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INITIATIVE/371: Neue "Leitkultur" - Renaturierung von Elz und Dreisam eine Erfolgsgeschichte (BUND RVSO)


BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein - 15. August 2017

Neue "Leitkultur" für Elz und Dreisam
Die Renaturierung von Elz und Dreisam ist eine Erfolgsgeschichte

Natur aus zweiter Hand am Oberrhein

von Axel Mayer, BUND Geschäftsführer


Seit über zwei Jahrzehnten gibt es beim BUND am südlichen Oberrhein einen Traum. Am Anfang stand der jahrzehntelange, erfolgreiche Kampf um eine bessere Wasserqualität der Gewässer am Oberrhein. Danach konnten wir die Renaturierung der zu gerade gestreckten Kanälen geronnenen Bäche am Oberrhein, von Elz, Dreisam, Kinzig, Glotter angehen... Wir hatten den frühen Traum von naturnahnen Bächen und grünen, naturverbindenden Bändern von den Rheinauen zum Schwarzwald.


An Autobahn erinnerndes Bild einer Bach-Umgebung - Foto: © BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein

Foto: © BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein

Wenn in Freiburg an der Dreisam und jetzt an der Elz zwischen Köndringen und Riegel wieder Dämme zurückverlegt werden, wenn aus der "Bach-Autobahn Elz" auf ersten, kleinen Teilstücken ein mäandernder Fluss mit Kiesbänken und Auen wird, wenn der Lachs zurückkehren kann, dann hat das auch damit zu tun, dass aus dem Traum auch eine ständig wiederholte BUND-Forderung an die politisch Verantwortlichen wurde.

Um aus einem Traum Realität werden zu lassen, braucht es manchmal auch Geld. Mit den Ausgleichsgeldern für den Bahnausbau am Oberrhein, stand plötzlich viel Geld zu Verfügung. Von BUND-Geschäftsführer Axel Mayer kam die Forderung nicht, "mit der Gießkanne der Ersatzbiotope" über's Land zu gehen, sondern sich auf die Bäche zu konzentrieren.


Renaturierter Bach mit Kies - Foto: © BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein

Foto: © BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein

Aus dem Jahr 2002 stammt dieser wichtige BUND-Brief den Sie vollständig auf dieser Seite finden: [1]

(...) Die problematischsten Aspekte der Bahn-Neubaustrecke sind der Flächenverbrauch und die Landschaftszerschneidung. Wir brauchen also Projekte, die genau an diesen Problemfeldern ansetzen.

In der Vergangenheit wurden die meisten Mittel- und Unterläufe unserer Bäche und Flüsse zu gerade gestreckten, kanalisierten, naturfernen Kanälen umgebaut. Gerade Elz, Dreisam, Glotter, Acher, Rench, Kinzig und Schutter, - diese landschaftsprägenden Gewässer unserer Heimat könnten durch geeignete Maßnahmen, insbesondere durch Dammrückverlegungen, ökologisch aufgewertet und renaturiert werden.

Grüne Bänder, d.h. breite, naturnahe Korridore, teilweise mit Auecharakter, zwischen Schwarzwald und Rheinaue sollten als Ziel angestrebt werden(...)

Axel Mayer

Und es blieb nicht bei diesem einen BUND-Brief. Immer wieder wurde der "alten" Forderung Nachdruck verliehen und es folgte eine intensive, langjährige Pressearbeit. Der BUND-Regionalverband hat tausende Plakate und Postkarten gedruckt und auch Anzeigen in den lokalen Medien geschaltet. Die Renaturierung war auch ein wichtiger Punkt unserer BUND-Stellungnahme zum Bahnausbau...

Heute sind auf ersten, Flächen an Elz und Dreisam wertvolle Biotope und Hochwasserrückhalteräume entstanden. Dämme wurden zurückverlegt, die Bäche können mäandern, auf großen Kiesflächen brüten Vögel und das kiesreiche Geschiebe wartet auf den wiederkehrenden Lachs, für den der BUND auch den Rhein endlich wieder durchgängig machen möchte. Der Erfolg hat viele Väter und Mütter und der BUND möchte sich auch bei allen bedanken, die mitgeholfen haben, den alten Traum Realität werden zu lassen.

Der BUND bedankt sich auch bei den Planungsbehörden und ist zufrieden und unzufrieden. Manches steht noch am Anfang. Konflikte zwischen Naturschutz und Naturnützern müssen gelöst werden und viele, viele, trostlose, kanalisierte Bachabschnitte warten noch auf die Renaturierung. Die Behörden "lieben" teure Ausgleichsmaßnahmen, denn je teurer diese sind, desto weniger Flächen werden in Anspruch genommen. Die Natur braucht aber mehr reale Flächen als Ausgleich. Wir freuen uns über einige Hektar neue Auen und wissen, dass es in unserem Nachbarland Frankreich, entlang von Loire und Allier hunderte von Kilometern naturnahe Flusswälder und recht frei fließende Bäche und Flüsse gibt. In der geschundenen Restnatur am Oberrhein werden Naturflächen immer mehr zu kleinen Natur-Museen in einer zugebauten Landschaft.

Grillmeister & Flussregenpfeifer

Es ist faszinierend zu sehen, wie Menschen und Tiere sich die neue Wildnis zurückerobern. Eine natürliche Kiesbank lockt zum Baden und Grillen. Und auch bedrohte und scheue Arten wie der Flussregenpfeifer kommen vorsichtig zurück. Doch Grillmeister & bedrohte Arten wie der Flussregenpfeifer auf der gleichen Kiesbank vertragen sich nicht. Die Eier des seltenen Vogels lassen sich von runden Kieseln fast nicht unterscheiden und werden leicht zertreten. Darum wurden öffentlich zugängliche Areale und Gebiete für die bedrohte Natur geschaffen und es ist wichtig und sinnvoll, diese Trennung auch zu akzeptieren.

Die innenstadtnahe Renaturierung der Dreisam wird von den Menschen als Freizeitgelände sehr gut angenommen. In einem immer naturferneren Umfeld ist dies sehr erfreulich. Dennoch stellt sich für den BUND die Frage, ob Naherholungsgebiete tatsächlich mit Ausgleichsgeldern aus Naturzerstörung finanziert werden sollten.

Die neuen, viel zu kleinen Natur-Flächen sind schön und wertvoll und dennoch immer auch erkennbar "Reparatur" und wir wissen, dass gerade jetzt mit europäischen Geldern in Südosteuropa die letzten frei fließenden Flusssysteme zerstört und die alten Fehler der Vergangenheit wiederholt werden. So ist das Glas halb voll und halb leer, aber ohne den Druck des BUND und der Umweltbewegung wäre es ganz leer...

Die Natur aus zweiter Hand an Elz, Dreisam, Kinzig und Glotter wird sich entwickeln und wir drängen auf mehr Renaturierung. Kommende Hochwasser werden die Bäche mehr verändern als manche Planer heute planen und wir warten auf Lachs und Flussregenpfeifer.


Daten zur Revitalisierung der Elz bei Riegel und bei Köndringen

1. Revitalisierung der Elz bei Riegel:
Gesamtfläche: 22 ha
Retentionsvolumen: 100.000 m3
Gesamtkosten DB: 3,1 Mio Euro
Kosten Dammsanierung: 2,2 Mio Euro

2. Revitalisierung der Elz bei Köndringen:
Gesamtfläche: 25 ha
Retentionsvolumen: 280.000 m3
Gesamtkosten DB: 3,7 Mio Euro
Kosten Dammsanierung: 2,6 Mio Euro

Quelle: Regierungspräsidium Freiburg


[1] http://www.bund-rvso.de/renaturierung-elz-dreisam-kinzig-glotter.html

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Quelle:
Mitteilung an die Medien vom 15.08.2017
Herausgeber:
Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland e.V.
BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein
Wilhelmstr. 24a, 79098 Freiburg
Tel.: 0761/30383, Fax: 0761/23582
E-Mail: bund.freiburg@bund.net
Internet: www.bund-rvso.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. August 2017

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