geringeren Subventionierung reagieren und Anreize schaffen, dass man sich nicht auf zweistelligen Renditen ausruht. Es soll nämlich so bleiben, dass man sich anstrengen muss, wenn man erfolgreich sein will. Bei dieser Maßnahme geht es überhaupt nicht darum, die Solarenergie in Deutschland zu beschränken beziehungsweise ihr etwas zu nehmen, sondern es geht bei dieser Maßnahme darum, dazu beizutragen, dass die Solarenergie verlässlich und stetig Erfolg auf den Märkten hat. Das ist unsere Philosophie, wie wir den erneuerbaren Energien zum Durchbruch verhelfen wollen.

Wir sind überzeugt davon, ich bin überzeugt davon, dass die Zukunft den erneuerbaren Energien gehört, aus Klimaschutzgründen und insbesondere aus Gründen der Ressourcenknappheit. Die natürlichen Ressourcen sind knapp, sie sind endlich, sie werden immer stärker nachgefragt werden, und darum wird der Verbrauch immer teurer werden. Wenn wir nicht von einer ressourcenverbrauchenden zu einer ressourceneffizienten Wirtschaft umschalten, dann haben wir die längste Zeit Wachstum gehabt.

Die Wachstumsstrategie, die wir verfolgen, ist allerdings keine Subventionsstrategie, sondern eine Marktstrategie. Das unterscheidet wahrscheinlich Regierung und Opposition in diesem Haus ganz grundsätzlich.


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Quelle:
Bulletin Nr. 49-2 vom 06.05.2010
Rede des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit,
Dr. Norbert Röttgen, zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Erneuerbare-Energien-Gesetzes vor dem Deutschen Bundestag am 6. Mai
2010 in Berlin
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Mai 2010