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MEER/186: Resolution für Vertrag zum Schutz der marinen Artenvielfalt in Hochseegebieten (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. Juni 2015

Umwelt: Vollversammlung verabschiedet Resolution für Vertrag zum Schutz der marinen Artenvielfalt in Hochseegebieten

von Thalif Deen


Bild: © Foreign and Commonwealth Office

Wasserschildkröte in einem Meeresschutzgebiet
Bild: © Foreign and Commonwealth Office

NEW YORK (IPS) - Die UN-Vollversammlung der 193 UN-Mitgliedstaaten hat eine Resolution zugunsten eines rechtlich verbindlichen internationalen Abkommens zum Schutz der marinen Artenvielfalt in Hochseegebieten jenseits nationaler Zuständigkeiten angenommen.

Der Beschluss folgt nach mehr als neunjährigen Verhandlungen einer informellen Ad-hoc-Arbeitsgruppe, die erstmals 2006 zusammengekommen war. Er ist der erste konkrete Schritt auf dem Weg zu einem globalen Abkommen, das Maßnahmen zum Schutz der Meere wie marine Schutzgebiete, Nachhaltigkeitsstudien, die faire Nutzung der genetischen Hochseeressourcen sowie den Kapazitätenaufbau in Entwicklungsländern und den Transfer von Meerestechnologien ergreift.

Die 'High Seas Alliance' (HSA), eine Allianz aus 27 Nichtregierungsorganisationen (NGOs), und der Weltnaturschutzbund (IUCN), hatten eine entscheidende Rolle in dem Bemühen gespielt, die Verhandlungen für ein solches Abkommen bis 2018 voranzubringen. Sie setzen sich bereits seit 2011 für die Resolution ein.

Die erste formelle Gesprächsrunde in punkto Abkommen soll 2016 eingeläutet und 2017 fortgesetzt werden. Bis September 2018 wird die UN-Vollversammlung die Einberufung und den Beginn der internationalen Konferenz beschließen, auf der der endgültige Text des Abkommens beschlossen werden soll.

Wie Elizabeth Wilson, Leiterin der Abteilung 'Internationale Meerespolitik' von 'The Pew Charitable Trusts', einem HSA-Mitglied, betont, "stellt die bahnbrechende Entscheidung die Weichen für ein rechtliches Rahmenwerk, das ein umfassendes Management der Meeresgebiete jenseits der nationalen Zuständigkeiten erlauben wird." Bisher werde die Hochsee mit Hilfe eines Flickwerks aus internationalen, regionalen und branchenspezifischen Abkommen und Organisationen verwaltet.


Den Schutz organisieren

Der neue Vertrag werde dazu beitragen, die Erhaltung und Bewirtschaftung der Hochsee zu organisieren und koordinieren, so Wilson. Er könne die Einrichtung von Meeresschutzgebieten ermöglichen und somit die Hochsee vor schädlichen Aktivitäten schützen. Zurzeit gebe es keine Möglichkeit, rechtlich verbindliche Schutzvorkehrungen umzusetzen.

Wie Sofia Tsenikli von 'Greenpeace' erklärte, erstreckt sich die Hochsee über fast die Hälfte des Planeten. "Es geht um die Hälfte, die viel zu lange ohne Recht und Schutz geblieben ist. Ein globales Netzwerk aus Meeresschutzgebieten ist dringend erforderlich, damit wieder Leben in die Ozeane zurückkehren kann. Das neue Abkommen soll dies möglich machen."

Aus einer HSA-Mitteilung vom 19. Juni geht hervor, dass die Resolution aus der Rio+20-Konferenz von 2012 hervorgegangen sei, auf der sich die Staats- und Regierungschefs bereiterklärt hätten, Maßnahmen zum Schutz der Hochsee zu ergreifen. Damals wäre es beinahe zu einer Übereinkunft über ein neues Abkommen gekommen, hätten nicht einige wenige Regierungen Widerstand geleistet.


Neues Abkommen soll Lücken schließen

Die Wilson gegenüber IPS erklärte, soll das neue Abkommen das Internationale Seerechtsabkommen (UNCLOS) ergänzen. UNCLOS, eine Art 'Verfassung' der globalen Meeresverwaltung, fehle es an konkreten Mechanismen, um den Schutz der Artenvielfalt in der Hochsee zu gewährleisten.

Seit der Annahme von UNCLOS im Jahr 1982 in Montego Bay in Jamaika wurden zwei Zusatzabkommen vereinbart, um die Lücken und andere Bereiche, die von UNCLOS nur unzureichend abgedeckt wurden, zu schließen. Dabei handelt es sich um das Übereinkommen zur Durchführung des 11. Teils des Seerechtsübereinkommens und die Übereinkunft zur Durchführung der Bestimmungen des Seerechtsübereinkommens in Bezug auf die Erhaltung und Bewirtschaftung gebietsübergreifender Fischbestände und weit wandernder Fischbestände.

HSA zufolge betont die neue Resolution, dass es einen Bedarf an einer umfassenden globalen Regelung gibt, die den Schutz und die nachhaltige Verwendung der biologischen Meeresvielfalt in Gebieten jenseits nationaler Zuständigkeiten regelt.

Mit den Hochsee- oder Meeresgebieten jenseits nationaler Zuständigkeit sind nach Artikel 86 von UNCLOS all diejenigen Teile des Meeres gemeint, die außerhalb der Ausschließlichen Wirtschaftszone von bis zu 200 Seemeilen, der Küstenmeere und der Gewässer von Archipelstaaten liegen.

Gut 64 Prozent der Weltmeere befinden sich jenseits der 200-Seemeilenzone. Das entspricht in etwa 40 Prozent der Erdoberfläche. Da sie sich außerhalb jeder nationalen Zuständigkeit befinden, sind sie laut HSA der größte ungeschützte und rechtlose Raum der Welt.

Die fehlende Regierungsgewalt gilt allgemein als eine der Hauptursachen für den zunehmend kritischen Zustand der Hochsee. Die immensen Gefahren sind auf menschliche Aktivitäten wie Meeresverschmutzung, Überfischung, Bergbau und Klimawandel zurückzuführen. "In internationalen Gewässern geht es zu wie im wilden Westen. Es fehlt an starken Regeln und Sheriffs", so Lisa Speer, Meeresbeauftragte beim 'Natural Resources Defence Council', einem weiteren Mitglied der Allianz. (Ende/IPS/kb/22.06.2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/06/u-n-takes-first-step-towards-treaty-to-curb-lawlessness-in-high-seas/

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IPS-Tagesdienst vom 22. Juni 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juni 2015

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