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ATOM/040: China - Regierung verschiebt Bau neuer Atomreaktoren im Landessinnern (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 8. November 2012

China: Regierung verschiebt Bau neuer Atomreaktoren im Landessinnern

von Richard Johnson



London, 8. November (IPS/IDN*) - Rund 19 Monate nach der Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima hält sich China mit dem Bau neuer Atomreaktoren zurück. So sollen in den Küstengebieten nur einige wenige und im Landesinnern in den nächsten drei Jahren gar keine Atommeiler entstehen.

Bereits in den Tagen, in denen Japan die schlimmste Katastrophe aller Zeiten erlebte, hatte Chinas Staatsrat (Kabinett) beschlossen, sämtliche Genehmigungen und Lizenzen für neue Atommeiler bis zur Entwicklung eines Sicherheitspapiers auszusetzen. Gleichzeitig wurde betont, dass die existierenden Kernkraftwerke jeder Sicherheitsüberprüfung, was ihre Stabilität, Sicherheit, Funktionsweise und ihren Standort angeht, standhalten würden.

Die Reaktoren, die damals in Betrieb waren, blieben weiterhin am Netz, und der bis dahin genehmigte Bau von 25 weiteren Meilern wurde fortgesetzt. Mit den beiden, die inzwischen fertig gestellt wurden, sind im Reich der Mitte derzeit 15 AKWs in Betrieb.

Wie die chinesische Nachrichtenagentur 'Xinhua' am 26. Oktober berichtete, hatte der Staatsrat unter Vorsitz von Ministerpräsident Wen Jiabao zwei Tage zuvor seine Pläne zur Entwicklung des chinesischen Energiesektors und zur nuklearen Sicherheit bis 2015 vorgestellt. In einer nach dem Treffen veröffentlichten Mitteilung heißt es, dass der Zwölfte Fünf-Jahres-Plan zur Energieentwicklung darauf abzielt, die Transformation der Energieproduktion zu beschleunigen und der Energiesicherheit höchste Priorität einzuräumen.

Unterstrichen wurde ferner die Notwendigkeit einer energieeffizienten Stromproduktion und -verwendung. Der landesweite Stromverbrauch müsse kontrolliert und ein sicheres, stabiles, wirtschaftliches, sauberes und modernes Energiesystem geschaffen werden.


Energiebedarf aus eigenen Quellen decken

Aus der gleichen Mitteilung geht hervor, dass Peking bestrebt ist, seinen Energiebedarf möglichst aus eigenen Quellen zu decken, auf effiziente und saubere Energieträger umzusteigen und den Bau von Energiespeicher- und -transportsystemen zu beschleunigen. Darüber hinaus sollen städtische und ländliche Gebiete gleichermaßen mit Strom versorgt werden, ein sparsamer Energiekonsum gefördert und private Investoren ermutigt werden, in den chinesischen Energiesektor einzusteigen.

Das chinesische Kabinett hat zudem die zwei seit März vergangenen Jahres diskutierten und bis 2020 laufenden Pläne zur Atomkraftsicherheit und zur Entwicklung von Atomkraft zugestimmt.

Erst nach einigen Jahren wird die Volksrepublik zu der Praxis zurückkehren, mehr Atomkraftwerke zu bauen. Bis 2015 jedenfalls sollen im Landesinnern keine und in den Küstengebieten nur einige wenige und überprüfte Atomreaktoren gebaut werden. Bei der Planung, dem Bau und dem Betrieb solcher neuen Anlagen würden höchste Sicherheitsstandards eingehalten, heißt es in der Mitteilung. Denn: "Sicherheit ist die Rettungsleine der Atomkraft."

China kündigte ferner die stetige Modernisierung der existierenden Rektoren und die Verwendung fortschrittlichster Technologien an. Zudem soll das Sicherheitsmanagement verstärkt, Forschung und Entwicklung zugunsten sicherheitsrelevanter Technologien und Equipment vorangetrieben und die Einhaltung von Sicherheitsstandards durch Gesetze und Bestimmungen gewährleistet werden.


Atomstrom spielt bei der Energieversorgung bisher untergeordnete Rolle

Derzeit bezieht China lediglich 1,8 Prozent seines Stroms aus Atomkraft. Der internationale Durchschnitt liegt bei 14 Prozent, heißt es in einem ebenfalls am 24. Oktober veröffentlichten Weißbuch. Bis 2040 erwarten die Behörden einen Anstieg der installierten Atomstromkapazität auf 40 Millionen Kilowatt.

Nach Angaben des Weltnuklearverbands WNA setzt China vor allem auf Druckwasserreaktoren. Grundsätzlich ist der Volksrepublik daran gelegen, Atomreaktoren und Ausstattung möglichst selbst herzustellen, wenngleich jede internationale Zusammenarbeit in dem Bereich gutgeheißen wird. (Ende/IPS/kb/2012)


Links:

http://www.world-nuclear.org/info/inf63.html
http://www.indepthnews.info/index.php/global-issues/1230-china-cautious-about-building-new-nuclear-plants

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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. November 2012