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EUROPA/256: Hobbygärtner und Verbraucher trotz EU-Beteuerungen durch Saatgutverordnung betroffen (VEN)


Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt e.V.
Pressemitteilung - 26. April 2013

Hobbygärtner und Verbraucher trotz EU-Beteuerungen durch Saatgutverordnung betroffen

EU bestätigt Zulassungspflicht für Sortenvielfalt



Die EU-Kommission arbeitet an einem neuen Saatgutrecht, über das am 6. Mai die Kommissare abstimmen werden. Nach den bisherigen Entwürfen, die mit Interessensvertretern diskutiert worden sind, wird die Agrochemie-Industrie ihre Vorstellungen noch weiter durchsetzen als es im derzeitigen Recht bereits der Fall ist.

Dass die umstrittene Zulassungspflicht für Vielfaltssorten weiter bestehen wird, hat der zuständige Kommissar Tonio Borg vorab am 24.April bestätigt. Für jede einzelne Sorte, auch wenn davon nur geringe Mengen verkauft werden, muss das zuständige Amt eine Marktzulassung erteilen. Wer viele verschiedene Sorten pflegt und Saatgut an interessierte Gärtner verkauft, hat damit zusätzlich Arbeit und Kosten und könnte sein Angebot einschränken, um nicht illegal zu handeln. Seltene Sorten, die keinen "historischen Hintergrund" (Zitat Tonio Borg) haben, werden erst gar nicht zugelassen. Das ist besonders kurzsichtig, denn diese genetische Vielfalt ist Ausgangsbasis für eine chemiefreie Landwirtschaft und für die Anpassung an Klimaveränderungen.

Das Nachsehen haben nicht nur künftige Generationen, sondern auch heutige Verbraucher und Gärtner. Denn was in die Supermärkte gelangt, ist für den kommerziellen Anbau gezüchtet: ertragreich, gleichzeitig erntereif, einheitlich, lagerfähig. Der Geschmack bleibt dabei oft auf der Strecke. Zudem können und dürfen die heutigen kommerziellen Hybrid-Sorten nicht vermehrt werden. Im Garten legt man dagegen Wert darauf, ohne Chemie und über lange Zeiträume das zu ernten, was am besten schmeckt. Vielfaltssorten können dies besser, und außerdem bieten sie Unabhängigkeit von der agrochemischen Industrie, die heute bereits die Hälfte des weltweit verkauften Saatguts produziert.

Die EU möchte "Transparenz" über Vielfaltssorten herstellen und drängt damit die selteneren aus dem Markt. Die dringend nötige Transparenz über industrielle Sorten dagegen wird verringert; Verbraucher werden nicht mehr erkennen, welche Sorten technisch oder rechtlich nicht vermehrt werden können, so die bisher bekannt gewordenen Vorentwürfe der Saatgutrechtsreform.

Bio-Kunden hätten ebenfalls das Nachsehen. Für den Öko-Landbau gezüchtete Sorten fallen häufig durch die Zulassung, denn sie sind nicht einheitlich genug. Dieser Mangel ist im Ökolandbau ein Plus: Die reichere genetische Ausstattung der Ökosorten macht sie anpassungsfähig. Sie produzieren unter unterschiedlichen Bedingungen, ohne chemische Krücken. Sie würden der agrochemischen Industrie auf dem Saatgutmarkt Konkurrenz machen. Die bisherigen EU-Regelungen verhindern dies durch die vorgeschriebene Einheitlichkeit, und es zeichnet sich keine Verbesserung ab. So entgehen den Bio-Verbrauchern wichtige Möglichkeiten, mit ihren Euros für eine ökologischere Landwirtschaft zu sorgen.

Der Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt ruft gemeinsam mit der Saatgutkampagne in einer Petition die EU-Kommission, das Parlament und den Ministerrat auf, jede Saatgutrechtsreform zurückzuweisen, die bislang bekannten Pläne weiter verfolgt und die Forderungen von Verbrauchern, Gärtnern, Landwirten und Bürgern nicht berücksichtigt.

Link zur Petition:
https://www.openpetition.de/petition/online/saatgutvielfalt-in-gefahr-gegen-eine-eu-saatgutverordnung-zum-nutzen-der-saatgut-industrie

Link zu der Pressemitteilung von Tonio Borg
http://ec.europa.eu/deutschland/press/pr_releases/11327_de.htm

Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt e.V.
http://kulturpflanzen-nutztiervielfalt.org/

Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt e.V.
http://www.nutzpflanzenvielfalt.de/

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Quelle:
Pressemitteilung, 26.04.2013
Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt e.V.
Geschäftsstelle:
c/o Barabara Féret, Mondrianplatz 11, 36041 Fulda
E-Mail: geschaeftsstelle@nutzpflanzenvielfalt.de
Internet: www.nutzpflanzenvielfalt.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. April 2013