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WALD/101: Mexiko - Wälder im Aufbau (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 26. Juli 2012

Mexiko: Wälder im Aufbau

von Emilio Godoy


Mario Guzman schlägt Holz im Gemeindewald - Bild: © Emilio Godoy/IPS

Mario Guzman schlägt Holz im Gemeindewald
Bild: © Emilio Godoy/IPS

Amanalco, Mexiko, 26. Juli (IPS) - Mario Guzmán hat sich vorgenommen, erst dann wieder Bäume zu fällen, wenn sich die Regenzeit langsam ihrem Ende zuneigt. Das wird frühestens ab August der Fall sein. "Jetzt sind die Wege noch viel zu matschig, die Laster kämen nicht durch", sagt der mexikanische Bauer aus der Ortschaft Amanalco, die ihre Gemeindewälder nachhaltig bewirtschaftet.

Guzmán meint den 150 Kilometer südlich von Mexiko-Stadt gelegenen Gemeindeforst El Potrero, der zusammen mit weiteren zehn Waldgebieten von der 1981 gegründeten Gemeindelandvereinigung Emiliano Zapata verwaltet wird. Dem Verband aus 2.400 Agrareigentümern ist es gelungen, 11.600 Hektar Wald zu schützen und gleichzeitig Einnahmen aus dem Verkauf von Pinien-, Eichen- und Tannenholz zu erzielen.

Im 22.872 Einwohner zählenden Amanalco - der Name bedeutet in der Sprache der Náhuatl-Indigenen 'am Fischteich' oder 'Ort in der Nähe des Sees' - haben die Eigentümer des Gemeindelandes gelernt, natürliche Schutzwälle zu errichten sowie Obst- und andere Bäume zu pflanzen, um den Verlust der Böden zu verhindern. Wenn sie in den Waldgebieten mit der Kettensäge anrücken, fällen sie nur die ältesten und kranken Exemplare, um dem Ökosystem die Chance zu geben, sich zu regenerieren.

"Es ist schon eine gute Sache, dass wir von den Wäldern profitieren können", meint Guzmán, der in seinem Dorf auf einer 7,5 Hektar großen Parzelle Mais, Hafer und Kartoffeln für den Eigenbedarf anbaut. "Jahrelang mussten wir mitansehen, wie unser Wald von einer Firma ausgebeutet wurde, von der wie nicht wussten, wie lange sie noch bleiben würde", berichtet der 51-jährige Bauer und Vater von sechs Kindern, der es inzwischen zum Vorsitzenden des Gemeindelandkontrollrats gebracht hat.


Ein REDD+-Pilotprojekt

Die Gemeindelandvereinigung Emiliano Zapata gilt als gelungenes Beispiel für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung. Es ist eines von sechs in Mexiko durchgeführten REDD+Projekten. REDD+ ist eine Initiative zur Verringerung der Emissionen aus Entwaldung und Schädigung von Wäldern, die von den Vereinten Nationen unterstützt wird.

Mexikos Walddecke erstreckt sich über eine Fläche von 65 Millionen Hektar. Den amtlichen Angaben zufolge verliert das lateinamerikanische Land jährlich 150.000 Hektar. Umweltorganisationen zufolge sind die Verluste doppelt so hoch. Die Wälder sind Teil der kommunalen Ländereien. 600 dieser 2.300 Kommunen führen nach Angaben des Mexikanischen Bürgerrats für nachhaltige Waldbewirtschaftung (CCMSS) 600 Forstbetriebe.

Mexiko mit seinen 112 Millionen Einwohnern erzeugt jedes Jahr rund 709 Millionen Tonnen Klimagase. 16 Prozent der CO2-Emissionen gehen auf das Konto von landwirtschaftlichen Aktivitäten und Abholzung.

REDD+, das den Ländern des Südens finanzielle und technologische Hilfe verschaffen soll, um den Kahlschlag der Wälder zu drosseln, stößt aber auch auf Kritik. So monieren Wissenschaftler und Gemeinden, dass die Initiative Wälder zur bloßen Handelsware degradiere.

"Sollen doch die Eigentümer der Wälder entscheiden, ob sie sich an REDD+ beteiligen wollen oder nicht", meint dazu Félix López von der unabhängigen Vereinigung der Gemeindeforstwirte des südlichen Bundessstaates Oaxaca. Dem Zusammenschluss stehen rund 100.000 Hektar Wald zur Verfügung.

Mit REDD+ könnte es Mexiko nicht nur gelingen, seine Wälder zu schützen, sondern auch wieder aufzuforsten. Dadurch ließen sich 41,8 Millionen Tonnen Klimagase einsparen. Darüber hinaus würde eine Verringerung der Agrar- und Weideflächen mit einer weiteren CO2-Einsparung von 4,7 Millionen Tonnen einhergehen.

Derzeit werden REDD+-Projekte in 16 Ländern umgesetzt. Im Januar stimmte die Weltbank einem Kredit in Höhe von 392 Millionen US-Dollar für die Durchführung des mexikanischen Projekts für Wälder und Klimawandel zu. Der Betrag soll in erster Linie Initiativen einzelner Waldgemeinschaften zugutekommen. Für das laufende Jahr steht dem Waldsektor ein Haushalt von 441 Millionen Dollar zur Verfügung.

Die Gemeindelandvereinigung Emiliano Zapata hat sich bei der CCMSS, der mexikanischen Gonzalo-Río-Arronte-Stiftung und der US-amerikanischen Einrichtung 'Interamericana' Finanzierungsmöglichkeiten erschlossen. Von den Geldern kaufte sie ein Sägewerk, das 23 Personen beschäftigt und täglich 170 Kubikmeter Holz produziert.


Vermittler ausgeschaltet

Inzwischen sind die Gemeindewaldeigentümer nicht mehr auf Mittelsmänner angewiesen, sondern können hier Holz direkt an das Sägewerk liefern oder an externe Käufer veräußern. Dadurch lassen sich bessere Preise erzielen. Derzeit verdienen die Produzenten an einem Kubikmeter Holz jeweils 73 Dollar. Die Waldeigentümer haben nun vor, ihre verwaltungstechnischen, bäuerlichen und forstwirtschaftlichen Kenntnisse zu erweitern.

Aus einem Fortschrittsbericht der 'Forest Carbon Partnership Facility' (FCPF) geht hervor, dass die Mexikaner nun dafür sorgen müssten, ihre auf unterschiedliche Bundesstaaten verteilten Projekte zu harmonisieren. Die FCPF, eine Allianz aus Staaten, nichtstaatlichen und internationalen Akteuren, die Projekte zur Verringerung der durch Entwaldung und Walddegradierung freigesetzten Klimagase unterstützt, hat Mexiko als eines von acht Pilotländern ausgesucht.

Unbeantwortet ist die Frage geblieben, wie sich die REDD+-Strategie in Regionen anwenden lässt, in denen Agrarkonflikte schwelen. Nach Angaben des Ministeriums für Agrarreform gibt es landesweit 526 solcher Konflikte. (Ende/IPS/kb/2012)


Links:

http://bosques.org.mx/quienessomos
http://www.forestcarbonpartnership.org/fcp/sites/forestcarbonpartnership.org/files/Documents/PDF/Sep2010/New%20FCPF%20brochure%20--%20low%20resolution%20051809_0.pdf
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=101260

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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juli 2012