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VIELFALT/102: Modellprojekt... Artenreichtum honoriert - Anreizsystem für Grün- und Ackerland (aid)


aid-PresseInfo Nr. 17/10 vom 28. April 2010

Artenreichtum wird honoriert

Anreizsystem für Grün- und Ackerland


(aid) - Unkrautbekämpfung auf Acker- und Grünland ist gewöhnlich erforderlich, um Ertragsminderungen und damit wirtschaftliche Einbußen zu vermeiden. Dabei bleibt der Artenreichtum an Pflanzen, Tieren und Mikroorganisamen häufig auf der Strecke. Doch können artenreiche Äcker und Wiesen einen anderen Nutzen haben, der aber nicht unmittelbar monetär messbar ist: Eine artenreiche Flora und Fauna hat neben ökologischen Funktionen beispielsweise ein hohes Potenzial für genetische Ressourcen, die in Zukunft zur Verbesserung von Kultursorten benötigt werden könnten. Doch bezahlt wird den Landwirten bisher nur der vermarktbare Ertrag von ihren Feldern. Wissenschaftler der Universität Göttingen haben deshalb ein Wertesystem entwickelt, mit dem die Erhaltung oder Förderung von Artenvielfalt direkt honoriert werden kann. In einem regionalen Modellprojekt wurde das System bereits erfolgreich getestet und lässt sich nach Angaben der Wissenschaftler auch auf weitere Regionen übertragen. Das System funktioniert so: Der Landwirt nimmt an einem Ausschreibungsverfahren für die "Erzeugung" bestimmter Arten teil. Das heißt, er muss durch Preis und Leistung überzeugen - genau wie bei der Produktion von Nahrungsmitteln. Welche Pflanzenarten besonders "nachgefragt" sind, entscheidet ein Beirat aus Vertretern aus Politik, Agrar- und Naturschutzvervaltung und Verbänden.

Das weiche Prinzip "erhaltenswert" wird so übersetzt in eine marktorientierte Denkweise. Aus den eingegangenen Angeboten wählt der Beirat nach Effizienzkriterien wie Preis und Qualität aus. Beim Nachweis einer bestimmten Artenvielfalt wird dem teilnehmenden Landwirt die tatsächlich erreichte Anzahl schützenswerter Pflanzen honoriert. Erreicht er die vereinbarte Anzahl nicht, entfällt die Prämie. Im Modellprojekt gingen pro Jahr Gebote für fast 300 artenreiche Flächen ein. Die Prämien wurden aus Stiftungen und Fördereinrichtungen bezahlt. Ziel ist es aber, bei einer Ausweitung Finanzmittel der europäischen Agrarprogramme in dieser Weise auszuzahlen. Wenn also ein wirtschaftliches Interesse einem gesellschaftlichen Anliegen entgegensteht, scheint es erfolgversprechend zu sein, dieses "brotlose" Anliegen in ein Wertesystem zu übersetzen, das sich an den üblichen marktwirtschaftlichen Prinzipien orientiert.

aid, Friederike Eversheim


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Quelle:
aid-PresseInfo Nr. 17/10 vom 28. April 2010
Herausgeber: aid infodienst
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Mai 2010