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TECHNIK/079: CO2 - Klimagasentsorgung im Untergrund? (UFZ-Spezial)


Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
UFZ-Spezial Dezember 2009: In Sachen Klimawandel

CO2 - Klimagasentsorgung im Untergrund?


Auch wenn in vielen Industriestaaten wie Deutschland erneuerbare Energien boomen und ihr Anteil am Gesamtenergiemix wächst, machen sie immer noch nur einen kleinen Teil aus. So werden herkömmliche Kraftwerke, die Kohle oder Erdgas verbrennen, noch eine Weile gebraucht und sind nicht aus den Klimaschutzverhandlungen in Kopenhagen wegzudenken. Da der fossile Rohstoff Kohle bei seiner Verbrennung all das CO2 wieder freisetzt, das er einst in geologischen Vorzeiten gebunden hatte, werden immer neue Konzepte zur Verringerung der CO2-Emissionen entwickelt. Die oft eher emotional statt sachlich geführten Diskussionen um das Für und Wider heizen sich mitunter ebenso auf wie die Erdatmosphäre selbst. Das wird beispielsweise auch an der aktuellen Debatte über eine Technologie deutlich, die das Potenzial besitzt, Kraftwerke sauberer zu machen: Carbon Dioxide Capture and Storage - kurz CCS.

Hinter CCS verbergen sich die Abscheidung des Kohlendioxids aus Rauchgasen und dessen dauerhafte Speicherung in tiefen geologischen Schichten. Dazu wird CO2 in den so genannten superkritischen Zustand versetzt und in poröse Gesteine injiziert. "Superkritisch" nennt sich ein fluider Aggregatzustand, der weder dem gasförmigen noch dem flüssigen entspricht, jedoch Vorteile von beiden vereint: hohe Dichte, geringe Viskosität. Bei der Injektion in erschöpfte Erdgas- oder Erdöllagerstätten ist die Chance sehr groß, dass im frei gewordenen Porenraum CO2 gelagert und gleichzeitig sogar Reste von Erdöl oder Erdgas gefördert werden können. Weitere Speichermöglichkeiten sind die Injektion von CO2 in tiefe, mit Salzwasser gefüllte Sedimentschichten.

Kohlendioxid bei technischen Prozessen abzuscheiden, ist heute beherrschbar. Auch der Transport per Tankwagen oder Pipeline ist erprobt und bekannt. Selbst die Bohrlochtechnologien für die Verbringung in den Untergrund sind aus der Erdgas- und Erdölförderung bestens entwickelt. Nur dass es beim CO2 nicht um Förderung, sondern Einlagerung geht. Zu diesem Thema werden weltweit in Pilotprojekten Erfahrungen gesammelt. Denn es gibt viele offene Fragen: Wie groß sind die Speicherkapazitäten und wie lange reichen sie aus? Werden durch das unter Druck injizierte CO2 seismische Mikroaktivitäten ausgelöst? Welche Auswirkungen können diese haben? Kann das verpresste Kohlendioxid im Laufe der Zeit wieder austreten?

Zur systematischen, sachlichen Klärung solcher und anderer Fragestellungen fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung mehrere Verbundprojekte zur CCS-Thematik. An deren Bearbeitung ist auch das UFZ beteiligt. Zu den Aufgaben gehört dabei die numerische Simulation des Kurz- und Langzeitverhaltens des injizierten Kohlendioxids in geologischen Formationen. "Man kann so schlecht in den Untergrund hineinschauen. Deshalb müssen wir mithilfe solcher Simulationen ein Gefühl dafür bekommen, was da unten passiert", erklärt Dr. Uwe-Jens Görke vom UFZ. "Dabei helfen uns langjährige Erfahrungen im Bereich der numerischen Simulation geotechnischer Vorgänge mit einem eigenen Softwarepaket (GeoSys)."

Bei der Injektion des CO2 und dessen späterer Ausbreitung im Reservoir laufen komplexe hydraulische, mechanische, thermische und chemische Prozesse ab, die sich gegenseitig beeinflussen. Deren gekoppelte Simulation wird gemeinsam mit Arbeitsgruppen der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, dem Helmholtz-Zentrum Potsdam, Deutsches GeoForschungszentrum (GFZ) sowie anderen Einrichtungen geplant und realisiert. Die Komplexität der Berechnungen stellt hohe Anforderungen an die Effizienz der Algorithmen und setzt Höchstleistungsrechentechnik voraus. Mithilfe des 3D-Visualisierungszentrums (TESSIN) am UFZ können außerdem die Simulationsergebnisse realitätsnah analysiert und interpretiert werden. "Unsere wissenschaftliche Arbeit lässt Ergebnisse numerischer Experimente und Szenarienstudien erwarten, die wichtige Hinweise auf eine mögliche Konzeptgestaltung der Injektionsprozesse und Langzeittrends in Georeservoiren geben", betont Görke.

Die ambitionierten globalen Klimaschutzziele werden ohne CCS als Übergangstechnologie kaum zu erreichen sein. Für deren Umsetzung ist in naher Zukunft nicht nur die Frage der technologischen Beherrschbarkeit der CO2-Speicherung auf wissenschaftlich fundierter Basis zu klären. Ebenso wichtig sind die Fragen von Akzeptanz, rechtlichen Rahmenbedingungen und der Integration in zukünftige Energieversorgungsstrukturen.   Doris Böhme


UFZ-Ansprechpartner:
•Dr. Uwe-Jens Görke
Dept. Umweltinformatik
Telefon: 0341/235-1804
e-mail: uwe-jens.goerke@ufz.de


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:

Im 3D-Visualisierungszentrum des UFZ werden verschiedene Projekte zur interaktiven räumlichen Darstellung und Interpretation geometrischer, physikalischer sowie anderer örtlich und zeitlich verteilter Daten bearbeitet. Die Abbildung zeigt ein geometrisches Modell eines Modellreservoirs.

Anmerlung der SB-Redaktion:
zum Thema siehe auch unter Umwelt → Fakten →
ENERGIE/1343: Carbon Capture and Storage - Aber wohin mit dem CO2? (Solarzeitalter)
www.schattenblick.de/infopool/umwelt/fakten/uine1343.html


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Quelle:
UFZ-Spezial Dezember 2009: In Sachen Klimawandel, S. 27
Herausgeber:
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Dezember 2009