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ARTENRAUB/178: Südasien - Wilderei bedroht Biodiversität (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 16. Oktober 2014

Südasien: Wilderei bedroht Biodiversität - Artenschutzaktivisten wollen Regierungen zum gemeinsamen Durchgreifen bewegen

von Stella Paul


Bild: © Kanya D'Almeida/IPS

Südafrikas Weiße Nashörner sind aufgrund intensiver Schutzbemühungen nicht mehr akut vom Aussterben bedroht
Bild: © Kanya D'Almeida/IPS

Pyeongchang, Korea, 16. Oktober (IPS) - Mehr als fünf Jahre lang lebte Maheshwar Basumatary von der Jagd auf wildlebende Tiere im Manas-Nationalpark, einem von der UNESCO als Welterbe anerkannten Tiger- und Elefantenreservat an der Grenze zwischen Indien und Bhutan. 2005 geriet der indigene Bodo schließlich in eine Polizeikontrolle und musste sein Gewehr abgeben. Seitdem kümmert sich der heute 33-jährige Mitarbeiter des 'International Fund for Animal Welfare' (IFAW) um junge verlassene Nashörner und Leoparden.

Die lokale Bevölkerung in den Schutz wildlebender Tiere und Pflanzen einzubinden, ist ein wirkungsvolles Mittel zur Verhinderung von Straftaten wie Wilderei, Schmuggel und dem illegalen Verkauf von Tierteilen. Darauf hat Maheshwar Dhakal, Ökologe des nepalesischen Umweltministeriums, auf einer Parallelveranstaltung der 12. Konferenz der Vertragsstaaten der UN-Artenvielfaltskonvention (COP 12) vom 6. bis 17. Oktober in der südkoreanischen Stadt Pyeongchang hingewiesen.


Armut fördert Wilderei

Dhakal zufolge ist es meist die Armut, die Menschen zu Wilderern macht. Deshalb sei es wichtig, Projekte zum Schutz der Artenvielfalt mit finanziellen Anreizen und Beiträgen zur Existenzsicherung zu verknüpfen. "Alle wollen mehr verdienen und gut leben. Die bloße Aufforderung, die Tiere zu retten, wird nicht ausreichen." Der Experte hob hervor, dass sich in seinem Land die Zahl der Wilderer mittlerweile zügig gegen null zubewege.

Die Jagd auf wildlebende Tiere und der Handel mit ihnen ist eine globale Gefahr, die Arten in ihrem Fortbestand bedroht, wirtschaftliche Verluste verursacht und Existenzgrundlagen zerstört. Laut dem kürzlich veröffentlichten Globalen Biodiversitätsausblick 4 (GBO-4), dem neuen CBD-Fortschrittsbericht, beläuft sich der illegale Handel mit wildlebenden Tieren und Pflanzen auf jährlich etwa 200 Milliarden US-Dollar.

Die verbotenen Geschäfte blühen unter anderem in Asien, wo sie einen Jahresumfang von etwa 19 Milliarden Dollar erreichen, wie der Verband Südostasiatischer Staaten (ASEAN) mitteilte. Strafverfolgungsbehörden beschlagnahmen regelmäßig Schmuggelwaren und Sendungen mit Tierkörperteilen von Krokodilen, Schlangen, Tigern, Elefanten und Nashörnern. Vor allem die Jagd auf Tiger und Rhinozerosse gibt in der Region Anlass zur Sorge, da diese Tiere vom Aussterben bedroht sind.

Wilddiebe sind insbesondere im Kaziranga-Nationalpark im nordwestindischen Bundesstaat Assam aktiv. In dem von der UNESCO als Welterbe geschützten Gebiet leben zwei Drittel der Weltpopulation von Panzernashörnern. Zudem kann der rund 480 Quadratkilometer große Park die weltweit größte Dichte an wildlebenden Tigern vorweisen. 2006 wurde er offiziell zum Tigerreservat bestimmt.

Im vergangenen Jahr lebten im Kaziranga-Park 2.553 Nashörner. Im selben Jahr wurden 21 Tiere getötet, wie Umweltminister Rakibul Hussain berichtete. In den vergangenen 13 Jahren erlitten insgesamt 126 Rhinozerosse das gleiche Schicksal.


Zusammenhang zwischen illegalem Tierhandel und Konflikten

Ein gemeinsamer Bericht des UN-Umweltprogramms UNEP und von Interpol sieht eine direkte Verbindung zwischen dem illegalen Handel mit Wildtieren und politischen Konflikten auf der Welt. Er beziffert den Umfang des illegalen Handels mit 213 Milliarden Dollar jährlich. Mit den Einnahmen würden zu einem großen Teil "kriminelle Vereinigungen, Milizen und Terrorgruppen finanziert", heißt es in dem Report.

Die Sicherheit und nachhaltige Entwicklung vieler Staaten wird dadurch bedroht. Mehrere Milizen in Zentral- und Westafrika sind demnach in illegale Geschäfte mit Tieren und Holz verwickelt. Die Profite, unter anderem durch den Verkauf von Elfenbein, bewegen sich dort zwischen vier Millionen und 12,2 Millionen Dollar im Jahr.

Ein weiterer Bericht, der im vergangenen Februar vom 'Chatham House', dem Königlichen Institut für Internationale Angelegenheiten in Großbritannien, veröffentlicht wurde, nennt als Beispiel die extremistische 'Lord's Resistance Army' (LRA), die offenbar mit sudanesischen Soldaten oder Wilddieben Elefantenstoßzähne aus der Demokratischen Republik Kongo gegen Waffen und Munition eintauscht.

Maadjou Bah, Mitglied der COP-12-Delegation aus dem westafrikanischen Land Guinea, sieht die Gefahr, dass die Wilderei der Verbreitung des tödlichen Ebola-Virus Vorschub leisten könnte. Seit dem Ausbruch im Dezember 2013 hat die Seuche von Guinea aus auf Liberia und Sierra Leone übergegriffen. Bislang sind mindestens 4.300 Menschen an der Krankheit gestorben. Obwohl die Regierung von Guinea 30 Prozent der Wälder des Landes unter Schutz gestellt hat, sind die Grenzen durchlässig. Schmuggel ist also eine kontinuierliche Gefahr.

Außer Primaten sind Flughunde als natürliche Überträger des Ebola-Virus bekannt. Da Flughunde Teil der globalen Schmuggelkette seien, könnte das Virus auf diesem Weg über die Grenzen der Länder hinausgelangen, in denen die Seuche derzeit wüte, warnte Anne-Hélène Prieur Richard, Exekutivdirektorin des in Paris ansässigen Artenschutz-Forschungsinstituts 'Diversitas'.


Einhaltung von Gesetzen lasch kontrolliert

Braullio Ferreira de Souza Dias, Exekutivsekretär der UN-Biodiversitätskonvention, macht für die andauernde Wilderei vor allem die zögerlichen Kontrollen zur Einhaltung von Gesetzen verantwortlich. Er empfahl, die Mitarbeiter der Strafverfolgungsbehörden entsprechend zu schulen und mit der notwendigen technischen Ausrüstung sowie mit Finanzmitteln auszustatten, damit sie effizient gegen die illegalen Aktivitäten vorgehen könnten.

"Sie müssen entsprechend bewaffnet werden", forderte auch Dhakal, der auch mehr Transport- und mobile Kommunikationsmittel für dringend erforderlich hält. Ansonsten könnten zwar Verdächtige festgenommen, aber keine Beweise gesichert werden. Letzeres sei besonders wichtig in Wäldern in Grenzgebieten. Die ungenügende Sicherung der Grenzen erleichtere es Wilderern, sich frei zwischen verschiedenen Ländern zu bewegen.

Die Zusammenarbeit der Regierung Nepals mit lokalen Gemeinden hat indes zu Fortschritten beim Schutz wildlebender Tiere geführt. 50 Prozent der Einkünfte der Nationalparks des Landes gingen direkt an die Gemeinden, die damit von der Wilderei abgehalten würden, so Dhakal. Die Erfolge dieser Strategie sind unübersehbar. Lebten in den 1970er Jahren in Nepal nur etwa 100 Tiger in freier Wildbahn, sind es inzwischen wieder 200, und die Behörden wollen die Zahl bis zum Jahr 2020 verdoppeln. Die Zahl der wild lebenden Nashörner ist seit den 1960er Jahren von knapp 100 auf 535 gestiegen.

Dhakal berichtete ferner, dass das 'South Asian Wildlife Enforcement Network' (SAWEN) mit Organisationen wie dem WWF und Interpol mehrere Regierungen in der Region überzeugen konnte, gemeinsam an einem Strang zu ziehen, um das Problem zu lösen. (Ende/IPS/ck/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/10/curbing-the-illegal-wildlife-trade-crucial-to-preserving-biodiversity/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 16. Oktober 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Oktober 2014