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LANDWIRTSCHAFT/009: Mexiko - Zukunft ohne Genmais möglich, Forscher verweisen auf traditionelle Sorten (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 13. September 2011

Mexiko: Zukunft ohne Genmais möglich - Forscher verweisen auf traditionelle Sorten

Von Emilio Godoy


Mexiko-Stadt, 13. September (IPS) - Mais ist eines der wichtigsten Nahrungsmittel in Mexiko. Agrarwissenschaftler fanden heraus, dass sich das Getreide den dortigen Klimaveränderungen bestens anpassen kann. Der Einsatz von Gensaatgut ist ihrer Ansicht nach überflüssig.

In dem lateinamerikanischen Land kommen etwa 60 traditionelle Mais-Landrassen und 209 Varietäten vor. Am häufigsten wird weißer Mais verzehrt, während gelber Mais als Tierfutter und zur Herstellung von Cornflakes oder Stärke verwendet wird. Aus einer 2009 veröffentlichten Studie der Nationalen Autonomen Universität von Mexiko (UNAM) geht hervor, dass sich der Mais an vier Orten im Land entwickelt hat.

"Der Klimawandel wird unterschiedliche Auswirkungen haben, denn die Varietäten haben sich sehr spezifischen Bedingungen angepasst", sagte Carolina Ureta vom UNAM-Institut für Biologie im Gespräch mit IPS. "Einige Sorten gedeihen jetzt besser, andere werden dagegen unter den Folgen leiden." Die Wissenschaftler wollen nun beobachten, wie sich Pflanzen unter ungünstigen Umständen weiterentwickeln.

Ureta arbeitet seit drei Jahren an einem Forschungsvorhaben über die Folgen des Klimawandels für Maiskulturen in Mexiko. Nach ihren Erkenntnissen werden sich die Anbauflächen bis 2030 voraussichtlich um 15 Prozent und bis 2050 um 30 Prozent verkleinern. Vor allem der Norden Mexikos, wo ein trockenes Klima herrscht, wird von diesen Veränderungen betroffen sei.


Mais hat hohen traditionellen Stellenwert

In der Region Mesoamerika, die sich vom Süden Mexikos bis nach Zentralamerika erstreckt, hatte Mais bereits in der präkolumbischen Zeit einen hohen kulturellen Stellenwert. Heutzutage pflanzen etwa 3,2 Millionen mexikanische Bauern das Getreide an. Offiziellen Zahlen zufolge produzieren etwa zwei Drittel von ihnen das Getreide für den Eigenbedarf.

Die Kleinbauern pflanzen vor allem weißen Mais, den gelben kaufen sie als Tierfutter dazu. In diesem Jahr rechnet die Regierung mit Erträgen von rund 23 Millionen Tonnen weißem Mais. Weitere neun Millionen Tonnen gelber Mais sollen aus dem Ausland eingekauft werden.

"Um dem Klimawandel zu trotzen, müssen wir eigenes Saatgut züchten, so wie dies bereits in der traditionellen, ökologisch verträglichen Landwirtschaft der Fall war", sagte Aleida Lara von der Umweltorganisation 'Greenpeace'.

Die unabhängige Organisation 'Biodiversity International', die UN-Agrarorganisation FAO und das internationale Forschungsinstitut CIMMYT haben die herkömmlichen Anbaumethoden in einer Studie untersucht, die im August in dem US-Fachmagazin 'Proceedings of the National Academy of Sciences' (PNAS) erschien.

Demnach könnten die traditionellen Aussaatmethoden den Bauern helfen, Vorräte von Mais-Landrassen anzulegen, die den vorhersehbaren Klimaveränderungen standhielten, erklären die Wissenschaftler Mauricio Bellón, David Hodson und Jon Hellin in ihrer Arbeit mit dem Titel 'Assessing the Vulnerability of Traditional Maize Seed Systems in Mexico to Climate Change"'.

Untersucht wurden die Pflanzmethoden von 400 Haushalten in 20 Gemeinden, die sich über fünf Bundesstaaten im Osten Mexikos verteilen. Die Felder befanden sich in unterschiedlichen Höhenlagen zwischen zehn und 2.980 Metern über dem Meeresspiegel.

Die Forscher warnen davor, dass die Einführung genetisch veränderter Maissorten, die etwa Resistenzen gegenüber Pestiziden aufweisen, den Fortbestand heimischer Varietäten bedrohen.


Ausreichende Artenvielfalt vorhanden

Aufgrund seiner Artenvielfalt könne sich Mais an neue Klimabedingungen anpassen, erklärte Ureta, die der Vereinigung der gesellschaftlich engagierten Wissenschaftler (UCCS) angehört. Genmanipulierter Mais kontaminiere hingegen die Sorten, die bisher nicht kommerziell angebaut worden seien. Es sei daher notwendig, diese Entwicklung durch eigene Technologien zu verhindern.


Anbau von Genmais staatlich gefördert

Das mexikanische Agrarministerium hatte hingegen im März eine Pilotstudie über genveränderten gelben Mais gebilligt, der widerstandsfähig gegen Herbizide auf der Basis von Glyphosat ist. Die Untersuchung wird von dem US-Chemie-Multi Monsanto auf knapp einem Hektar Land im nordöstlichen Staat Tamaulipas durchgeführt.

Seit 2009 hat die Regierung 110 Anträge für den experimentellen Anbau von transgenen Maissorten erhalten. In 67 Fällen erteilte das Landwirtschaftsministerium Genehmigungen für Pflanzungen auf insgesamt etwa 70 Hektar im Norden Mexikos.

Umweltverbände werfen der konservativen Regierung von Präsident Felipe Calderón vor, gegen ein seit 2005 geltendes Gesetz zur Regelung des Genanbaus verstoßen. Sie fordern die erneute Einführung eines Moratoriums für Gensaaten, das von 1999 bis März 2009 galt. Laut Greenpeace wird inzwischen in sechs der 32 mexikanischen Bundesstaaten gentechnisch manipulierter Mais angebaut. Weiterer Genmais wird importiert.

Bellón, Hodson und Hellin weisen in ihrer Studie darauf hin, dass die angestammten Maissorten in Mexiko in unterschiedlichen Klimazonen, gleichermaßen in trockenen, feuchten, gemäßigten und heißen Regionen, gedeihen. Damit sei das Land für die Herausforderungen der Zukunft bestens gerüstet. (Ende/IPS/ck/2011)


Links:
http://www.ibiologia.unam.mx/
http://www.greenpeace.org/mexico/es/
http://www.cimmyt.org/en
http://www.pnas.org/content/early/2011/08/02/1103373108.abstract
http://www.unionccs.net/
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=99044
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=105035

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 13. September 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. September 2011