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TECHNIK/025: Hohenheimer Forscher entwickeln Trecker mit automatischem Grünen Daumen (idw)


Universität Hohenheim - 20.07.2010

Einfühlsame Traktoren: Hohenheimer Forscher entwickeln Trecker mit automatischem Grünen Daumen

Carl-Zeiss-Stiftung fördert Precision-Farming-Projekt der Universität Hohenheim mit 800.000 Euro


Sensibler als jeder Gärtner sollen Mähdrescher, Schlepper und Co in wenigen Jahren auf die Bedürfnisse des individuellen Ackers eingehen und so die Hälfte des Düngers oder ein Viertel des Pflanzenschutzmittels einsparen. Die Technik dazu reift im Projekt "Hohenheimer Multisensorenplattform und Geodatenmanagementsystem für Precision Farming Experimente". 800.000 Euro Fördergeld der Carl-Zeiss-Stiftung machen das Projekt zu einem Schwergewicht der Forschung an der Universität Hohenheim.

Mit ihren neuen High-Tech-Geräten macht den Hohenheimer Agrarwissenschaftlern Traktorfahren wieder richtig Spaß. Dabei protzten die Landmaschinen nicht etwa mit PS oder gigantischen Ausmaßen. Dafür haben die Wissenschaftler ihnen den vollautomatischen Grünen Daumen eingebaut.

"Die individuellen Bedürfnisse von Böden und Pflanzen unterscheiden sich je nach den äußeren Umständen sehr stark voneinander", erklärt Prof. Dr. Roland Gerhard, Leiter des interdisziplinären Forschungsprojekts. "Wir bringen Landmaschinen bei, präzise zu ermitteln, was Pflanzen und Boden tatsächlich benötigen. Der Clou dabei: Was früher im Labor ausgewertet werden musste, geschieht künftig live auf dem Acker. So können die Geräte unmittelbar reagieren und die Menge an Dünger, Wasser oder Pflanzenschutzmittel sofort anpassen."


Geschickt kombiniert: Bodenmessungen, Weltraum-Bilder und Datenbanken

Wie viel Nährstoffe ein Acker benötigt, ermittelt ein Präzisions-Düngerstreuer beispielsweise mittels einer kleinen Kamera, die vorne am Fahrzeug montiert ist. Dunkelgrüne Blätter sind satt versorgt, hellgrüne leiden unter Nährstoffmangel. Während der optische Sensor vorne noch misst, regulieren die Spritzen hinten bereits die Düngermenge.

Doch um die Einschätzung wirklich präzise zu machen, ziehen die Wissenschaftler noch weitere Daten heran: "Die optimale Düngermenge ergibt sich neben der Blattfarbe beispielsweise auch aus den Ernteerträgen des Vorjahrs", erklärt Prof. Dr. Wilhelm Claupein, vom Lehrstuhl für Pflanzenbau. "Dazu muss der Düngerstreuer zunächst via GPS seinen Standort bestimmen und dann online auf alte Ertragskarten zugreifen."

Einige Sensoren befinden sich nur wenige Zentimeter über dem Boden. Andere Daten stammen aus dem Weltraum. Statt mit Widerstandsmessern mühsam die Feuchtigkeit der Erde zu ermitteln, analysieren die Landmaschinen beispielsweise die Farbe von Satellitenaufnahmen: Je heller die Ackerfläche hier erscheint, desto trockener ist der Boden.


Agrarexperten erwarten Durchbruch in den kommenden Jahren

Prof. Dr. Gehard sieht in der Technik großes Potential: "Wer Düngermittel gezielt einsetzte kann bis zu 50% sparen. Auch Pflanzenschutzmittel lassen sich aller Voraussicht nach um 25% reduzieren. Damit ist neben dem ökonomischen auch der ökologische Faktor nicht zu unterschätzen."

Noch reift das Equipment auf den Forschungsäckern der Universität Hohenheim. Doch bald könnte es sehr schnell gehen: "Navigationsgeräte haben innerhalb weniger Jahre das Autofahren revolutioniert. Mit der Technik des Precision Farming könnten wir etwas Ähnliches im Bereich der Landmaschinen erleben.", schätzt Prof. Dr. Gehard.

Die Zutaten dazu sind bereits allgemein verfügbar: Sensorentechnik, GPS-Empfang und mobiles Internet. Die Aufgabe der Hohenheimer Forscher besteht nun darin, unterschiedliche Datenquellen für den Einsatz auf dem Acker optimal aufeinander abzustimmen.

Die Carl-Zeiss-Stiftung hat für das Projekt "Hohenheimer Multisensorenplattform und Geodatenmanagementsystem für Precision Farming Experimente" 800.000 Euro zur Verfügung gestellt. Der Förderzeitraum läuft bist Oktober 2013.


Hintergrund: Schwergewichte der Forschung

Rund 32 Millionen Euro an Drittmitteln akquirierten Forscher der Universität Hohenheim allein im vergangenen Jahr ? gut 20 % mehr als im Vorjahr. In loser Folge präsentiert die Reihe "Schwergewichte der Forschung" herausragende Forschungsprojekte mit einem Drittmittelvolumen von mindestens einer viertel Million Euro bzw. 125.000 Euro in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften.

Text: Leonhardmair


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Hohenheim, Florian Klebs, 20.07.2010
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E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Juli 2010