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FORSCHUNG/367: Studie warnt vor dem Verlust traditioneller Kulturlandschaften (idw)


Humboldt-Universität zu Berlin - 22.05.2012

Das Erbe der Erde bewahren

Eine Studie warnt vor dem Verlust traditioneller Kulturlandschaften



Die europäischen Staaten, insbesondere die osteuropäischen Länder, besitzen einen Reichtum, den es in Zukunft vielleicht nicht mehr geben wird, wenn die Weichen heute nicht richtig gestellt werden. "Viele Staaten verfügen über Agrarlandschaften, ein Beispiel ist Transsilvanien in Rumänien, die traditionell extensiv bewirtschaftet werden, und eine hohe Artenvielfalt und eine Kulturlandschaft aufweisen, die es zu schützen gilt", erklärt Tobias Kümmerle vom Geographischen Institut der Humboldt-Universität zu Berlin.

Der Professor für Biogeographie ist Mitverfasser der Studie "Conservation policy in traditional farming landscapes", die sich unter Leitung des Lüneburger Professors Jörn Fischer für den nachhaltigen Erhalt dieser Flächen einsetzt und auch die Agrarpolitiker der Europäischen Union dafür sensibilisieren möchte. Mittlerweile fördert die Europäische Union nicht nur die produktionsorientierte Landwirtschaft, sondern hält auch die traditionellen Flächen in allen Teilen der Union für erhaltenswert. "Trotzdem drehen sich die Diskussionen im Rahmen der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) vor allem darum, wie viele Subventionen in Zukunft für welche Landnutzungspraktiken ausgegeben werden sollen", unterstreicht Jörn Fischer. Und genau diesen Weg halten die Wissenschaftler nicht für den Richtigen.

"Die GAP führt oft zu einer Polarisierung der Landwirtschaft. Einerseits werden gute Standorte oft sehr stark intensiviert. Andererseits eröffnen die Subventionen traditionellen Landwirten keine wirkliche Perspektive, und sie verlassen letztendlich oft ihre Bauernhöfe, weil die Erträge nicht zum Leben ausreichen oder sie sich nach einem besseren Leben in der Stadt sehnen", erklärt Kümmerle. Beide Wege führen zu einem stetigen Verlust traditioneller Kulturlandschaften, und damit vieler Arten, die sich über Jahrhunderte an solche Landschaften angepasst haben und nun nur noch dort vorkommen, folgern die Wissenschaftler. "Selbst wo Subventionen zu einem Erhalt traditioneller Bewirtschaftungstechniken führen, ist diese nicht nachhaltig, da die traditionell sehr starke Bindung zwischen Mensch und Umwelt unweigerlich verloren geht", sagt Kümmerle. Seine Beobachtungen beruhen aus Forschungsaufenthalten in den Karpaten, Rumänien, Polen, der Ukraine und Slowakei. Die Gratwanderung, die Artenvielfalt und die traditionelle Landwirtschaft zu erhalten und den Bauern trotzdem eine erstrebenswerte Lebengrundlage zu bieten, ist sicherlich keine einfache. "Ist gibt nicht den einen Königsweg und Subventionen werden auch weiterhin ein wichtiges Instrument bleiben, allerdings nicht nur, um alte Methoden der Bewirtschaftung zu konservieren, sondern auch um neue Wege zu beschreiten und neue Bindungen zwischen Mensch und Umwelt in traditionellen Agrarlandschaften zu schaffen", sagt Kümmerle.

Vorstellbar ist für die Wissenschaftler die Unterstützung lokaler Projekte wie beispielsweise Ökotourismus oder die Vermarktung von regionalen Produkten, um die starke Verahnung von Land und Mensch weiter zu erhalten und auch zu initiieren. Um dieses zu erreichen, sollten die EU-Politiker die alten "Trampelpfade" verlassen und neue Wege denken.

Die vollständige Studie "Conservation policy in traditional farming landscapes" von Jörn Fischer, Tibor Hartel und Tobias Kümmerle ist online zu finden unter:
http://onlinelibrary.wiley.com/journal/10.1111/%28ISSN%291755-263X/earlyview

WEITERE INFORMATIONEN
Herr Prof. Dr. rer. nat. Tobias Kümmerle
Humboldt-Universität zu Berlin
Geographisches Institut/Biogeographie
Telefon: 030 2093-9372
E-Mail: tobias.kuemmerle@geo.hu-berlin.de
Web: www.geographie.hu-berlin.de

Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/de/news478825
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution46

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Humboldt-Universität zu Berlin, Constanze Haase, 22.05.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Mai 2012