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KATASTROPHEN/103: 10 Jahre nach dem Tsunami im Indischen Ozean (GFZ)


Deutsches GeoForschungsZentrum - 18. Oktober 2014

Zehn Jahre nach der Katastrophe: Tsunami-Frühwarnsystem für den Indischen Ozean


18.12.2014: Am zweiten Weihnachtstag jährt sich zum zehnten Mal die Tsunamikatastrophe im Indischen Ozean. Eine Viertelmillion Menschen verloren am 26.12.2004 ihr Leben, fünf Millionen Menschen bedurften der sofortigen Hilfe und 1,8 Millionen Menschen wurden obdachlos. Die Katastrophe, die intensive Verwüstung weiter Regionen und das damit verbundene Leid, insbesondere in Indonesien, Thailand und Sri Lanka, sprengte alle Maßstäbe und nahm vor allem deshalb solche Ausmaße an, weil es keine Möglichkeit der Warnung und keine Katastrophenvorbereitung im Indik gab.

Abbildung: © GITEWS

Bewegung der Indisch-Australischen Platte
Abbildung: © GITEWS

Abbildung: © A. Babeyko, GFZ

Ausbreitung des Tsunami v. 26.12.2004; 30 Minuten nach dem Erdbeben
Abbildung: © A. Babeyko, GFZ

Deutschland und die internationale Staatengemeinschaft reagierten mit sofortiger Unterstützung. Im Rahmen der deutschen Flutopferhilfe erteilte die Bundesregierung der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren unter Federführung des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ den Auftrag zur Entwicklung eines Tsunami-Frühwarnsystems für den Indischen Ozean. Von 2005 bis 2011 wurde mit dem Großvorhaben GITEWS (German-Indonesian Tsunami Early Warning System) das Kernstück eines integrierten, modernen, leistungsfähigen Tsunami-Frühwarnsystems in Indonesien aufgebaut.

Abbildung: © GFZ

Seismogramm der GFZ-GEOFON-Station Rüdersdorf 26.12.2014
Abbildung: © GFZ

Durch das anschließende Projekt PROTECTS (Project for Training, Education and Consulting for Tsunami Early Warning Systems, 2011-2014) wurde sichergestellt, dass die Mitarbeiter der beteiligten indonesischen Institutionen den Betrieb des Frühwarnsystems sowie die vielfältigen technischen und organisatorischen Komponenten selbstständig und in Eigenverantwortung weiterführen. Zu diesem Zweck wurde mit PROTECTS ab Juni 2011 mit insgesamt 192 Trainingskursen, Praktika und Hands-on-Praxis Kursen, die alle Aspekte von Betrieb und Wartung des Tsunami-Frühwarnsystems abdeckten, ein Beitrag zur Nachhaltigkeit von InaTEWS geleistet.

Foto: © GITEWS/DLR

Satellitenbild der Indonesischen Stadt Banda Aceh in Nordsumatra. Die rotmarkierten Flächen wurden durch den Tsunami 2004 überflutet.
Foto: © GITEWS/DLR

Unter der Schirmherrschaft der Intergovernmental Oceanographic Commission der UNESCO und unter Mitarbeit internationaler Partnerinstitutionen aus Deutschland, den Vereinigten Staaten, China und Japan, wurde GITEWS in ein Tsunami-Frühwarnsystem für Indonesien integriert. GITEWS wurde im Jahr 2010 durch eine Kommission internationaler Experten positiv evaluiert und im März 2011 an Indonesien übergeben. Seitdem versieht es unter dem Namen InaTEWS - Indonesian Tsunami Early Warning System seinen Dienst und wird durch den Indonesischen Dienst für Meteorologie, Klima und Geophysik BMKG betrieben.

Abbildung: © GITEWS

GITEWS Funktionsprinzip
Abbildung: © GITEWS

Am 12. Oktober 2011 wurde im Indischen Ozean die Übung IOWAVE11 abgehalten. Dabei wurde erfolgreich geprüft, ob InaTEWS zudem die Rolle eines Regionalen Tsunami Service Provider (RTSP) übernehmen kann. Seitdem nimmt Indonesien, neben Australien und Indien, die Doppelfunktion als National Tsunami Warning Center (NTWC) und als RTSP wahr und übernimmt damit die Verantwortung, 28 Staaten rund um den Indischen Ozean vor einem drohenden Tsunami zeitgerecht zu warnen. Auf diese Weise wurde mit der kontinuierlichen Weiterentwicklung der vollständige Ausbau von InaTEWS erfolgreich realisiert.

Indonesien verfügt heute über eines der modernsten Tsunami-Frühwarnsysteme. Dieses warnt maximal fünf Minuten nach einem Beben auf der Basis der Daten von rund 300 Messstationen. Dazu gehören Seismometer, GPS-Stationen und Küstenpegel. Die Daten der Sensoren werden über modernste Auswertesysteme, wie das vom GFZ entwickelte SeisComP3 zur Analyse von Erdbebendaten, und ein Tsunami-Simulationssystem im Warnzentrum, in ein Lagebild umgesetzt. Mit Hilfe eines Entscheidungsunterstützungssystems werden dann entsprechend gestufte Warnungen für die betroffenen Küstenabschnitte ausgegeben. Am Betrieb des Warnzentrums in Jakarta sind über 70 Personen beteiligt, davon etwa 30 ausschließlich im Schichtbetrieb. Seit der Übergabe im März 2011 wurden mit dem Erdbebenmonitoring- und Tsunami-Frühwarnsystem nach Angaben des BMKG 1700 Erdbeben mit einer Magnitude größer als M= 5 und elf Beben mit Magnitude 7 und größer ausgewertet und zu sechs Ereignissen Tsunami-Warnungen an die Öffentlichkeit ausgegeben.

Foto: © GITEWS

Risiko-Workshop
Foto: © GITEWS

Breiten Raum nahmen Schulung, Ausbildung und Katastrophenvorsorge (capacity development) für die lokalen Gemeinschaften und Stadt- bzw. Distriktverwaltungen ein. Dieses Capacity Development wurde seit 2006 in drei "typischen" Regionen durchgeführt: Padang (Sumatra), Chilacap (Süd-Java) und Denpassar (Bali, Touristen-Hochburg). Hierbei wurden insbesondere das Verstehen der Warnmeldungen und Evakuierungsmaßnahmen besprochen. Mit den lokalen Entscheidungsträgern wurden lokale Disastermanagementstrukturen aufgebaut und Disaster Risk Reduction Strategien entwickelt. Dazu gehörte insbesondere die Ausbildung von Trainern, die die entwickelten Konzepte in die Breite tragen sollen. Hinzu kommt als wichtiges Element die Festlegung von Hazard- und Risikokarten als Grundlage für die lokalen Evakuierungsplanungen wie auch zukünftige Stadt- bzw. Raumplanungen. In Bali kam noch die Kommunikation mit der Hotelindustrie hinzu.

Kein Frühwarnsystem kann ein starkes Erdbeben und einen dadurch ausgelösten Tsunami verhindern; auch zukünftig wird es immer wieder zu Todesopfern und größeren Sachschäden kommen. Aber durch den Aufbau eines Frühwarnsystems unter Einbeziehung organisatorischer Maßnahmen und durch umfassendes Capacity Building können die Auswirkungen solcher Naturkatastrophen gemindert werden.



Weitere Informationen

Kernaussagen zum Tsunamiereignis von 2004 (PDF, 200KB)
https://media.gfz-potsdam.de/gfz/wv/05_Medien_Kommunikation/Dokumentarchiv/GITEWS/Kernaussagen%20zum%20Tsunami.pdf
Broschüre: "Das Tsunami-Frühwarnsystem für den Indischen Ozean" (PDF, 13MB)
https://media.gfz-potsdam.de/gfz/wv/doc/GITWES/GITEWSBroschuere2014dt.pdf
Faltblatt: Tsunamiwarnung - Wieviel Mathematik steckt in der Welle? (PDF, 650KB)
https://media.gfz-potsdam.de/gfz/wv/05_Medien_Kommunikation/06_Infomaterial/Print/Faltblaetter/Faltblaetter_dt/12_09_Faltblatt_GITEWS_incl_Einleger_dt_web.pdf
Chronologie zum Tsunamiereignis von 2004 (PDF, 110KB)
https://media.gfz-potsdam.de/gfz/wv/05_Medien_Kommunikation/Dokumentarchiv/GITEWS/Chronologie%20zum%20Tsunami.pdf
Merkblatt: Tsunami (PDF, 200KB)
https://media.gfz-potsdam.de/gfz/wv/05_Medien_Kommunikation/06_Infomaterial/Print/Merkblaetter/Merkblatt_Tsunami_dt.pdf
Infoblatt: Tsunami (PDF, 4,1MB)
https://media.gfz-potsdam.de/gfz/wv/05_Medien_Kommunikation/06_Infomaterial/Print/Merkblaetter/Infoblatt_Tsunami_dt.pdf
Film "Tsunamimathematik" (MPG, 113MB)
https://media.gfz-potsdam.de/gfz/wv/05_Medien_Kommunikation/Dokumentarchiv/GITEWS/Tsunamimathematik.mpg
Tsunami Key Facts - English Version (PDF, 113KB)
https://media.gfz-potsdam.de/gfz/wv/05_Medien_Kommunikation/Dokumentarchiv/GITEWS/Tsunami_Key_Facts_EN.pdf
Ikhtisar Peringatan Dini Tsunami (PDF, 149KB)
https://media.gfz-potsdam.de/gfz/wv/05_Medien_Kommunikation/Dokumentarchiv/GITEWS/Kernaussagen%20zum%20Tsunami_indonesian.pdf

Website: www.gitews.de

GFZ-Berechnung des GPS Shield am Beispiel des Tohoku-Bebens:
http://www.gfz-potsdam.de/medien-kommunikation/bildarchiv/gps-schild-zur-tsunami-fruehwarnung/

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Quelle:
Pressemitteilung, 18.12.2014
Helmholtz-Zentrum Potsdam
Deutsches GeoForschungsZentrum
Telegrafenberg, 14473 Potsdam
Tel.: 0331/288 1040, Fax: 0331/288 1044
E-Mail: presse[at]gfz-potsdam.de
Internet: www.gfz-potsdam.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Dezember 2014