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RECHT/156: Seveso-III-Richtlinie - Gesetzestext in Kraft (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände
EU-Koordination

EU-News - Mittwoch, 01. August 2012 / Chemie & Nanotechnologie

Seveso-III-Richtlinie: Gesetzestext in Kraft



Der Text der neuen Richtlinie 2012/18/EU zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, die sogenannte Seveso-III-Richtlinie, ist vor kurzem im Amtsblatt der Europäischen Union erschienen. Umweltverbände hatten die Abschwächung des Entwurfs im Laufe der Verhandlungen scharf kritisiert.

Ziel der Richtlinie ist es "Bestimmungen für die Verhütung schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen und für die Begrenzung der Unfallfolgen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt" festzulegen. Zahlreiche Anlagen fallen nicht unter diese Richtlinie, beispielsweise die unterirdische Offshore-Speicherung von Gas, wofür es bisher - im Gegensatz zu ebenfalls ausgenommenen Anlagen wie Atomkraftwerken - bisher keine anderen Regelungen gibt. Die Mitgliedstaaten müssen bis zum 31. Mai 2015 die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur Umsetzung erlassen; diese gelten ab spätestens 1. Juni 2015.

Betreiber von unter die Seveso-III-Bestimmungen fallenden Anlagen müssen laut Seveso-III-Richtlinie ein schriftliches Konzept zur Verhütung schwerer Unfälle erarbeiten und dessen Umsetzung sicherstellen. Hierfür gibt es entsprechende Fristen, außerdem muss der Betreiber sein Konzept spätestens alle fünf Jahre überprüfen. Bei der geografischen Nähe zu anderen potenziell gefährlichen Betrieben muss im Zweifel auch an "Domino-Effekte" gedacht werden. Die zuständige Behörde für externe Notfallpläne muss dementsprechend informiert werden. Außerdem sind Sicherheitsberichte und interne Notfallpläne zu erstellen. Teilweise müssen diese Informationen auch der Bevölkerung zugänglich gemacht werden, entweder elektronisch dauerhaft einsehbar oder auf Anfrage.

Die zuständige Behörde darf eine Weiterführung oder Inbetriebnahme einer Anlage auch verbieten, wenn die vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zur Verhütung schwerer Unfälle "eindeutig unzureichend" sind. Außerdem müssen die Mitgliedstaaten ein Inspektionssystem einrichten und einen entsprechenden Inspektionsplan erstellen, der alle Betriebe auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene umfasst. Die Kontrollen sollen sowohl routinemäßig als auch nichtroutinemäßig durchgeführt werden. Betriebe der oberen Klasse sollen spätestens alle 12 Monate, Betriebe der unteren Klasse alle drei Jahre besichtigt und inspiziert werden. Bis zum 1. Juni 2015 sollen die Mitgliedstaaten Bestimmungen zu Sanktionen vorlegen, wie sie Verstöße gegen die Richtlinie ahnden wollen.

Eventuell wird die EU-Kommission noch Leitlinien zum Sicherheitsabstand und zu Domino-Effekten erarbeiten, das jedenfalls sieht Artikel 24 vor. Bis zum 30.09.2020 soll die EU-Kommission einen Bericht über die Umsetzung und "die effiziente Funktionsweise" der Richtlinie vorlegen - dies soll in der Folge dann spätestens alle vier Jahre wiederholt werden. Gegebenenfalls muss die Richtlinie dann geändert werden. Grundlage sind die von den Mitgliedstaaten zu übermittelten Daten. [jg]

Kritik der Umweltverbände an dem ausgehandelten Kompromiss:
EU-News vom 14.06.2012
http://www.eu-koordination.de/umweltnews/news/chemie/1542-eu-parlament-nimmt-schwache-seveso-iii-richtlinie-an
Text der Richtlinie im Amtsblatt
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2012:197:0001:0037:DE:PDF

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Quelle:
EU-News, 01.08.2012
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. August 2012