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WALD/080: Chile - Großfeuer in Nationalpark, strengere Strafen für Brandverursacher gefordert (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 24. Januar 2012

Chile: Großfeuer in Nationalpark - Strengere Strafen für Brandverursacher gefordert

von Pamela Sepúlveda


Santiago, 24. Januar (IPS) - In dem chilenischen Nationalpark Torres del Paine in Patagonien wütet seit Ende Dezember ein Großbrand. An manchen Stellen ist der Wald vollständig zerstört. Die Behörden gehen davon aus, dass die Schäden erst in 80 Jahren wieder ausgeglichen sein werden. Umweltaktivisten kritisieren die geltenden Schutzgesetze als zu lax.

Die von starken Winden angefachten Flammen haben sich in einem schwer zugänglichen Gebiet ausgebreitet. Wie die zuständigen Behörden IPS mitteilten, ist eine Fläche von mehr als 16.000 Hektar betroffen. Der Alarm wurde inzwischen aber von dem nationalen Amt für Katastrophenschutz von der Stufe rot auf die Stufe gelb zurückgestuft.

Mindestens 200 Einsatzkräfte kämpfen gegen den Brand, darunter Beamte der Forstbehörde CONAF, Angehörige der Streitkräfte und der Polizei. Auch aus den Nachbarländern Argentinien, Uruguay und Brasilien kam Verstärkung.

Der Nationalpark Torres del Paine, der rund 3.000 Kilometer südlich der Hauptstadt Santiago liegt, erstreckt sich über eine 200.000 Hektar große Fläche. Er ist einer der größten touristischen Anziehungspunkte Chiles und verfügt über reiche natürliche Ressourcen. Der Park liegt in der Provinz Ultima Esperanza in der Region Magellanes, zwischen dem Hochgebirgsmassiv der Anden und der patagonischen Steppe. 1978 erklärte die Weltkulturorganisation UNESCO das Gebiet zum Biosphären-Reservat.

Nach offiziellen Angaben sind vor allem Südbuchen, antarktische Scheinbuchen, Weißeichen, immergrüne Büsche und Steppengräser den Flammen zum Opfer gefallen. Auch touristische Einrichtungen und CONAF-Installationen wurden beschädigt.


Urlauber für Brand verantwortlich

Das Feuer wurde offensichtlich von unachtsamen Touristen ausgelöst. Von dem Berggebiet Olguín nahe dem Grey-Gletscher breitete es sich nach Süden bis zum Paine-Massiv aus, wo es sich von zwei verschiedenen Stellen aus weiter durch die Landschaft frisst. An manchen Orten wurde der Brand durch Winde verstärkt, die in der Region Geschwindigkeiten von mehr als 100 Stundenkilometern erreichen können. Beobachter befürchten, dass das Feuer erst Ende März, am Ende des Sommers auf der Südhalbkugel, gelöscht sein wird.

CONAF-Mitarbeiter Eduardo Katz zufolge wurde der Wald in den betroffenen Zonen teils komplett vernichtet. Dort, wo die Schäden nicht so groß seien, müsse man sehen, wie die Pflanzen das Feuer überstünden. Dies hänge auch von den Regenfällen und den Temperaturen ab. In den ersten Januarwochen regnete es immerhin mindestens einmal wöchentlich. "Durch die letzten Niederschläge haben sich größere Grasflächen erholt. Damit konnten wir die Bodenerosion eindämmen", sagte Katz. "Grasfressende Tiere finden zudem wieder Futter."

In dem Nationalpark kommen etwa 300 Pflanzenarten, 126 Vogelspezies und mehr als 30 Arten von Säugetieren, Reptilien, Amphibien und Fischen vor. Die Landschaft besteht aus Vegetation, Seen, Gletschern, dem Pazifischen Ozean und rund 150 Millionen Jahre alten Felsmassiven.

Katz äußerte sich erleichtert darüber, dass die Guanacos, eine Lama-Art, und die Huemules-Hirsche nicht direkt in dem Katastrophengebiet leben. Er geht davon aus, dass es vielen anderen Tieren gelungen ist, den Flammen zu entkommen.

Umweltschützer machen sich indes Sorgen darüber, wie lange die Ökosysteme brauchen werden, um sich nach dem Brand zu regenerieren. In Patagonien gehe dieser Prozess eher langsam voran, sagte der CONAF-Vertreter.

Zuletzt hatte es 2005 in dem Nationalpark gebrannt. Damals zeigte sich, dass die Grasflächen sich bereits innerhalb eines Jahres erholt hatten. Um den Wald ist es jedoch wesentlich schlechter bestellt. Katz rechnet damit, dass die Südbuchen und die antarktischen Scheinbuchen erst nach mindestens acht Jahrzehnten wieder ihren bisherigen Zustand erreicht haben werden.


Aufforstungsmaßnahmen und neues Schutzgesetz geplant

Um den Prozess zu beschleunigen, soll das Gebiet aufgeforstet und vor Schädlingen geschützt werden. Das beste Mittel zur Vorbeugung weiterer Katastrophen sei ein umsichtiges Verhalten der Parkbesucher, betonte er. Die bisherigen zwei Brände seien durch Menschen verursacht worden, die an ungeeigneten Stellen gezeltet hätten und nicht korrekt mit Feuer umgegangen seien.

Die Direktorin der unabhängigen Umweltorganisation 'Chile Sustentable', Sara Larraín, warf der Regierung unzureichende Schutzmaßnahmen vor. "Der Staat stellt für den Schutz der Naturparks gerade einmal zwei US-Dollar pro Hektar und Jahr bereit", kritisierte die ehemalige Präsidentschaftskandidatin. "Weder die Infrastruktur noch das Personal reichen aus, um diese Gebiete zu schützen."

Das derzeitige Feuer in Park Torres del Paine zeige, dass aus vorangegangenen Katastrophen nicht gelernt worden sei, erklärte sie. Schließlich sei auch der Brand vor sieben Jahren von einem Touristen verursacht worden, der sich nicht an die Vorschriften gehalten habe. Seit 2005 habe es dennoch keine Gesetzesänderung gegeben, um derartige Katastrophen zu verhindern. Die Waldschutzbestimmungen stammten noch aus den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts.

Nach Ausbruch des jüngsten Großfeuers kündigte Staatspräsident Sebastián Piñera immerhin ein neues Waldschutzgesetz und höhere Strafen für Verursacher von Bränden an. Das bisherige Gesetz von 1931 sieht eine maximale Haftstrafe von 67 Tagen vor. Vorgesehen ist außerdem ein nationaler Plan zur Brandprävention, eine neue Behörde, die seine Einhaltung überwachen soll, sowie die Einrichtung eines speziellen Nothilfefonds. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:
http://www.conaf.cl/
http://www.unesco.org/new/en/natural-sciences/environment/ecological-sciences/
http://www.chilesustentable.net/
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=99996

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 24. Januar 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Januar 2012