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PROTEST/099: Japan - Proteste begleiten Rückkehr des Landes zu Atomkraft (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 13. August 2015

Japan: Proteste begleiten Rückkehr des Landes zu Atomkraft

von Kitty Stapp


Bild: © Suvendrini Kakuchi/IPS

Eine Journalistin steht im März 2011 an einer Straßensperre am Rande der 20-Kilometer-Sicherheitszone rund um das Atomkraftwerk Fukushima
Bild: © Suvendrini Kakuchi/IPS

NEW YORK (IPS) - Die Rückkehr Japans zur Atomkraft wird von Protesten begleitet. Dutzende Demonstranten versammelten sich am Dienstag vor dem Kraftwerk Sendai an der Westküste der Insel Kyushu, um gegen den Wiedereinstieg in die nukleare Stromproduktion zu protestieren. Unter ihnen war auch Naoto Kan, der zur Zeit der Atomkatastrophe von Fukushima im Jahr 2011 Premierminister des Landes gewesen war. Seitdem hat er sich zu einem der schärfsten Kritiker der Atomkraft entwickelt.

Während sich viele andere Länder schrittweise aus der Atomkraft zurückziehen, hat Japan am Dienstag mit Sendai das erste Atomkraftwerk wieder angefahren, nachdem das Land nach der Atomkatastrophe von Fukushima alle 50 Reaktoren sukzessive vom Netz genommen hatte. Ab Freitag soll das Kraftwerk wieder Strom produzieren und im September wieder volle Leistung erbringen.

"Sicherheit bleibt unsere oberste Priorität", hieß es in einer Mitteilung des Energiekonzerns Kyushu Electric Power Co. (Kepco). "Bei der Wiederaufnahme des Betriebs werden wir so vorsichtig wie möglich vorgehen und künftig weiterhin mit den staatlichen Inspektoren zusammenarbeiten."

Die Demonstranten vor Ort kritisierten allerdings, dass weder das Unternehmen noch die Politik Maßnahmen ergriffen habe, um im Falle eines erneuten Atomunglücks zehntausende Menschen zu evakuieren, die in der Nähe des Reaktors leben.

Im März 2011 hatte ein massives Erdbeben zu einem Reaktorunglück im Atomkraftwerk Fukushima geführt. Die Katastrophe entwickelte sich zum größten Atomunglück seit Tschernobyl im Jahr 1986. Beide Unfälle werden auf der Internationalen Bewertungsskala für nukleare und radiologische Ereignisse (INES) auf der höchsten Stufe geführt.


Japan will bis 2030 wieder 20 Prozent seiner Energie aus Atomkraft beziehen

Bis 2011 machte Atomkraft rund 30 Prozent der Stromproduktion des Landes aus. Nach der Katastrophe in Fukushima nahm Japan in den folgenden zwei Jahren alle Atomkraftwerke vom Netz. Die Bevölkerung, Protesten in der Regel eher abgeneigt, stellte sich nach dem Unglück in der Mehrzahl gegen Atomkraft, und regelmäßig treffen sich Demonstranten vor dem Sitz des heutigen Premierministers in Tokyo, um gegen Kernkraft zu protestieren.

Der plant, bis zum Jahr 2030 wieder 20 Prozent des japanischen Energiehungers mit Atomkraft zu stillen. "Wir sind davon überzeugt, dass es für die Energiesicherheit des Landes unumgänglich ist, die Kraftwerke wieder ans Netz zu bringen, die wir als sicher erachten", sagte Kabinettssekretär Yoshihide Suga gegenüber Journalisten.

Jan Vande Putte, Atomkraftexperte von Greenpeace Belgien, hält dagegen: "Japan ist seit mehr als einem Jahr ohne Atomkraft ausgekommen - ganz ohne die befürchteten Stromlücken. Die Regierung sollte sich endlich von dieser Energieform abwenden und sich für Energieeffizienzmaßnahmen und erneuerbare Energien einsetzen." Damit könne Japan seine Bevölkerung nicht nur vor einem zweiten Fukushima schützen, sondern auch seine Zusagen zur Reduktion von Kohlendioxidemissionen einhalten.

Die im neu eröffneten Reaktor Sendai getroffenen Sicherheitsmaßnahmen entsprechen dem neuesten Standard. Kritiker weisen jedoch darauf hin, dass Japan das Land mit den weltweit meisten Erdbeben ist - was ja letztlich auch die Ursache für das Unglück in Fukushima gewesen war. Außerdem steht Sendai gerade einmal 60 Kilometer von einem aktiven Vulkan im Nordwesten Japans entfernt.

"Schulen und Krankenhäuser stehen in unmittelbarer Entfernung zu Sendai. Niemand hat uns darüber informiert, wie Kinder und alte Menschen evakuiert werden sollten", sagte Yoshitaka Mukohara von einer lokalen Antiatomgruppe gegenüber dem 'Guardian'. "Sobald es zu einem Erdbeben kommt, gibt es ein Verkehrschaos, wenn alle versuchen, mit dem Auto aus der Region herauszukommen, während Straßen zerstört sind, Brücken eingebrochen und Erdrutsche Routen versperren." (Ende/IPS/jk/13.08.2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/08/protests-greet-japans-relaunch-of-nuke-power/

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IPS-Tagesdienst vom 13. August 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. August 2015

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