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SOZIALES/073: Zusammenarbeit zwischen Indigenen und Naturschützern gestaltet sich schwierig (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 6. März 2015

Umwelt: Gemeinsame Ziele, gemeinsame Feinde - Doch Zusammenarbeit zwischen Indigenen und Naturschützern schwierig

von Lyndal Rowlands


Bild: © Survival International

Kameruns Baka fühlen sich oftmals aus ihren Wäldern verstoßen
Bild: © Survival International

New York, 6. März (IPS) - Obwohl Indigene und Wildtierschützer eine Reihe gemeinsamer Interessen verfolgen, ist es offensichtlich nicht einfach, eine Basis für eine zufriedenstellende Zusammenarbeit zu finden. Darauf haben Teilnehmer eines Treffens auf einer UN-Veranstaltung zum Welt-Wildlife-Tag am 3. März in New York hingewiesen.

Indigene gelten als Hüter der Wälder, die den Regeln der Nachhaltigkeit folgen. Für die Baka-Pygmäen in Kamerun beispielsweise, die seit Jahrtausenden von den Wäldern mit Wild, Früchten und Knollengewächsen versorgt werden, ist es eine Selbstverständlichkeit, einen Teil der essbaren Yamswuzeln stehen zu lassen. Auf diese Weise können sich die Pflanzen weiter ausbreiten und auch Elefanten und Buschschweinen als Nahrungsquelle dienen. "Die Baka halten sich wie ihre Vorfahren an einen ausgeklügelten Schutzkodex", erklärte Mike Hurran von 'Survival International', einer Organisation, die sich für die Rechte indigener Völker einsetzt.


Gefahr von allen Seiten

Doch der Druck auf die Wälder, den Lebensräumen der Baka, wächst. Gefahr droht von allen Seiten: von den Holzunternehmen, dem Bergbau und der Wilderei. Das UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) geht davon aus, dass der Handel mit bedrohten Arten jedes Jahr um die 23 Milliarden US-Dollar umsetzt. Das Geschäft gefährdet nicht nur das Überleben bedrohter Arten, sondern bringt die Wildlife-Herkunftsländer um dringend benötigte Entwicklungschancen.

Vor Ort wird es zudem immer schwieriger, gegen die Wildlife-Kriminalität vorzugehen. Wilderer, hinter denen die gleichen kriminellen Syndikate stecken wie hinter dem Drogen- und Menschenhandel, greifen auf immer hochkarätigere Techniken zurück. Gleichzeitig setzen Rohstoffabbau, Bergbau und Holzeinschlag den Habitaten immer weiter zu. Die in die Wälder verbrachten Arbeiter verstärken den Druck auf die Ökosysteme, da sie selbst von dem Buschfleisch und dem Handel mit wildlebenden Tieren lebten.

"Wenn der Handel mit wildlebenden Tieren und Buschfleisch zu einem Rückgang der Wildtierpopulationen führt, sind die Menschen, die die Folgen als erste zu spüren bekommen, die Indigenen, die Wildtiere zum Überleben brauchen", warnte James Deutsch von der 'Wildlife Conservation Society' (WCS) im Gespräch mit IPS.

Survival International zufolge haben Naturschützer in den letzten Jahren des Öfteren ihr Interesse zum Ausdruck gebracht, mit den indigenen Völkern zu kooperieren. Doch folgten den Worten zu selten Taten, so die Organisation. Hurran wirft den häufig von Umweltschutzorganisationen finanzierten Anti-Wilderei-Brigaden vor, sich meist nur auf die schwächsten Glieder der Kette zu konzentrieren: auf die Menschen, die seit Generationen auf die Jagd gehen, um ihre Familien zu ernähren.

Auch komme es oft genug vor, dass die Einheiten, die für den Schutz wildlebender Tierarten abgestellt werden, korrupt seien oder die Menschenrechte von Volksgruppen wie den Baka nicht respektierten. "Die Baka haben uns erzählt, dass sie selbst in den Zonen, in denen sie offiziell jagen dürfen, von den Patrouillen angehalten werden. Oft müssen sie ihre Beute abgegeben, werden schikaniert oder sogar misshandelt", kritisierte Hurran.

Survival International zufolge gehören auch der WWF in Kamerun und die WCS in der Demokratischen Republik Kongo zu den Organisationen, die Brigaden zur Bekämpfung der Wilderei finanzieren.

Dazu meinte der WWF in einer Stellungnahme gegenüber IPS: "An der Basis gestaltet sich der Wunsch, die Rechte der indigenen Gemeinschaften mit dem Schutz der Ressourcen, die wichtig für sie und die globale Gemeinschaft sind, in Einklang zu bringen, als extrem schwierig. [...] Der WWF ist der Meinung, dass die Parks Guides brauchen, und Modellprojekte wie das Gemeindebasierte natürliche Ressourcenmanagement, das der WWF seit vielen Jahren weltweit unterstützt, haben sichergestellt, dass es in vielen Parks Personal gibt."

Der WWF sei offen für eine übergreifende Zusammenarbeit, hieß es. Man halte sich an seine Verpflichtungen, der Kamerunischen Nationalen Kommission für Menschenrechte und Freiheit bei der Aufklärung mutmaßlicher Menschenrechtsvergehen durch die Umweltwächter und Militärs zu helfen. Auch sei man dabei, aus den Erfahrungen zu lernen und mehr für die Baka und den Schutz der kamerunischen Wälder zu tun.


Respekt und Einhaltung der Menschenrechte

Deutsch betonte zudem die Notwendigkeit, die Partnerschaft zwischen Menschenrechtsaktivisten und Naturschützern zu vertiefen, um die komplexen ökologischen Herausforderungen meistern zu können. Was die für die Rettung der wildlebenden Arten notwendige Kooperation der Naturschützer mit den Indigenen angehe, gelte es sicherzustellen, dass sowohl die Menschenrechte als auch die traditionellen Gesellschaften respektiert würden. Deutsch zufolge, der elf Jahre lang für die WCS-Programme in Afrika zuständig war, erfordern die Bemühungen nach Lösungen ein gutes Maß an Beharrlichkeit.

Beide Parteien sind sich darin einig, dass die nationalen und internationalen Gesetze zum Schutz indigener Völker viel zu schwach sind. Wie aus der WWF-Mitteilung hervorgeht, mangelt es theoretisch und praktisch an einer offiziellen Anerkennung der Gewohnheitsrechte und dem Wissen, der Bereitschaft und den Infrastrukturen, um internationale Menschenrechtsverträge unterstützen zu können.

Wie Nik Sekhran, Direktor des UNDP-Abteilung für nachhaltige Entwicklung, auf der UN-Veranstaltung zum Welt-Wildlife-Tag erklärte, hängen viele Gemeinschaften und indigene Völker von einer nachhaltigen Nutzung der Produkte wildlebender Tiere und von den Pflanzen für medizinische Zwecke ab.

Die Einnahmen aus dem Wildlife-Tourismus werden oft als wichtige Möglichkeit beschrieben, um den Schutz wildlebender Tiere in Entwicklungsländern zu gewährleisten. Doch erreichen die Einnahmen nicht immer die ärmsten Gemeinschaften vor Ort. Deutsch zufolge ist es schon häufig vorgekommen, dass der Wildlife-Tourismus mit dem Ziel vorangebracht wurde, den traditionellen Gemeinschaften aus Jägern und Sammlern zu helfen, was sich dann aber nicht bewerkstelligen ließ. (Ende/IPS/kb/2015)


Link:

http://www.ipsnews.net/2015/03/can-indigenous-and-wildlife-conservationists-work-together/

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IPS-Tagesdienst vom 6. März 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. März 2015

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