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WIRTSCHAFT/001: Libanon - Taschen aus Müll, Modefirma aus Ghana schärft Umweltbewusstsein (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 17. Januar 2011

Libanon: Taschen aus Müll - Modefirma aus Ghana schärft Umweltbewusstsein

Von Mona Alami


Beirut, 17. Januar (IPS) - Die Libanesin Wafa Saab mag umweltfreundliche Mode. Stolz zeigt die Managerin des Farbenherstellers 'Tinol' ihre pink-blaue Sporttasche vor. Niemand würde wohl darauf kommen, dass das schrille Accessoire eigentlich Müll ist.

"Wie der Name schon sagt, besteht die 'Trashy Bag' ganz aus Abfällen. Sie werden in Ghana gesammelt", erklärt Saab. Seit 2007 produziert die 'Trashy Bags Company' ökologisch korrekte Taschen, die nicht nur cool aussehen, sondern auch praktisch sind. Immerhin halten sie ein Gewicht von 20 Kilo aus. Und das 'grüne Gewissen' der Kunden ist beruhigt: Wer eine 'Trashy Bag' kauft, trägt insgesamt 70 recycelte Trinkbeutel mit sich herum.

Firmenchef Stuart Gold war irgendwann aufgefallen, wie viel Müll auf den Straßen von Ghanas Hauptstadt Accra herumlag. Die Menschen dort kaufen Trinkwasser in Plastikbeuteln, die sie dann achtlos wegwerfen. Gold gelang es, das Umweltproblem zu einem neuen Geschäftszweig weiterzuentwickeln. Die fertigen 'Mülltaschen' werden für umgerechnet acht bis 50 US-Dollar verkauft.

Etwa 60 Beschäftigte der 'Trashy Bag Company' lesen in Accra und Umgebung Plastikmüll auf, der von Hand gewaschen, desinfiziert und an der Sonne getrocknet wird. Danach werden die Tüten zusammengenäht. "Leute, die uns leere Beutel bringen, bekommen pro Kilo umgerechnet 20 US-Cent", sagt Gold. "Wir sammeln auch gebrauchte Eis-, Fruchtsaft- und Joghurtverpackungen."


Taschen aus 20 Millionen Beuteln

Bis jetzt hat die Firma rund 20 Millionen Plastiktütchen zu Taschen verarbeitet. Jeden Monat kommen etwa 200.000 Beutel zusammen. Der Abfall wird für 23 Produktlinien benötigt - Laptop-Taschen, Beauty-Cases, Rucksäcke, Sporttaschen, Portemonnaies, Hüte und Wasserflaschenhalter.

Die 'Trashy Bags' sind auch in Deutschland, den USA, Großbritannien, Japan, den Niederlanden und Dänemark erhältlich. Am beliebtesten seien sie in den Niederlanden, während in Japan der höchste Umsatz erzielt wird. "Die meisten Käufer sind sehr umweltbewusst und interessieren sich für Afrika", erklärt er.

Im Nahen Osten sprechen diese Accessoires einen besonderen Kundentyp an. "Es sind zumeist weitgereiste und kultivierte Menschen, die ein großes Interesse an Naturschutz haben", erläutert Maya Mazloum, die die 'Trashy Bags' im Libanon vertreibt. Mazloum hält es für wichtig, den Leuten bewusst zu machen, wie sehr der Mensch die Umwelt schädigt.

Plastikmüll ist in den vergangenen Jahren weltweit zu einem immer größeren Problem geworden. Wael Hmaydan von der libanesischen Nichtregierungsorganisation (NGO) 'IndyAct', bewertet die Situation in seinem Land als kritisch. "Wir werden bald keinen Platz mehr für unsere Abfälle haben", warnt er.

Eine Mülldeponie in der Region Nehmeh hat die Einwohner der umliegenden Dörfer kürzlich auf die Barrikaden getrieben. Sie befürchten, dass immer mehr Menschen durch toxische Gase krank werden. Jeden Tag falle eine Riesenmenge an Müll an, sagt der NGO-Direktor. Das Problem verschärfe sich also weiter und müsse dringend gelöst werden.


NGO-Direktor fordert neue Unweltauflagen

Neue Umweltgesetze hält der Aktivist für den einzigen Ausweg aus dem Dilemma. Er plädiert für 'Null-Abfall'-Recyclingstrategien, wie sie bereits in Buenos Aires oder San Francisco umgesetzt würden. Initiativen wie die 'Trashy Bags' hält Hmaydan für gut, aber noch nicht für ausreichend. Der Gesetzgeber müsse vorschreiben, wie mit Rohstoffen umzugehen sei, forderte er. (Ende/IPS/ck/2011)


Links:
http://www.trashybags.org/
http://www.indyact.org/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=54109

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Januar 2011