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LATEINAMERIKA/124: Surinam - Durchlässige Wellenbrecher retten Küstenland und Mangrovenwälder (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 14. Dezember 2015

Surinam: Durchlässige Wellenbrecher retten Küstenland und Mangrovenwälder

von Desmond Brown


Bild: © Sieuwnath Naipal/Privat

Surinam will die Küstenerosion mit Hilfe von Wellenbrechern bekämpfen
Bild: © Sieuwnath Naipal/Privat

PARIS (IPS) - Die Erosion der Küsten von Surinam schreitet in einem rasanten Tempo voran. Experten gehen davon aus, dass die großen, schwer durchdringlichen Mangrovenwälder im Laufe der nächsten 30 Jahre verschwinden, wenn nicht unverzüglich Maßnahmen gegen den Klimawandel ergriffen werden. Der Klimaexperte Sieuwnath Naipal ist bereits aktiv geworden und versucht die Küste mit Hilfe von durchlässigen Wellenbrechern zu schützen.

Diese speziellen Dämme drängen nicht nur die Brandung zurück, sondern fangen auch Sedimente auf, die sich an der Küste anlagern können. Wenn auf diese Weise Land zurückgewonnen wird, können Mangroven nachwachsen, die einen natürlichen Schutz gegen Bodenerosion bilden.

"Wir haben eine Küste, die so flach ist wie ein Pfannkuchen", erklärte Naipal am Rande der Weltklimakonferenz in Paris, wo er sein Projekt vorstellte und um internationale Unterstützung warb. "Die Hauptstadt Surinams, Paramaribo, liegt nahe an der Küste, fast auf gleicher Höhe mit dem Meeresspiegel. Der Fortbestand der Mangroven, die den größten Schutz bieten, wird durch den Anstieg des Wasserspiegels und durch menschliches Handeln gefährdet."


Hunderte Meter Küste verschwunden

Wie Naipal berichtete, ist das Meer an manchen Stellen im Laufe der vergangenen zehn Jahre etwa 600 Meter weit vorgerückt. Dagegen müsse sofort etwas unternommen werden, mahnte er. Die Rettung der Küsten Surinams sei allerdings sehr teuer. Dämme und Deiche kosteten pro Kilometer ungefähr 6,5 Millionen US-Dollar.

An der Küste Surinams lagert sich Schlamm an, der von dem Amazonas-Fluss angespült wird. "Die Veränderungen im Fluss wirken sich auch auf die Küsten aus. Jährlich werden Millionen Tonnen von Sedimenten angespült, die wir nutzen können."

In dem Land an der Nordostküste Südamerikas gibt es mehr als 404 Quadratkilometer Mangrovenwälder, die sich über eine Länge von 386 Kilometer erstrecken. Die Breite der Wälder bewegt sich zwischen drei und 14 Kilometern. "Die Mangroven haben die Funktion, Sedimente aufzufangen. Wo das Gestrüpp nicht mehr vorhanden ist, schreitet die Erosion schnell voran", sagte Naipal.

In den dicht bevölkerten Küstengebieten Surinams leben etwa 90 Prozent der rund 500.000 Einwohner des Landes. Immer mehr Menschen ziehen an die Küste und holzen Mangroven ab, um Wohnhäuser zu bauen.

Naipal, der sich in Russland auf das Fachgebiet Hydrologie spezialisierte und inzwischen an der Anton de Kom-Universität in Surinam lehrt, arbeitet gemeinsam mit seinen Studenten an dem Projekt. "Wir bekommen Unterstützung von der Organisation 'Conservation International Suriname'", sagte er. "Wir hatten etwas eigenes Startkapital, um zu zeigen, dass dieses Vorhaben realistisch ist. Nun will die Regierung das Projekt übernehmen."

Mangroven sind überdies ein Schutz gegen Wetterextreme wie Stürme, Überschwemmungen und sogar Tsunamis. Die artenreichen Wälder bieten zahlreichen Tier- und Pflanzenarten ein Habitat. Mangrovenblätter und -wurzeln enthalten Nährstoffe, die das Wachstum von Plankton, Algen, Fischen und Schalentieren fördern. Viele Fische, die in tropischen Regionen kommerziell verwertet werden, wachsen in Mangrovengebieten auf und kehren zur Paarung dorthin zurück. Auch viele Vogel- und Säugetierarten sind in den Zonen heimisch.


Mangroven speichern mehr CO2 als Regenwälder

Da der Anteil lebender Biomasse pro Hektar etwa hundert bis 400 Tonnen beträgt und in Sedimenten beträchtliche Mengen an organischen Stoffen enthalten sind, haben Mangroven sogar eine erheblich höhere CO2-Speicherkapazität als Regenwälder. "Sie können drei bis fünf Mal so viel Kohlendioxid aufnehmen", erklärte Naipal. "Außerdem ziehen die Mangrovengebiete viele Touristen an und sind reiche Fanggründe für Fischer, die dem Land hohe Einkünfte bringen."

Laut dem Diplomaten Albert Ramdin, der das Außenministerium Surinams berät, braucht das Land finanzielle Hilfe, um die Anpassung an den Klimawandel bewältigen zu können. "Wir sehen bereits, dass der Anstieg des Meeresspiegels negative Folgen für die nicht ausreichend geschützten Küstengebiete hat. Allerdings hat der Staat nicht genug Geld, um hohe Deiche und Dämme bauen zu lassen."

Ramdin warnte auch davor, dass immer mehr Salzwasser ins Landesinnere vordringt und somit den Agrarsektor schädigen wird. Zudem sei absehbar, dass angesichts des vorrückenden Meeres Städte wie Paramaribo in andere Gebiete verlegt werden müssten. Die Kosten dafür wären enorm.

Laut dem Experten ist die Regierung entschlossen, ihren Anteil an den Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel zu leisten. "Der Waldschwund bewegt sich bei uns mit weniger als einem Prozent auf einem sehr niedrigen Niveau. Wir betreiben nachhaltigen Holzschlag und haben unsere natürlichen Ressourcen auf diese Weise recht gut geschont. Dies alles reicht aber noch nicht aus, da von außen viel auf uns zukommt. Staatspräsident Dési Bouterse räumt der Vorbereitung solcher Maßnahmen hohe Priorität ein."

Der Schutz der ausgedehnten tropischen Regenwälder in dem Land hat bereits einen hohen nationalen Stellenwert. Dank dieser Wälder kann Surinam mehr CO2 speichern, als es durch das Verbrennen fossiler Energieträger produziert. Laut dem Minister für öffentliche Bauarbeiten, Rabin Parmessar, nehmen die Wälder jährlich 8,8 Millionen Tonnen CO2 auf, während die Emissionen in dem Staat sieben Millionen Tonnen betragen. "Während viele andere Länder danach streben, CO2-neutral zu werden, haben wir bereits erreicht, dass wir C02-negativ sind." (Ende/IPS/ck/14.12.2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/12/permeable-dams-prevent-land-loss-and-save-mangroves-in-suriname/

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IPS-Tagesdienst vom 14. Dezember 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Dezember 2015

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