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WALD/072: Malawi - Klimakiller Holzkohle, "Wir sind darauf angewiesen" (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 30. November 2011

Malawi: Klimakiller Holzkohle - 'Wir sind darauf angewiesen'

von Travis Lupick und Archibald Kasakura

Viel Wald geht für Holzkohle drauf - Bild: © Travis Lupick/IPS

Viel Wald geht für Holzkohle drauf
Bild: © Travis Lupick/IPS

Blantyre, Malawi, 30. November (IPS) - Daniel Chakunkha und Mussa Abu haben mit ihren Rädern den Dorfausgang von Kakunje erreicht. Die staubige Straße führt nach Mwanza, einer Ortschaft im Südwesten Malawis. In die andere Richtung geht's nach Blantyre, dem Handelszentrum des südostafrikanischen Landes.

"Wir müssen nach Mwanza, weil nur noch dort Feuerholz zu finden ist", erläutert Chakunkha. Abu und er sind seit den 1970er Jahren im Geschäft. Sie hacken Holz, machen Holzkohle daraus, die sie dann in Blantyre verkaufen. Im Laufe der Jahre mussten sie immer weiter landeinwärts fahren, um Bäume zu finden, die sie fällen konnten.

Die legale sowie illegale Abholzung ist ein großes Problem in Malawi. Die Bevölkerung ist stark von den natürlichen Ressourcen abhängig, um sowohl die Nachfrage nach Nahrung als auch nach Energie zu befriedigen. In Bezug auf die Bevölkerungsdichte liegt Malawi in Afrika an fünfter Stelle. 80 Prozent der fast 15 Millionen Einwohner sind Kleinbauern, die sich von den Früchten ihrer Felder ernähren. 85 Prozent der Bevölkerung nutzen Holzkohle zum Kochen.


2,6 Prozent weniger Wälder pro Jahr

Regierungsangaben zufolge verliert Malawi jährlich 2,6 Prozent seiner Wälder. "Die Wälder schwinden, weil unsere Bevölkerung immer stärker wächst und den Ausbau der Infrastruktur erforderlich macht", sagt Michael Mmangisa, Projektmanager der 'Armuts- und Entwicklungsinitiative' in Malawi. Zusammen mit ungeeigneten politischen Maßnahmen und schlechter Regierungsführung bleibe die Umwelt eher ein Randthema und werde weiter ausgebeutet.

Hinzu kommt, dass die Produktion von Holzkohle in Malawi ineffizient ist. "Mit den Methoden und Werkzeugen der meist kleinen Produzenten werden letztlich große Flächen gefällt, der Ertrag bleibt aber vergleichsweise gering", sagt Bright Sibale, Leiter des 'Zentrums für Entwicklungsmanagement'.

Die Produzenten wissen um das Problem: "Uns ist klar, dass die zunehmende Entwaldung schlecht für die Umwelt ist, aber wir sind darauf angewiesen", sagt Abu gegenüber IPS. "Dass hier immer weniger Bäume stehen, ist auch für uns ein Problem", fügt Chakunkha hinzu. "Früher war der Boden auf unseren Feldern fester und wir haben auf der gleichen Fläche mehr geerntet. Jetzt ist unser Farmland fast nutzlos geworden."

Die Umstände, von denen Abu spricht, sind auch auf die Regierungspolitik zurückzuführen. Die Wälder Malawis sind heutzutage fast gänzlich in öffentlicher oder privater Hand. Die ursprünglich in den Wäldern und angrenzenden Regionen beheimateten Menschen dürfen nicht wie früher aus den Wäldern holen was sie brauchen. Stattdessen brauchen sie Einschlagsgenehmigungen. Die Regierung hat allerdings seit Jahren keine Lizenzen mehr erteilt.


90.000 Menschen schlagen ihr Feuerholz selbst

"Die aktuelle Situation kriminalisiert praktisch alle Feuerholz-Produzenten", heißt es in einem Bericht des 'Internationalen Instituts für Umwelt und Entwicklung' (IIED). Und das ist eine beträchtliche Anzahl von Menschen: Dem IIED zufolge schlagen mehr als 90.000 Malawier ihr eigenes Feuerholz oder bieten es zum Kauf an.

Sibale sieht die Lösung des Problems darin, wieder mehr auf Gemeinschaftsfelder und -wälder zu setzen. "Momentan denken alle: Wenn ich mir nicht hole, was ich brauche, machen es die anderen." Mit Gemeinschaftswäldern würde die Verantwortung für die Wälder wieder auf diejenigen verteilt werden, die sie auch unmittelbar nutzen. Das führe letztlich zu eine nachhaltigeren Bewirtschaftung.

Einen anderen Ansatz verfolgt Yanira Ntupanyama, Leiterin der nationalen Umweltbehörde. "Wir müssen weg von der Holzkohle." Die Regierung setze verstärkt auf Biogas, um die Abhängigkeit von Holz zum Befeuern der Öfen zu verringern. Und: "Wir müssen Anreize schaffen, auch anders Einkommen zu generieren." (Ende/IPS/jt/2011)


Links:
http://pubs.iied.org/pdfs/13544IIED.pdf
http://cdmmalawi.com/index_1.html
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=105981

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 30. November 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Dezember 2011