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MELDUNG/072: Massensterben im Naturschutzgebiet durch Grundwasserabsenkung (NABU BB)


NABU Landesverband Brandenburg - Pressedienst Naturschutz aktuell, 26. April 2013

Massensterben im Naturschutzgebiet

Grundwasserabsenkung führt zum Tod von unzähligen Amphibien / NABU will rechtliche Schritte einleiten



Potsdam/Rathenow. Bei einer Exkursion ins Naturschutzgebiet "Riesenbruch" bei Rathenow fanden Naturschützer am vergangenen Wochenende tausende verendete Amphibien und deren vertrockneten Laich vor. Ein Desaster für die ohnehin stark gefährdete Artengruppe, aber auch für andere in diesem für seine Artenvielfalt überregional bekannten Moor- und Heidegebiet.

Der Grund für das Massensterben ist eine vom Landkreis Havelland angeordnete aktuelle Entwässerungsmaßnahme, die zum radikalen Abfluss von Oberflächen- und zum Absinken des Grundwassers im Schutzgebiet führt. Hintergrund sind Aktivitäten einer Rathenower Bürgerinitiative. Nach deren Auffassung verschaffte die Stauhaltung im Naturschutzgebiet einigen Anwohnern nasse Keller. Allerdings sind die von den Akteuren postulierten Kausalzusammenhänge höchst fragwürdig und werden durch aktuelle Untersuchungen zum Gebietswasserhaushalt nicht bestätigt.

Mehr als eine Woche Entwässerung haben dem Schutzgebiet und den hier vorkommenden, zum Teil hochgradig gefährdeten Tier- und Pflanzenarten bereits irreversible Schäden zugefügt. Eine Vielzahl der für viele Amphibien-, Vogel- und Insektenarten unverzichtbaren Kleingewässer ist bereits trocken gefallen.

toter Frosch - Foto: © NABU

Amphibiensterben im Naturschutzgebiet Riesenbruch
Foto: © NABU

Die Gesamtbilanz der Naturschützer erläutert Immo Tetzlaff, NABU-Amphibienexperte: "Allein auf den Riesenbruchwiesen fanden wir in den abgesenkten Entwässerungsgräben austrocknende Laichschnüre von zahlreichen Erdkröten, was einen Verlust von mindestens 50.000 Nachkommen bedeutet. In den Wiesentümpeln zählten wir ca. 700 austrocknende Laichballen vom streng geschützten Moorfrosch. Hier ist mit einem Reproduktionsausfall von mindestens 1 Million Individuen zu rechnen. Diese erschreckende Bilanz bestätigt einen katastrophalen Eingriff ins Ökosystem und seine lokalen Artengemeinschaften."

"Für den NABU", so Landesvorsitzender Friedhelm Schmitz-Jersch ist die Rechtslage klar. "Sämtliche der 13 hier vorkommenden Amphibien- und Reptilienarten unterliegen einem besonderen, gesetzlichen Schutz. Laut Bundesnaturschutzgesetz dürfen besonders geschützten Arten weder verletzt noch getötet werden. Es ist u.a. auch verboten, ihre Fortpflanzungs- und Ruhestätten zu beschädigen oder zu vernichten. Hier wurde diesen Bestimmungen eindeutig zuwider gehandelt.

Foto: © NABU

Vertrockneter Laich - Naturschutzgebiet Riesenbruch
Foto: © NABU

Darüber hinaus ist der hier vorliegende Eingriff in den Gewässerhaushalt bereits ein Verstoß gegen die Schutzgebietsverordnung. Wir prüfen derzeit, inwieweit wir rechtlich dagegen vorgehen werden." Der NABU Regionalverband Westhavelland hatte bereits vor wenigen Tagen eine Fachaufsichtsbeschwerde gegen den Landkreis eingeleitet.

NABU-Landesvorsitzender Schmitz-Jersch fordert: "Im Naturschutzgebiet Riesenbruch sind hohe Grundwasserstände die entscheidende Voraussetzung für den Erhalt der Lebensräume und hier explizit der Fortpflanzungs- und Ruhestätten zahlreicher, besonders streng geschützter Arten. Der Stau im Riesenbruchgraben muss daher schnellstmöglich wiederhergestellt und zukünftig dauerhaft gehalten werden."

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Quelle:
Pressedienst, 26.04.2013
Herausgeber:
Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Brandenburg
Lindenstraße 34, 14467 Potsdam
Tel: 0331/20 155 70, Fax: 0331/20 155 77
E-Mail: info@NABU-Brandenburg.de
Internet: www.brandenburg.nabu.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. April 2013