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MELDUNG/171: Plumpsklo Ostsee (WWF)


WWF Pressemitteilung - 2. Dezember 2014

Plumpsklo Ostsee

WWF-Kritik: Deutsche Häfen und Ministerien bremsen beschlossenes Abwässerverbot und Ostseeschutz aus



Wird die Ostsee trotz beschlossenen Abwässerverbots das Plumpsklo der Kreuzfahrtindustrie bleiben? Ausgerechnet die deutschen Häfen Rostock, Kiel und Lübeck hinken beim Bau von geeigneten Auffanganlagen hinterher und verschleppen damit die Umsetzung des bereits 2011 durch die IMO (International Maritime Organisation) erlassenen Abwässerverbots für Fahrgastschiffe. Zusätzlich droht politische Verzögerung. Der WWF fordert das Bundesumweltministerium auf sich, beim nächste Woche stattfindenden Ostsee-Gipfel (HELCOM) verbindlich zu den Umsetzungsfristen des Verbots zu bekennen. Die Einleitung von Schmutzwasser und Klospülungen der Passagierschiffe trägt wesentlich zur Überdüngung der Ostsee bei, so dass sich Algenteppiche und sauerstoffarme Todeszonen weiter ausbreiten. Das Abwasserverbot der IMO soll für Schiffsneubauten ab 2016 sowie für umzurüstende Schiffe ab 2018 gelten.

"Die deutschen Häfen haben den Aufbau geeigneter Entsorgungsstrukturen über die letzten drei Jahre verschleppt und suchen jetzt politische Rückendeckung für ihr Schneckentempo. Es ist inakzeptabel wenn ein Versäumnis deutscher Hafenbetreiber internationale Regelungen zum Ostseeschutz ausbremsen ", kritisiert Jochen Lamp, Leiter des WWF-Ostseebüros. Voraussetzung für das Inkrafttreten des Abwasserbanns bei Passagierschiffen ist nämlich, dass die Häfen eine adäquate Entsorgungsstruktur anbieten können. "Warum gelingt es in St. Petersburg, die nötigen Kapazitäten einzurichten, während Roststock, Kiel und Lübeck dazu peinlicherweise nicht imstande sein wollen?" Die Ostsee ist ein besonders empfindliches aber viel befahrenes Meer, für das teils strengere Schifffahrtsauflagen gelten, auch weil frisches, sauerstoffreiches Wasser nur über die Nordsee zufließen kann. Fünf Millionen Passagiere fertigen die Häfen in Rostock, Kiel und Lübeck pro Jahr ab.

Auch auf politischer Ebene hat ist Deutschland bislang als Bremser des Abwasserverbots aufgefallen, indem man keine feste Frist für den Ausbau der deutschen Hafenkapazitäten bestätigt, sondern auf Zeit spielt. Der WWF fordert, dass Deutschland seine Blockadehaltung bei der anstehenden Sitzung aufgibt und einen Gemeinschaftsantrag aller Ostseeanrainer für ein Verbot ab 2016 unterstützt. Gleichzeitig müssen über Wirtschafts-, Verkehrs und Umweltministerien die Bundesländer Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sowie die Hafenbetreiber nach einer Vorlaufzeit von drei Jahren nun stärker in die Pflicht genommen werden. "Falls die Passagierhäfen nicht rechtzeitig nachrüsten, müssen die Regierungen notfalls das Anlanden von Schiffen untersagen. Für eine weitere Verschleppung des Ostseeschutzes gibt es angesichts der technischen Möglichkeiten keine Entschuldigung ", fordert WWF-Mann Lamp. Mit Abwasserschiffen, die das Schmutzwasser aufnehmen und zu Kläranlagen befördern, seien auch für einen temporären Betrieb während einer Übergangsphase Lösungen vorhanden.

80 Millionen Passagiere bereisen jedes Jahr die Ostsee auf Kreuzfahrtschiffen und Passagierfähren. 350 Kreuzfahrten mit 2.100 Hafenbesuchen finden hier jeden Sommer statt. Ein Viertel aller an Bord produzierten Abwässer entsteht auf internationalen Kreuzfahrtschiffen und wird zum Großteil in die Ostsee entsorgt, ohne dass darin enthaltene Nährstoffe entfernt werden. Nach WWF Angaben gelangen durch bis zu 100 Millionen Klospülungen und Schmutzwasser aus Passagierschiffen jährlich schätzungsweise 340 Tonnen Stickstoff und 112 Tonnen Phosphor ins Meerwasser und beschleunigen die Überdüngung der Ostsee. In der Folge bilden sich Algenteppiche und sauerstoffarme Todeszonen am Meeresboden, so dass biologischer und wirtschaftlicher Schaden für die Meeresumwelt und Küstengebiete entsteht. Zusätzlich zu den Nährstoffen sind im den ungeklärten Abwässern auch Bakterien, Viren und Schwermetalle enthalten.

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Quelle:
WWF Pressemitteilung, 02.12.2014
Herausgeber: WWF Deutschland
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Dezember 2014