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MELDUNG/292: Die Wasserkraftrevolution - oder der Totalruin der Iller? (BBU WASSER-RUNDBRIEF)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 1094, vom 15. Okt. 2016 - 36. Jahrgang

regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)

Die Wasserkraftrevolution - oder der Totalruin der Iller?


Unter den zahllosen Konflikten um die Wasserkraftnutzung in Deutschland ist die Auseinandersetzung um den Bau von Schachtwasserkraftwerken an der Iller ein ganz besonderer Streitfall. Was von den Entwicklern von Wasserkraftmaschinen schon oftmals versprochen wurde - aber kaum eingelöst werden konnte -, soll jetzt in großem Maßstab an der Iller demonstriert werden. In Schachtwasserkraftwerken sollen die absteigenden Fische nämlich nicht mehr gehäckselt werden. Das an der Technischen Universität München entwickelte Schachtkraftwerk wird als besonders fischfreundlich ausgelobt. Gleichwohl hat sich an der Iller ein breites Bündnis gebildet, das den Einbau von Schachtkraftwerken an dem Nebenfluss der Donau verhindern will. Die 147 km lange Iller wird bereits großmaßstäblich in 13 herkömmlichen Wasserkraftwerken verstromt. Dazu wird am Unterlauf fast das gesamte Wasser aus der Iller abgezweigt und über einen Kraftwerkskanal in drei Kraftwerken verstromt. Im eigentlichen Illerbett verbleiben nur noch zehn Prozent der Wasserführung. Genau in dieser Ausleitungsstrecke soll jetzt das erste Schachtwasserkraftwerk installiert werden, um auch noch die in der Iller verbleibende Restwassermenge zu verstromen. Die Befürworter der Installierung von Schachtkraftwerken argumentieren, dass dies zu einer Verbesserung der ökologischen Durchwanderbarkeit der Ausleitungsstrecke führen werde. Denn das Schachtkraftwerk würde - wie auch die sechs weiteren geplanten Schachtkraftwerke - an einer schon bestehenden Wehranlage installiert. Das für aufsteigende Fische unpassierbare Querbauwerk werde man mit einem Fischpass durchgängig machen. Und wegen seiner ausgesprochenen Fischfreundlichkeit stelle das Schachtkraftwerk für absteigende Fische keinerlei Problem dar - also eine ideale win-win-Situation: Schaffung der Durchwanderbarkeit in beide Richtungen plus umweltfreundlicher und fast CO2-freier Wasserkraftstrom.

Beim Bündnis "Naturraum Iller" hält man dagegen den beabsichtigten Bau der Schachtkraftwerke an der Iller für einen Frevel. Damit würde die durchgängige Renaturierung der Iller für die nächsten Jahrzehnte blockiert. 30 Mio. Euro, die bis jetzt von Bayern und Baden-Württemberg in die naturnahe Umgestaltung der Iller investiert worden sind, wären in den Sand gesetzt. Notwendig sei ein durchgehender Gewässerentwicklungsplan für die gesamte Iller und der Umbau der Wehranlagen in "Raue Rampen". Anstatt mit den beantragten sieben Schachtwasserkraftwerken in der Kilowattleistungsklasse Strom für nicht ein Mal 4.000 Haushalte zu produzieren, sollte man besser die bestehenden Kraftwerke in der Megawattklasse an den Kraftwerkskanälen modernisieren. Die Argumentation der Gewässerschützer von "Naturraum Iller" scheint aber bei den zuständigen Genehmigungsbehörden nicht zu verfangen. Insbesondere in Bayern ist die Landesregierung ganz vernarrt in die fischfreundlichen Schachtkraftwerke. Die Promotoren der Schachtkraftwerke ziehen auch alle Register der Öffentlichkeitsarbeit, um diesen Kraftwerkstyp als "Revolution in der Kraftwerksentwicklung" zu präsentieren.


Mehr zur Funktionsweise der Schachtkraftwerke in den nächsten beiden Notizen sowie auf
https://www.wb.bgu.tum.de/schachtkraftwerk/
https://www.tum.de/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/kurz/article/32332/
Dort gibt es auch Links zu Youtoube-Animationen.

Unter http://naturraum-iller.de/presse/
sind so ziemlich alle Presseartikel zusammengestellt, die bislang zu diesem Konflikt erschienen sind.

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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 1094
Herausgeber:
regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser
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© Freiburger Ak Wasser im BBU


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Februar 2017

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