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SCHÄDLING/030: Für Fruchtwechsel - BUND lehnt Gifteinsatz gegen Maiswurzelbohrer ab (BUND BW)


BUND Landesverband Baden-Württemberg e.V. - 4. August 2009

BUND lehnt Gifteinsatz gegen Maiswurzelbohrer ab: Fruchtwechsel statt chemischer Keule


Stuttgart. Heute besichtigt Landwirtschaftsminister Peter Hauk ein vom Maiswurzelbohrer befallenes Feld in Lahr-Hugsweier im Ortenaukreis. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Baden-Württemberg, forderte die Landesregierung zu diesem Anlass erneut auf, beim Vorgehen gegen den Käfer auf Schädlingsbekämpfungsmittel zu verzichten. Nach Auskunft des Ministeriums für ländlichen Raum sind die Landkreise Konstanz und Ortenau dieses Jahr bisher die einzigen, in denen insgesamt gut 100 Stück des winzigen Blattkäfers gefunden wurde. Die BUND-Landesvorsitzende Dr. Brigitte Dahlbender erklärte: "Fruchtwechsel sind das einfachste und wirksamste Mittel gegen den Maiswurzelbohrer. Würde der Mais auf Felder gepflanzt, auf denen vorher Weizen stand, müsste man nun nicht sprichwörtlich mit Kanonen auf Spatzen schießen. Momentan wird Mais dagegen immer wieder auf demselben Feld angebaut - kein Wunder, dass der Maiswurzelbohrer sich hier wohlfühlt " Dass Fruchtfolgen nicht nur umweltverträglicher, sondern auch effektiver als Insektizide sind, hat das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg (MLR) im Abschlussbericht zum Bienensterben 2008 wissenschaftlich selbst nachgewiesen. Dahlbender: "Jetzt muss das Land diese einfachen Erkenntnis auch endlich umsetzen."

"Fruchtfolgen sind nicht nur für Bienen, Mensch und Umwelt besser als Insektizide, sie sind auch viel wirtschaftlicher", betonte Dahlbender. "Das haben nicht nur unsere Fachleute festgestellt, sondern auch die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft in einer Studie." Danach war der Einsatz von Bodeninsektiziden wie Force 1.5 G rund viermal teurer als die Berücksichtigung von Fruchtfolgen. Der BUND fordert Minister Hauk und die Landesregierung auf, in den Sicherheitszonen um die Maiswurzelbefallsgebiete Fruchtfolgen verbindlich und langfristig vorzuschreiben. Die Landwirte fordert der BUND auf, keine Insektizide bei der Mais-Aussaat auszubringen und Fruchtwechsel vorzunehmen.

Der BUND weist darauf hin, dass das Insektizid Biscaya, das im Juni zum Einsatz gegen den Maiswurzelbohrer zugelassen wurde, den Wirkstoff Thiacloprid enthält - chemisch nah verwandt mit dem Wirkstoff Clothianidin, der im Frühjahr 2008 das Bienensterben am Oberrhein ausgelöst hatte. Damals war beim Einsatz pneumatischer Sämaschinen der Abrieb von Beizmitteln in die Umwelt gelangt und von Bienen aufgenommen worden. Jetzt soll ein sehr ähnliches Insektizid mit Einsatz von Stelzenschleppern auf Maispflanzen ausgebracht werden. Die BUND-Landesvorsitzende erläuterte: "Hier wären dann nicht einmal schlecht gebeiztes Saatgut oder falsch konstruierte Sämaschinen nötig, damit Bienen und andere Insekten das Gift aufnehmen. Mit dem Stelzenschlepper würde es einfach auf sie aufgesprüht". Laut dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit schädigt Thiacloprid vielerlei Insekten wie z.B. auch Marienkäfer oder Florfliegen. Biscaya ist offiziell als bienenungefährlich eingestuft. Die chemische Verwandtschaft des Wirkstoffs mit Clothianidin sowie zahlreiche Berichte über tote Bienen, in denen Thiacloprid nachgewiesen wurde, begründen nach Auffassung des BUND einen hinreichenden Verdacht auf Bienengefährdung.

Die Feststellung des Ministeriums, dass im Tessin dieses Jahr sechsmal so viel Käfer gefunden wurden wie im Vorjahr kommentiert der BUND mit dem Hinweis, dass in der Schweiz nördlich des Gotthard seit 2007 keine Maiswurzelbohrer-Funde mehr bekannt wurden - dort hatte die Bekämpfung mit Fruchtwechsel Erfolg.


Hintergrund zur MLR-Studie:

Laut MLR wurden im Sommer 2007 im Bodenseekreis 346 Maiswurzelbohrer in Fallen gefangen, im Ortenaukreis sechs Exemplare. Im Bodenseekreis erhielten die Landwirte daraufhin die Anweisung, in einer Sicherheitszone frühestens 2009 wieder Mais anzubauen. Im Ortenaukreis dagegen durften die Landwirte chemische Schädlingsbekämpfungsmittel einsetzen. Das Ergebnis des Großversuchs ist eindeutig: Im Ortenaukreis wurden im Folgejahr 76 Käfer gefangen, im Bodenseekreis kein einziger. Im Jahr 2009 hat sich der Maiswurzelbohrer im Ortenaukreis auf mehrere Gemeinden ausgebreitet, in denen über 100 Exemplare gefangen wurden - im Bodenseekreis wurden bisher keine Käfer nachgewiesen. Dazu verursachte das Insektizid Clothianidin ein regelrechtes Bienensterben: Über 11.000 Bienenvölker wurden durch das Mittel massiv geschädigt.


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Quelle:
Presseinformation, 4. August 2009
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. August 2009