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GLOBAL/052: Brasilien - Regierung will Rio+20 zum Erfolg führen, Umweltorganisationen skeptisch (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 18. Mai 2012

Brasilien: Regierung will Rio+20 zum Erfolg führen - Umweltorganisationen skeptisch

von Fabiana Frayssinet

Frau beim Wasserschöpfen in Swasiland; Wasser ein wichtiges Thema in Rio - Bild: © Mantoe Phakathi/IPS

Frau beim Wasserschöpfen in Swasiland; Wasser ein wichtiges Thema in Rio
Bild: © Mantoe Phakathi/IPS

Rio de Janeiro, 18. Mai (IPS) - Als Gastgeberin von Rio+20 hat die Regierung Brasiliens Richtlinien definiert, die den bevorstehenden UN-Nachhaltigkeitsgipfel Rio+20 zum Erfolg führen sollen.

Die Konferenz dient der Revision und Stärkung der Projekte, die auf dem historischen Erdgipfel 1992 zur Umsetzung beschlossen wurden. Unabhängige Beobachter zweifeln jedoch daran, dass auf dem Treffen greifbare Ergebnisse erzielt werden.

Über den Entwurf des Gipfel-Abschlussdokuments gibt es bisher keinen Konsens. Die brasilianische Umweltministerin Izabella Teixeira rechnet dennoch mit positiven Ergebnissen. "Diejenigen, die nicht teilnehmen, werden es bereuen", erklärte sie und betonte, dass am Rio+20-Gipfel vom 20. bis 22. Juni die Staats- und Regierungschefs einflussreicher Schwellenländer teilnehmen werden.

Die Anwesenheit vieler Staatsoberhäupter wird als erster Schritt hin zu einem Erfolg der Rio-Konferenz gewertet. Dies zeige die große Tragweite des internationalen Interesses an dem Thema, sagte der Exekutivsekretär der nationalen Kommission Brasiliens für Rio+20, Luiz Alberto Figueiredo.

Nach Angaben des Koordinators des UN-Informationszentrums in Brasilien, Giancarlo Summa, haben bislang 135 Staats- und Regierungschefs, deren Stellvertreter und/oder Minister ihr Kommen bestätigt. von den insgesamt 193 UN-Mitgliedsländern werden 183 Delegationen nach Rio de Janeiro entsenden. Die EU hat die Teilnahme mit der Begründung abgesagt, die Hotelkosten seien zu teuer.

Teixeira geht davon aus, dass die Konferenz "außergewöhnlich" erfolgreich sein wird, wenn sie mit einer "Verpflichtung für alle" endet, die Zusagen bezüglich nachhaltiger Produktion und nachhaltigen Konsums einzuhalten. Ein solcher Konsum beinhalte "Rechte und Pflichten für alle", sagte sie kürzlich auf dem Nachhaltigkeitskongress, der von dem Brasilianischen Geschäftsrat für nachhaltige Entwicklung organisiert wurde.


Unternehmer sollen sich für 'grüne' Wirtschaft engagieren

Teixeira warb außerdem für eine Unternehmer-Plattform, die sich für eine 'grüne' Wirtschaft engagieren werde. Zugleich kritisierte sie, dass der private Sektor bei dem Erdgipfel vor 20 Jahren eine "sehr bescheidene" Rolle gespielt habe.

Figueiredo nannte indes mehrere Themen, die die brasilianische Regierung im Abschlussdokument berücksichtigt sehen will. So müsse die Konferenz der Zukunft ein "Vermächtnis" hinterlassen, erklärte der Diplomat. Der Erdgipfel 1992 habe eine "essentielle" Rolle dabei gespielt, "ganze Generationen zur Sorge um die Nachhaltigkeit zu bewegen". Er hoffe zudem, dass Rio+20 abstecken werde, "was wir im Zusammenhang mit einer grünen Wirtschaft erreichen wollen" und Ziele für die nachhaltige Entwicklung setzen werde.

Mit Blick auf die umstrittene Idee einer neuen UN-Umweltagentur sagte Figueiredo, die Regierung in Brasilia werde das bestehende Umweltprogramm UNEP unterstützen. "UNEP sollte als Pfeiler des Umweltschutzes gestärkt werden. In seinem derzeitigen Zustand ist es nicht in der Lage, diese Aufgabe adäquat zu bewältigen."

Brasilianische Umweltorganisationen werfen der Regierung von Staatspräsidentin Dilma Rousseff bei den Vorbereitungen für Rio+20 indes Führungsschwäche vor. Zudem kritisierten sie, dass das zurzeit mit den UN-Mitgliedsstaaten diskutierte Dokument zu abstrakt formuliert sei.

Nach Einschätzung der stellvertretenden Geschäftsführerin des 'Instituto Socioambiental' (ISA), Adriana Ramos, ist es angesichts der formalen Diskussionen "schwer vorstellbar", dass die Konferenz Erfolg haben wird. "In dem offiziellen Dokument gibt es tatsächlich keine konkreten Vorschläge, die auf Zustimmung stoßen könnten."

Ramos hofft, dass Rio+20 die Menschen zumindest darauf aufmerksam machen wird, welche Veränderungen notwendig sind, um dem Planeten künftig Nachhaltigkeit zu garantieren. So müssten unter anderem die Evaluierungssysteme für Entwicklungsprozesse geändert und Übereinkünfte zur Begrenzung des Abbaus natürlicher Ressourcen in den Meeren getroffen werden.


Neue Erdölfunde drohen offizielles Umweltengagement zu bremsen

Aus Sicht von Ramos sollten zudem die Verpflichtungen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen, die in der UN-Rahmenkonvention zum Klimawandel erfasst sind, überarbeitet werden. Die Umweltexpertin befürchtet aber, dass die Bedingungen vor allem von Brasilien schwerlich zu erfüllen wären, nachdem dort größere Erdölreserven vor der Atlantikküste entdeckt wurden.

Die Überzeugung der Regierung, UNEP müsse gestärkt werden, kann Ramos nicht teilen. Sie plädiert stattdessen für eine neue Struktur innerhalb der UN, die die Umsetzung der Umweltabkommen gewährleisten kann. "Wir brauchen ein Gremium, das über das Mandat verfügt, Sanktionen zu verhängen."

Nilo Dávila von der Umweltorganisation 'Greenpeace' hält es für notwendig, dass das Abschlussdokument nicht nur über Ziele reflektiert, sondern auch aufzeigt, auf welchem Weg man dorthin gelangen kann. Zu den vordringlichsten Aufgaben zählt er den Schutz der Ozeane und Wälder, die Regulierung des Konsums und die Abkehr von der Nutzung fossiler Brennstoffe. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:
http://www.uncsd2012.org/rio20/index.html
http://www.unep.org/
http://www.socioambiental.org/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=107796
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=100727

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 18. Mai 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Mai 2012