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FORSCHUNG/468: Mit weniger Chemie zum Ziel (idw)


Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen - 13.01.2015

Mit weniger Chemie zum Ziel: Erfolgsgeschichte der Demonstrationsbetriebe integrierter Pflanzens

Julius Kühn-Institut veröffentlicht ersten Ergebnisbericht zum Modell- und Demonstrationsvorhaben auf http://demo-ips.jki.bund.de/



(Kleinmachnow) Der Begriff "integrierter Pflanzenschutz" sagt leider vielen Verbrauchern nichts, obwohl dieses ganzheitliche Konzept seit über 50 Jahren in der Fachwelt bekannt ist. Engagierte und innovative Obst-, Wein- und auch Ackerbauern aus ganz Deutschland sind im Jahr 2011 angetreten, um auf ihren Betrieben für jeweils fünf Jahre zu testen und zu demonstrieren, wie der Schutz ihrer Apfel- und Weinanlagen oder Getreide-und Rapsbestände vor Krankheiten, Schädlingen und Unkräutern konsequent nach den Prinzipien des integrierten Pflanzenschutzes gestaltet werden kann. Sie folgten dem Aufruf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und schlossen sich im Modell- und Demonstrationsvorhaben "Demonstrationsbetriebe integrierter Pflanzenschutz" zusammen. Die Koordination liegt in den Händen des Julius Kühn-Instituts (JKI). Im Jahr 2014 ging das Projekt in die zweite Phase. Zu den anfänglich 28 Demonstrationsbetrieben gesellten sich weitere Betriebe, auch aus dem Feldgemüse- und Hopfenanbau, so dass mittlerweile 66 Betriebe beteiligt sind. Jetzt veröffentlichte das Julius Kühn-Institut den ersten Ergebnisbericht auf der Website des Projektes:
http://demo-ips.jki.bund.de/.

Pflanzen "integriert zu schützen" heißt, dass vorbeugenden und nicht-chemischen Maßnahmen immer der Vorrang gegeben wird vor dem Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel. Deren Anwendung wird auf das notwendige Maß begrenzt. Die Betriebe mussten dafür ausgetretene Pfade verlassen und alternative Methoden erproben. Dies erfordert von den Landwirten, Obstbauern und Winzern Offenheit und eine gewisse Risikobereitschaft. Außerdem brauchte es eine zuverlässige Beratung vor Ort. Von Anfang an wurden den Betrieben Projektbetreuer an die Seite gestellt, die gemeinsam mit den Experten der Pflanzenschutzdienste der Länder die Betriebe bei der Einführung neuer Verfahren unterstützten und das Wachstum der Kulturpflanzen sowie das Auftreten von Schaderregern permanent im Blick behielten.

Was wird in den Demobetrieben anders gemacht?
  • Eingefahrene Pflanzenschutzstrategien werden überdacht und hinterfragt.
  • Neue technische Möglichkeiten werden ausgeschöpft, z. B. GPS-gesteuerte Teilbreitenschaltung der Pflanzenschutzgeräte oder/und abdriftmindernde Düsen.
  • Bei der Sortenwahl werden, wenn praktikabel, widerstandsfähige Sorten bevorzugt.
  • Alle Felder werden regelmäßig auf Schaderregerbefall kontrolliert.
  • Alle verfügbaren biologischen Verfahren werden angewendet, z. B. Pheromone gegen Apfel- und Weinschädlinge.
  • Die Biodiversität auf den Flächen wird bewusst gefördert, z. B. durch die Anlage von Blühstreifen.

"Die Ergebnisse aus den ersten drei Projektjahren zeigen, dass durch konsequenten integrierten Pflanzenschutz die Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel um 10 bis 20% reduziert werden", sagt Prof. Dr. Bernd Freier vom Julius Kühn-Institut. Auf den ersten Blick scheint eine Einsparung von 10 % nicht viel. "Aber auf die bewirtschaftete Fläche bezogen, steckt dahinter eine beachtliche Summe, zumal die Betriebe umweltfreundlicher produzieren", macht der Projektkoordinator deutlich. Diese Einsparung konnte nur durch die Beratung im Hintergrund erreicht werden, die mit einem zusätzlichen Zeitaufwand für das Monitoring der Felder einhergeht. Der kann bei ca. 20 Minuten pro Feldbegehung liegen. Denn es geht darum, ob und wann eine Abwehrmaßnahme notwendig ist, oder eben bewusst auf eine Pflanzenschutzmaßnahme verzichtet werden kann.

"Integrierter Pflanzenschutz muss sich in der Praxis lohnen, sonst wird das Konzept von den Landwirten nicht gelebt", konstatiert Freier. Das Demovorhaben habe gezeigt, dass Landwirte in Deutschland schon vieles richtig machen, aber dennoch Einsparpotenzial vorhanden ist. Für die Akzeptanz des integrierten Pflanzenschutzes ist Kommunikation der Schlüssel. Die jährlichen Hoftage der beteiligten Betriebe sind sowohl Plattform für den fachlichen Austausch mit anderen Landwirten als auch für den Diskurs mit der interessierten Bevölkerung.

Weitere Optimierungen im Pflanzenschutz können nur durch zusätzliche Anstrengungen erzielt werden, so das Fazit der Wissenschaftler. Der regelmäßige Austausch mit Experten spielt ebenso wie die Verfügbarkeit von Alternativen zum Pflanzenschutzmitteleinsatz eine wichtige Rolle. Hier ist die Forschung weiterhin gefragt, neue Methoden zu entwickeln und bereits bestehende Verfahren zu verbessern.

Weitere Informationen finden Sie unter
Erster Ergebnisbericht
http://demo-ips.jki.bund.de/index.php?menuid=16
Projektwebseite Demonstrationsbetriebe
http://demo-ips.jki.bund.de/

Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/de/news620216
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution248

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen,
Dipl.-Biol. Stefanie Hahn, 13.01.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Januar 2015


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