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FORSCHUNG/311: Von der Kalahari lernen - Steigende Nitratwerte im Grundwasser (UFZ-Spezial)


Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
UFZ-Spezial Dezember 2009: In Sachen Klimawandel

Von der Kalahari lernen

Wie Klimaveränderungen die Nitratwerte im Grundwasser steigen lassen.


Der weite Weg in die Kalahari hat sich für Dr. Susanne Stadler gelohnt: An einer Fallstudie in Botswana konnte sie zeigen, dass es einen Zusammenhang zwischen dem in den letzten tausenden Jahren häufiger aufgetretenen Wechsel von eher feuchtem zu trockenem Klima und dem Nitratgehalt im Grundwasser gibt. Das ist nicht nur ein Problem in Botswana, sondern auch für bestehende oder zukünftige Trockengebiete weltweit. Für ihre Dissertation arbeitete Susanne Stadler vom Geozentrum Hannover eng mit Wissenschaftlern am UFZ zusammen. "Wir untersuchen die Wasserressourcen zusammen mit den an sie gebundenen Stoffkreisläufen des Kohlenstoffs, Schwefels und Stickstoffs", erklärt Dr. Karsten Osenbrück vom UFZ, der an der Studie beteiligt war. Zur Identifizierung der Nitratquellen im Ntane Sandstein Aquifer in Botswana wurde in dieser Studie ein integrativer Ansatz verwendet, der Methoden der Hydrogeologie, Grundwasserchemie und Isotopenhydrologie kombiniert.

Untersuchungen in dicht besiedelten Gebieten wie dem Gaza-Streifen hatten bereits zuvor gezeigt, dass Dünger und Abwässer die Nitratwerte im Grundwasser so ansteigen lassen können, dass daraus Gesundheitsrisiken für die Bevölkerung erwachsen. Doch wie verändern sich Nitratgehalte im Grundwasser in Gegenden, in denen der Einfluss menschlichen Handelns absolut gering ist? In der unbesiedelten Kalahari-Wüste, die sich vor allem auf dem Gebiet von Botswana erstreckt, ist dies der Fall. Die Kalahari ist eigentlich eine Trockensavanne. Ihre charakteristischen lang gestreckten Dünen wurden in einer feuchteren Klimaphase der jüngsten Erdgeschichte (vor etwa 10.000 bis 20.000 Jahren) durch Pflanzenwuchs stabilisiert. Es dominieren Gräser, Dornensträucher und Akazienbäume, die auch bei extrem geringen Niederschlagsmengen überleben können. Die wenigen im Kalahari-Gebiet lebenden Menschen unterhalten Rinderherden, die die bewachsenen Flächen abweiden. Der Wasserbedarf für Mensch und Tier kann ausschließlich über das Grundwasser gedeckt werden.

Bei ihren Untersuchungen fanden Susanne Stadler und ihre Mitstreiter heraus, dass das Grundwasser an einigen Stellen stark erhöhte Nitratkonzentrationen aufwies, die deutlich über dem Grenzwert der Weltgesundheitsorganisation von 50 Milligramm pro Liter liegen. "Das hat natürliche Ursachen", weiß Stadler. So gibt es z. B. Termiten, deren Bauten teilweise bis zum Grundwasserspiegel herunter reichen. Diese Insekten züchten einen Pilz, von dessen Ausscheidungen sie leben. Um diesen Pilz zu ernähren, bringen sie Pflanzenrückstände mit gebundenem Stickstoff in ihren Bau. Doch davon allein geht keine signifikante Gefahr aus. Es sind die Klimaveränderungen, die sich negativ auf die Wasserqualität auswirken: Hydrochemische und isotopenhydrologische Untersuchungen an Grundwasserproben zeigten eine Verbindung von Nitratkonzentrationen und dem Alter von Grundwasser. In langen, trockenen Perioden wird kein neues Grundwasser gebildet - das System wird weniger gut "gespült". "Die Wasserqualität sinkt, weil die gleiche Nitratmenge in weniger Wasser gelöst wird", fasst Karsten Osenbrück zusammen. So gesehen sind die Kalahari und einige Regionen Europas gar nicht mehr so weit entfernt: Durch weitere Verringerung der Niederschlagsmengen könnten sich auch hierzulande die bereits bestehenden Mensch gemachten Probleme durch erhöhte Nitratwerte verschärfen. Im Umweltbericht 2008 eines Schweizer Kantons wird beispielsweise darauf hingewiesen, dass gerade trockene Jahre zu einer temporären Nitratmobilisierung und damit höheren Nitratkonzentrationen im Grundwasser besonders in landwirtschaftlich geprägten Gebieten geführt haben. Verantwortlich seien laut Bericht die gelockerten Vorschriften für die Winterbegrünung von Äckern.

Karsten Osenbrück ist überzeugt: "Wir brauchen bessere Prognosen über die Entwicklung der Grundwasserqualität. Und dafür müssen wir natürliche und Mensch gemachte Komponenten berücksichtigen." Ein Ziel, für das es sich lohnt, in der trockenen und heißen Kalahari zu forschen.    Gundula Lasch


UFZ-Ansprechpartner:
Dr. Karsten Osenbrück
Dept. Isotophenhydrologie
Telefon: 0345/558-5207
e-mail: karsten.osenbrueck@ufz.de
mehr Informationen:
www.ufz.de/index.php?de703

Dr. Susanne Stadler
Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG),
Geozentrum Hannover
Telefon: 0511/643-3545
e-mail: susanne.stadler@liag-hannover.de


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:

Um herauszufinden, aus welchen Quellen im Grundwasser der Kalahari stammt, untersucht UFZ-Mitarbeiterin Martina Neuber die Grundwasserproben mit kombinierten isotopenhydrologischen und chemischen Methoden im Labor.


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Quelle:
UFZ-Spezial Dezember 2009: In Sachen Klimawandel, S. 12
Herausgeber:
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Dezember 2009