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FINANZEN/014: Kosten der Klimaanpassung mit Unsicherheiten behaftet (UFZ-Spezial)


Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
UFZ-Spezial Dezember 2009: In Sachen Klimawandel

STANDPUNKT: Kosten der Klimaanpassung mit Unsicherheiten behaftet


Die Ökonomie hat sich in den letzten 30 Jahren mit Fragen des Klimaschutzes beschäftigt. Das Thema Anpassung an den Klimawandel wurde dagegen kaum oder nur vereinzelt bearbeitet. Das zeigt ein aktueller Bericht der OECD zu den Kosten und Nutzen der Klimaanpassung eindrucksvoll. Die dort wiedergegebenen Abschätzungen der weltweiten Kosten für die Klimaanpassung basieren auf wenigen, stark durch Annahmen geprägten Analysen der Kosten für eine Klimaertüchtigung der globalen Finanzströme bis 2030. Sie weisen insgesamt sehr geringe Kosten für die Klimaanpassung aus - unter 0,02 Prozent des Weltsozialprodukts -, aber die Unsicherheiten sind hoch bis zu einem Faktor Zehn bei gleicher methodischer Grundlage. Für eine ökonomische Abschätzung der weltweiten Kosten der Klimaanpassung bieten diese Studien keine verlässliche Grundlage.


Anpassungskosten sind schwer zu bestimmen

Doch warum muss es eine solche Abschätzung der Anpassungskosten überhaupt geben? Passen sich die betroffenen Regionen und Sektoren nicht autonom jeweils zu minimalen Kosten an die vorgefundenen Klimabedingungen an? Diese vereinfachende Sicht, die vielen integrierten Abschätzungsmodellen der Klimaökonomie zugrunde liegt, ist aus meiner Sicht falsch. Ich möchte das an zwei Beispielen für internationale Koordinationsprobleme aufzeigen: Bei starken Klimaänderungen kommt es zur Migration ("Klimaflucht"). Die Kosten der Klimaflucht sind aber heute in keinem ökonomischen Modell des Klimawandels berücksichtigt. Ein anderes Beispiel sind globale Umverteilungsmaßnahmen. Die Folgen der Klimaänderungen treffen die Länder dieser Welt ökonomisch sehr unterschiedlich. Die weltweite ökonomische Last könnte jedoch durch ein Lastenteilungsarrangement verringert werden. Wenn die Länder eine solche Versicherung auf Gegenseitigkeit aber bereits im Vorfeld von Verhandlungen über den Klimaschutz antizipieren, gibt es eine Gefahr: Länder, die sich frühzeitig gegen Klimaänderungen schützen, zahlen mehr in die Lastenumverteilungsfonds als Länder, die zunächst einmal abwarten, wie sich die Klimaänderung bei ihnen auswirkt. Damit steigen die Anpassungskosten für alle.


Win-Win-Strategien können Anpassungskosten senken

Darüber hinaus gibt es zahlreiche positive wie negative Wechselwirkungen zwischen einzelnen Anpassungsmaßnahmen. Die Nutzung von Bioenergie zur Senkung der Treibhausgasemissionen macht anfälliger gegen Klimaschwankungen. Die Schaffung von städtischen Grünkorridoren dagegen bindet Kohlenstoff und verbessert das Stadtklima. Die Ausschöpfung von Synergien und die Vermeidung von Konflikten zwischen Anpassungsmaßnahmen kann das ökonomische Bild der Kosten des Klimawandels stark verändern. Win-Win-Strategien sind der beste Weg, um die Änpassungskosten gering zu halten.


Über 2 Grad Celsius wird's teuer

Die Suche nach Synergien zwischen Klimaanpassung und Klimaschutz ist aber nur dann eine hinreichende Antwort auf die Herausforderungen des Klimawandels, wenn die Erderwärmung auf ein moderates Niveau um zwei Grad Celsius begrenzt werden kann. Jenseits dieses Niveaus wird's teuer. Dann sind weltweit aufwändige Anpassungsstrategien wie Küsten- und Hochwasserschutz oder großflächige Landnutzungsänderungen nötig.    Raimund Schwarze


Studie

Kosten in Mrd.
USD (% BSP)
Zeitbezug

Regionaler
Bezug
Sektoraler
Bezug
Bemerkung

Weltbank
(2006)
­9-41
(< 0,1 %)*
Gegenwart

Entwicklungs-
länder
Gesamtwirtschaft

Vom Klimawandel betroffene
weltweite Finanzstrome
Stern Review
(2006)
­4-37

Gegenwart

Entwicklungs-
länder
Gesamtwirtschaft

Weltbank-Studie
(geringfügig modifiziert)
Oxfam
(2007)
­> 50

Gegenwart

Entwicklungs-
länder
Gesamtwirtschaft

Weltbank-Studie +
Anpassungsprojekte von NGOs
UNDP
(2007)
­86-109

­2015

Entwicklungs-
länder
Gesamtwirtschaft

Weltbank-Studie +
Katastrophenschutzkosten
UNFCCC
(2007)


­28-67



­2030



Entwicklungs-
länder


Landwirtschaft,
Wasserversorgung,
Gesundheit, Küsten-
schutz, Infrastruktur
enthält Doppelzählungen



UNFCCC
(2007)


­44-166
(0,6-0,21%)


­2030



Welt



Landwirtschaft,
Wasserversorgung,
Gesundheit, Küsten-
schutz, Infrastruktur
enthält Doppelzählungen



*) Die Weltbank Studie schätzt die Anteile der vom Klimawandel betroffenen weltweiten Finanzströme. Vgl. OECD (Shardul Agrawala/Samuel Fankhauser), Economic Aspects of Adaptation to Climate Change, Paris. Weltsozialproduktanteile beruhen auf eigenen Berechnungen.


Prof. Reimund Schwarze lehrt Finanzwissenschaft und Umweltökonomie an der Universität Frankfurt/Oder. Seit Oktober 2007 arbeitet er am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ im Bereich "Ökonomie des Klimawandels". Er ist Sprecher für dieses Thema im Rahmen der Klimainitiative der Helmholtz-Gemeinschaft. Im Dezember 2009 ist er Teilnehmer der ClimateNet-Delegation bei der COP 15 in Kopenhagen.

Telefon: 0341/235-1607
e-mail: reimund.schwarze@ufz.de


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Quelle:
UFZ-Spezial Dezember 2009: In Sachen Klimawandel, S. 24
Herausgeber:
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
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veröffentlicht im Schattenblick zum xx. Januar 2010