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LATEINAMERIKA/003: Brasilien - Weltmeister im Aluminium-Recycling, Bevölkerung verdient mit (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 26. Juli 2010

Brasilien: Weltmeister im Aluminium-Recycling - Bevölkerung verdient mit

Von Yans Felippe Geckler Medina


Rio de Janeiro, 26. Juli (IPS) - Seit neun Jahren ist Brasilien weltweiter Spitzenreiter bei der Wiederaufbereitung von Aluminiumdosen. Derzeit werden schon mehr als 96 Prozent der Behälter recycelt - und die Tendenz steigt weiter.

Henio de Nicola, Leiter der Abteilung für Recycling beim Brasilianischen Aluminiumverband ABAL, ist davon überzeugt, dass bald alle gebrauchten Dosen wiederverwertet werden können. Sein Team hat sich mit dem Problem befasst, seit die Dosen 1989 in dem südamerikanischen Land eingeführt wurden.

Die Bevölkerung wird durch Programme zur Umwelterziehung gezielt für das Thema sensibilisiert. Aus Informierten werden Helfer: Mehr als 180.000 Brasilianer sind Tag für Tag damit beschäftigt, im ganzen Land Getränke- und Konservendosen einzusammeln.

Einer von ihnen ist Josias, der im Zentrum von Rio de Janeiro systematisch Abfallcontainer durchsucht und Dosen von der Straße aufhebt. Viele Besitzer von Bars und Restaurants machen mit und übergeben ihm ihren Aluminiumabfall, den er dann an eine Sammelstelle verkauft.

"Die Dosen sichern mir das tägliche Brot - den Unterhalt meiner Familie und alle weiteren Ausgaben", sagte der Mann IPS. "Für 15 Kilo Aluminium erhalte ich fast 30 brasilianische Reais (umgerechnet 17 US-Dollar)."

Im vergangenen Jahr wurden in Brasilien rund 14 Milliarden Dosen wiederaufbereitet. Diese Menge entspricht mehr als vier Schiffen von der Größe des berühmten Ozeandampfers 'Titanic'. Der Verkauf der Behälter sichert nicht nur den Familien der insgesamt etwa 180.000 Sammler ein Auskommen. Auch die Betreiber der Depots profitieren davon.


Metallhändler konnte Söhnen Studium zahlen

Im Metalllager von Armando de Costa in der Innenstadt von Rio liefern täglich durchschnittlich 300 Aluminiumsammler Dosen im Gewicht von insgesamt 500 Kilogramm ab. Er habe damit so viel verdient, dass er seinen Söhnen das Studium habe finanzieren können, sagte Costa stolz. Der Mehrwert von Aluminium sei so hoch, dass auf jeder Verarbeitungsstufe Gewinne erwirtschaftet werden könnten.

Aus den Sammelstellen bringen Lastwagen die Dosen oft über weite Strecken zu Industriebetrieben, wo sie weiterverarbeitet werden. Einer der Fahrer startet beispielsweise in der Stadt Foz de Iguazú an der Grenze zu Argentinien und Paraguay und liefert seine 14 Tonnen schwere Ladung im 1.200 Kilometer entfernten Pindamonhangaba im Bundesstaat São Paulo ab. Dort treffen jeden Tag 250 Tonnen Metall ein, die in einer Fabrik weiterarbeitet werden.

Die Verwendung von gebrauchtem Aluminium habe mehrere Vorteile, sagte der Einkäufer Osmar Marchioni. Werde neues Metall verarbeitet, liege der Stromverbrauch um 95 Prozent höher, erklärte er. Zur Gewinnung von Aluminium müsse zudem erst das Mineral Bauxit abgebaut werden. Beim Recycling werde dieser Arbeitsschritt gespart, erklärte Marchioni. Noch dazu könne die Bevölkerung direkt daran verdienen.

Auch nachdem das Altmaterial geschmolzen und wiederaufbearbeitet worden ist, behält es noch fast alle seiner ursprünglichen chemischen Eigenschaften. Laut de Nicola sind diese Erfahrungen wertvoll für die Entwicklung von Recycling-Strategien für andere Materialien.

Der Experte gab zu bedenken, dass es in Brasilien bislang erst wenige Programme zur Müllverwertung gibt. Die negativen Folgen für Mensch und Umwelt sind nicht zu übersehen. Die verheerenden Überschwemmungen Anfang des Jahres in Rio de Janeiro hatten sich nicht zuletzt durch die Abfallberge verschlimmert, die auf den Straßen die Abflusskanäle verstopften.

Auf der Skala der recycelten Materialien folgt auf Aluminium Papier, das zu fast 80 Prozent weiterverwertet wird. Von weggeworfenen PET-Flaschen wird dagegen erst jede zweite wiederaufbereitet. Aus altem Plastik lassen sich jedoch nicht nur neue Flaschen, sondern auch Automatten, Schwimmbecken oder Fußballtrikots herstellen. (Ende/IPS/ck/2010)


Links:
http://www.abal.org.br/english/noticias/lista_noticia.asp?id=58
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=95966

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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juli 2010